Im mathematischen Teilgebiet der Topologie bezeichnet die Alexandroff-Kompaktifizierung (auch Einpunkt-Kompaktifizierung) eine Einbettung eines nicht kompakten topologischen Raumes in einen kompakten topologischen Raum durch Hinzunahme eines einzelnen Punktes. Diese Kompaktifizierung ist nach dem russischen Mathematiker Paul Alexandroff benannt. Er und Heinrich Tietze erkannten 1924 unabhängig voneinander, dass sich die aus der Funktionentheorie stammende Konstruktion der riemannschen Zahlenkugel zu dieser Kompaktifizierung verallgemeinern lässt.[1][2] Sie ist für lokalkompakte Hausdorff-Räume bis auf Homöomorphie eindeutig bestimmt.
Definition
Sei
ein topologischer Raum und
ein Element, das nicht aus
stammt. Zudem sei die Menge
mit der Topologie
![{\displaystyle {\mathcal {T))^{*}:={\mathcal {T))\cup \{X^{*}\setminus A\mid A\subseteq X,A{\text{ ist abgeschlossen und kompakt in ))(X,{\mathcal {T)))\))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5c32e5a877239680658d8fc9a434d595a99694ed)
ausgestattet.
Dann ist
ein kompakter Raum, der
als offenen Teilraum enthält. Die Kompaktifizierung ist durch die kanonische Injektion
![{\displaystyle \iota \colon X\to X^{*},\quad \iota (x):=x}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7e0cf9f0f646917ddc8879de584701a333a261c0)
gegeben.[3]
Oft nennt man anstelle von
auch den Raum
die Alexandroff-Kompaktifizierung von
, vorausgesetzt es handelt sich bei
um eine dichte Teilmenge von
.
Der Punkt
wird zuweilen auch als unendlich fern[4] bezeichnet.
Eigenschaften
Obige Konstruktion existiert für beliebige topologische Räume
. Sie liefert jedoch nur für Räume, die selbst noch nicht kompakt sind, tatsächlich eine Kompaktifizierung: Ist
der nach der vorangehenden Definition gebildete topologische Raum, so ist die Einpunktmenge
offen, falls man
als kompakt voraussetzt. In diesem Fall liegt
nicht dicht in
und die Injektion
liefert folglich keine Kompaktifizierung.
Es ist von Vorteil, wenn eine Kompaktifizierung die Trennungseigenschaften eines topologischen Raumes erhält.
So erhält die Alexandroff-Kompaktifizierung z. B. das T1-Axiom.[5]
Die Hausdorff-Eigenschaft wird jedoch nur erhalten, wenn zusätzlich
als lokalkompakt vorausgesetzt ist. Dann ist aber die Alexandroff-Kompaktifizierung im folgenden Sinne eindeutig bestimmt:
- Seien
und
kompakte Hausdorff-Räume und zudem
ein (lokalkompakter) Teilraum derselben, wobei
und
gelte, so sind
und
homöomorph.
Mehrpunkt-Kompaktifizierungen
Bettet man einen topologischen Raum in einen kompakten Raum ein, der endlich viele Punkte mehr enthält, so spricht man von einer Mehrpunkt-Kompaktifizierung oder im Falle von
zusätzlichen Punkten auch von einer
-Punkt-Kompaktifizierung.[9]
Diese Idee lässt sich weiter zu abzählbaren Kompaktifizierungen verallgemeinern.[10]
Definition
Sei
und
ein topologischer Raum und
ein kompakter Raum. Eine Kompaktifizierung
![{\displaystyle \iota \colon X\to Y}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/83971982a6a2365edaf39728b0402009298fd415)
heißt
-Punkt-Kompaktifizierung von
, falls
![{\displaystyle |Y\setminus X|=N}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f8523e1da1ad51c30a7930469f6e106ec2f03678)
gilt.
Eigenschaften
Für topologische Räume
sind die beiden folgenden Aussagen äquivalent:[9]
- Der Raum
besitzt eine
-Punkt-Kompaktifizierung
mit Hausdorff-Eigenschaft.
- Der Raum
ist ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und es existieren eine
-elementige Familie
nichtleerer paarweise disjunkte Teilmengen
, sodass einerseits
![{\displaystyle K:=X\setminus (V_{1}\cup \cdots \cup V_{N})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0a4a431e98f9e42fb34e8862d5f5f6ddbddb8f57)
- kompakt ist und andererseits für jedes
die Menge
![{\displaystyle X\setminus (V_{1}\cup \cdots V_{k-1}\cup V_{k+1}\cup \cdots V_{N})=K\cup V_{k))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e51cb05ac3821189d67b58d8ce37930bb63442e0)
- nicht mehr kompakt ist.
Falls
eine
-Punkt-Kompaktifizierung besitzt, so besitzt
insbesondere auch eine
-Punkt-Kompaktifizierung für alle
.
Eine
-elementige Familie
im Sinne obiger Charakterisierung nennt man auch einen
-Stern. Jeder
-Stern gibt Anlass zu einer
-Punkt-Kompaktifizierung. Auf der Menge aller
-Sterne lässt sich wie folgt eine Äquivalenzrelation definieren:
- Zwei
-Sterne
und
heißen äquivalent, falls
![{\displaystyle {\big (}X\setminus (V_{1}\cup \cdots \cup V_{N}){\big )}\cap {\big (}X\setminus W_{k}{\big )))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/cc1b34f0489c5a6ec87344a7c50569fc2fe448e1)
- kompakt ist, für alle
.
Es existiert eine 1-zu-1 Beziehung zwischen Äquivalenzklassen von
-Sternen und
-Punkt-Kompaktifizierungen.
Beispiele
- Die affine Erweiterung der reellen Zahlen
ist gerade die Zwei-Punkt-Kompaktifizierung von
.[11] Die reellen Zahlen besitzen nur
-Punkt-Kompaktifizierungen für
.[9]
- Die komplexen Zahlen und allgemeiner der euklidische
mit
besitzen keine
-Punkt-Kompaktifizierung für
.
- Für jede natürliche Zahl
existiert ein topologischer Raum, welcher eine
-Punkt-Kompaktifizierung aber keine
-Punkt-Kompaktifizierung für
besitzt:
- Man betrachte dazu die Strahlen
,
- und deren Vereinigung
![{\displaystyle S_{N}:=\bigcup _{n=1}^{N}L_{n))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ef90c11f6037b9970baae0cd52a419740496b600)
- als topologischen Raum mit Teilraumtopologie. Für
gilt dann
![{\displaystyle S_{N}\setminus K=\bigcup _{n=1}^{N}{\big (}L_{n}\setminus K{\big )))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ddd796019f5b4260005ac4f1cd8ce739043f141f)
- und
ist für kein
kompakt.