Aribert Reimann (2010)

Aribert Reimann (* 4. März 1936 in Berlin; † 13. März 2024 ebenda) war ein deutscher Pianist, Komponist und Musikwissenschaftler.

Leben

Aribert Reimann war der jüngere Sohn des Kirchenmusikers Wolfgang Reimann (1887–1971) und der Altistin Irmgard Rühle (1894–1972). Bereits als Zehnjähriger komponierte Reimann erste Klavierlieder. Nach dem Abitur nahm er eine Tätigkeit als Korrepetitor an der Städtischen Oper Berlin auf. Außerdem begann er das Studium in den Fächern Komposition, Kontrapunkt und Klavier (unter anderem bei Boris Blacher und Ernst Pepping) an der Hochschule für Musik Berlin. 1958 ging Reimann zum Musikwissenschaftsstudium an die Universität Wien. Ende der 1950er Jahre folgten zudem erste Auftritte als Pianist und Liedbegleiter. Anfang der siebziger Jahre wurde Reimann Mitglied der Akademie der Künste (Berlin). In der Zeit von 1983 bis 1998 übernahm er eine Professur an der Hochschule der Künste Berlin im Fachgebiet Zeitgenössisches Lied. Reimann schrieb Kammermusik, Orchesterwerke, Opern sowie breit gefächerte Vokalmusikwerke vom unbegleiteten Sologesang bis zur Chorsinfonik und wurde so zu einem bedeutenden Komponisten der Gegenwart.

Den Anfang seiner Karriere markierten Kooperationen Aribert Reimanns mit Günter Grass für das Ballett.[1] Die Zusammenarbeit kam auf Vermittlung des Tänzers und Choreografen Marcel Luipart zustande. Nach einem Libretto von Grass komponierte Reimann die Handlungsballette Stoffreste (1959) und Die Vogelscheuchen (1970). Zudem vertonte er 1966 das Gedicht März von Günter Grass für Sprechstimme und Flöte. In erster Linie hat sich Reimann als Komponist wichtiger (Literatur-)Opern hervorgetan: Mit Ein Traumspiel nach August Strindberg, das 1965 uraufgeführt wurde, begann Reimanns erfolgreiche Arbeit als Opernkomponist. Melusine (1971 Schwetzinger Festspiele), Lear (1978 Bayerische Staatsoper) nach William Shakespeare, Die Gespenstersonate ebenfalls nach August Strindberg (1984 Berlin), Troades nach dem Schauspiel des Euripides in der Fassung von Franz Werfel (1986 München), Das Schloss nach dem Roman von Franz Kafka (1992 Berlin), Bernarda Albas Haus nach Federico García Lorca (2000 München) und Medea nach dem gleichnamigen dritten Teil der Trilogie Das goldene Vlies von Franz Grillparzer[2] (2010 Wien) festigten den Rang Reimanns als einer der führenden deutschen Opernkomponisten nachhaltig.

Reimann wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland sowie mit dem Verdienstorden des Landes Berlin. 2011 wurde ihm der Ernst von Siemens Musikpreis für sein Lebenswerk zugesprochen.[3]

Auf Einladung von Walter Fink war er 1997 der siebte Komponist im jährlichen Komponistenporträt des Rheingau-Musik-Festivals.

Das dem zeitgenössischen Klarinettisten und Komponisten Jörg Widmann gewidmete Werk Cantus für Klarinette und Orchester wurde am 13. Januar 2006 im großen Sendesaal des WDR in Köln uraufgeführt. Inspiriert wurde Reimann zu diesem Werk durch die Kompositionen für Klarinette von Claude Debussy.

Aribert Reimann lebte und arbeitete in Berlin, wo er im März 2024 im Alter von 88 Jahren starb.[4]

Der Busoni-Kompositionspreis

Der Busoni-Kompositionspreis wurde 1988 von Aribert Reimann gestiftet. Er ist der einzige von der Akademie der Künste vergebene Preis zur Förderung des kompositorischen Nachwuchses. Seit 1992 werden zusätzlich auch Kompositionsstudenten gefördert.

Auszeichnungen

Aribert Reimann mit dem Orden Pour le Mérite (2014)

Ausgewählte Werke

Literatur

Einzelnachweise

  1. Anselm Weyer: Der Tanz des Günter Grass. Vogelscheuchen, Motten, fünf Köche und eine Gans: Der große Literat hatte eine Schwäche fürs Ballett. Tanz – die europäische Zeitschrift für Ballett, Tanz und Performance (Mai 2010), S. 50ff. (Memento vom 2. März 2018 im Internet Archive)
  2. Interview mit Reimann zu Stoff und Ton in Süddeutsche Zeitung 26. Februar 2010, S. 12.
  3. vgl. „Nobelpreis der Musik“ an Aribert Reimann (Memento vom 4. Februar 2011 im Internet Archive) bei br-online.de, 1. Februar 2011
  4. Christopher Peter: Aribert Reimann 1936–2024. Abgerufen am 14. März 2024.
  5. Akademische Jahresfeier und Verleihung des Robert Schumann-Preises für Dichtung und Musik an Aribert Reimann : Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz. 4. November 2016, abgerufen am 30. Oktober 2018.
  6. nmz neue musikzeitung vom 12. Dezember 2023: Personalia: Aribert Reimann erhält Deutschen Musikautor*innenpreis für sein Lebenswerk, abgerufen am 12. Dezember 2023
  7. Warte nur, das Ende mit Schrecken ist dir gewiss. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. Oktober 2017, Seite 12
  8. Anlass zur Veröffentlichung bot die Krankenakte Robert Schumanns, die Reimann im Vorjahr vom Bruder seiner Mutter geerbt hatte, siehe hierzu Aufgewühlte Gedanken. Hinweg!, Konzert vom 8. November 2018 aus der Philharmonie in Berlin, Moderation Stefan Lang, darin Gespräch Reimanns mit dem Moderator. Die Krankenakte befindet sich derzeit als Leihgabe bei der Akademie der Künste in Berlin.