Die Morphologie (aus altgriechisch μορφή morphé, ‚Gestalt‘, ‚Form‘, und -logie (aus λόγος lógos ‚Lehre‘)) als Teilbereich der Biologie ist die Lehre von der Struktur und Form der Organismen. Morphologische Beschreibungen haben sich zunächst nur auf makroskopisch sichtbare Merkmale wie Organe oder Gewebe bezogen, zum Teil wurde die Morphologie auch unterteilt in Anatomie (als Lehre vom Bau der inneren Organe) und Eidonomie (zur Beschreibung der äußeren Gestalt). Mit der Verbesserung der Mikroskope und mit Anfärbungsmethoden konnten entsprechende Untersuchungen im 19. Jahrhundert[1] bis auf die zelluläre und subzelluläre Ebene ausgedehnt werden (Ultrastrukturforschung). Im angloamerikanischen Sprachraum wird auch von molecular morphology gesprochen, also der Gestaltbeschreibung von Makromolekülen wie ribosomaler DNA.[2] In deutschsprachigen Ländern ist der Morphologiebegriff üblicherweise für Strukturen oberhalb der molekularen Ebene reserviert.

Der Begriff Morphologie wurde von Johann Wolfgang von Goethe, der ihn in seinem Tagebuch bereits am 25. September 1796 verwendete, dessen Überlegungen aus den Jahren 1796 bis 1807 dazu jedoch erst 1817 bis 1824 (in der von Goethe begründeten Zeitschrift Zur Morphologie) publiziert[3] wurden, und 1800 vom deutschen Anatomen und Physiologen Karl Friedrich Burdach (in der Schrift Propädeutik zum Studium der gesamten Heilkunst) geprägt.[4]

Historischer Rückblick

Morphologen früherer Zeiten verstanden die von ihnen aufgestellten Klassifikationssysteme noch nicht als Beschreibung eines abgestuften Hervorgehens aus einem gemeinsamen Vorläufer. Stattdessen war von einem „Idealtypus“ oder „Urbild“ die Rede, die bestimmten Organismengruppen zugeordnet werden können.

In den Organismen sah man zum Teil auch die platonischen Ideen.[5] Das bekannteste Beispiel für ein solches Bestreben ist Goethes Versuch, aus dem Aussehen aller bekannten Pflanzenformen auf eine idealtypische „Urpflanze“ zu schließen. Diese Denkrichtung gilt heute als erster Schritt zur modernen Evolutionsbiologie und wird historisch als „idealistische Morphologie“ eingeordnet.[6]

Disziplinen

Morphologische Untersuchungen können unterschiedliche Ziele haben; je nach Ziel sind im Laufe der Forschungsgeschichte verschiedene Disziplinen entstanden.

Man kann z. B. vergleichende, funktionelle und experimentelle Morphologie unterscheiden.

Morphologische Untersuchungen können demzufolge Grundlage sehr verschiedener Forschungsrichtungen sein. Die rein beschreibende Erfassung von Gestalten und Gestaltänderungen in der Entwicklung mündet in der modernen Biologie häufig in eine bestimmte Klassifikation von Organismen. Somit bildet die Morphologie die Grundlage für die Systematik und die Evolutionstheorie (siehe auch Phylogenetik).

Bestimmte Aspekte der Morphologie hängen mit der geographischen Region zusammen, siehe Ökogeographische Regel.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Vgl. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 40–42 (Etwa 1858–1878: „Vorherrschen der Zellularpathologie, des morphologischen Denkens, der mechanistischen Biologie und der Deszendenztheorie“) und S. 45–46 (Etwa 1878–1900: „Das morphologische Denken wird durch das humoral-serologische ergänzt. In der Pathologie erweitert sich die morphologisch-anatomische Forschung nach der experimentellen Seite“).
  2. Ender & Schierwater 2003 (vgl. Abschnitt Literatur)
  3. Manfred Wenzel (2005), S. 1010.
  4. Karl Mägdefrau: Geschichte der Botanik. 2. Auflage, Gustav Fischer Verlag, Jena 1992, ISBN 3-437-20489-0.
  5. Adolf Remane: Die Grundlagen des natürlichen Systems, der vergleichenden Anatomie und der Phylogenetik: Theoretische Morphologie und Systematik I. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1954.
  6. Lefèvre 1984 (vgl. Abschnitt Literatur)
  7. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41.