Minna Kautsky auf einem Stich vor 1890 nach einer Fotografie von Ludwig Angerer oder Victor Angerer[1]

Minna Kautsky, geb. Wilhelmine Jaich (* 11. Juni 1837 in Graz; † 20. Dezember 1912 in Berlin-Lichterfelde) war Schauspielerin und Schriftstellerin. Ihr Romanwerk ist stark vom Sozialismus und von den Ideen der zeitgenössischen Frauenbewegung geprägt. Sie schrieb auch unter den Pseudonymen Eckert und Wilhelm Wiener.

Leben

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Minna Kautsky war Tochter des Theatermalers Anton Jaich, der ab 1845 mit seiner Familie in Prag lebte. Kautsky trat dort gelegentlich als Schauspielerin am Niklastheater und am Stadttheater auf. Im Jahr 1854[2] heiratete sie den Landschafts- und Theatermaler Johann Kautsky (1827–1896) und hatte mit ihm eine Tochter und drei Söhne.[3] In den Folgejahren war sie als Schauspielerin in Olmütz, Sondershausen, Güstrow und an der tschechischen Nationalbühne in Prag beschäftigt, bis sie 1861 wegen eines Lungenleidens den Schauspielerberuf aufgeben musste. Sie lebte von 1863 bis 1886 in Wien, wo ihr Mann eine Anstellung als Hoftheatermaler bekommen hatte. Dann zog die Familie nach St. Gilgen und 1904 nach Berlin.

1870 verfasste sie unter den Pseudonym Eckert einen Artikel in einem klerikalen böhmischen Blatt. Es folgten Artikel in der sozialdemokratischen Neuen Welt und unter dem Pseudonym Wilhelm Wiener einige Artikel in dem theoretischen Organ der Sozialdemokratie der Neuen Zeit. Im Jahr 1885 trat sie dem Wiener Schriftsteller- und Künstlerverein bei und amtierte von 1886 bis 1887 als dessen Präsidentin. Durch ihren Sohn Karl Kautsky wurde sie seit 1875 mit sozialistischen Ideen bekannt und besuchte im Sommer 1885 Friedrich Engels in London.[4] Marie von Ebner-Eschenbach besuchte Minna Kautsky 1889 in St. Gilgen, wo die Eheleute Kautsky die Villa Kotzian bewohnten.[5]

Sie war mit Wilhelm Liebknecht, Victor Adler, Franz Mehring und Rosa Luxemburg befreundet. Ab dem 20. September 1904 wohnte sie zuerst in bei ihrem Sohn Karl in Berlin„Friedenau bei Berlin Saarstraße 19“[6] dann getrennt in einer eigenen Wohnung in „Friedenau bei Berlin Ringstrasse 17“.[7][8][9][10] Sie starb am 20. Dezember 1912 im Kreiskrankenhaus Berlin-Lichterfelde[11] an einer Lungenentzündung. Gemäß letztwilliger Verfügung wurde ihr Leichnam am 23. Dezember 1912 eingeäschert. Zahlreiche Zeitungen vermeldeten ihren Tod.[12]

Sie hatte drei bekannte Enkelsöhne: den Ökonomen Benedikt Kautsky, den Chemiker Hans Kautsky und den österreichischen Theatermaler, Bühnen- und Kostümbildner Robert Kautsky.

Ehrungen

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Seit 1997 verleiht das Frauenreferat der Stadt Graz 4en „MINNA KAUTSKY LITERATURPREIS“.

Werke

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Werkausgaben

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Porträt Minna Kautsky (IISG BG A7/411); hdl:10622/N30051000085172
  2. Karl Kautsky papers 1999a Trauschein von Johann und Minna Kautsky (Traujahr 1854).
  3. Karl, Minna (* 1856), Fritz (* 1857) und Hans (1864–1937).(Cäcilia Friedrich, S. 153.)
  4. Karl Kautsky papers 2041 Bericht von Minna Kautsky über ihren Besuch in London, 1885.
  5. Literaturfahrt nach St Gilgen – Auf den Spuren von Marie von Ebner-Eschenbach.
  6. Kürschners deutscher Literatur-Kalender, 1903 (Sic!), Spalte 666.
  7. Kotte Autographs GmbH, Rosshaupten
  8. Brief von Minna Kautsky vom 21. August 1904 an einen Verleger: „Sehr geehrter Herr! Gestatten Sie mir, mich mit einer Anfrage an Sie zu wenden. Mein sozialer Roman, den der Berliner „ Vorwärts“ und das „Hamburger Echo“ zum erstmaligen Abdruck erworben, ist soeben in diesen Blättern beendigt worden. Er behandelt ein Stück Frauenfrage in ihrem großen, alle Klassen berührenden Zusammenhang und hat eine überaus günstige, zum Theil enthusiastische Aufnahme gefunden. Eine russische und eine italienische Übersetzung sind in Vorbereitung. Ich suche nun einen Verleger für die Buchausgabe. Herr H. Dietz, der meine letzten Romane verlegte, hat keinen eigentlichen Romanverlag und ist gegenwärtig von der Herausgabe größerer wissenschaftlicher Werke vollständig in Anspruch genommen, so wird er auch die Idee, welche er bislang liebevoll hegte, die einer billigen Volksausgabe meiner sämtlichen Romane in Heften, nicht mehr ausführen. Aber vorläufig handelt sich’s nur um die Herausgabe des Wiener Romans „Im Vaterhause“, und dafür wurde mir Ihr Verlag, der so rührig auftritt, besonders empfohlen. Er scheint in der That sich eine große und dankenswerthe Aufgabe gestellt zu haben. Er sieht das Neue und Lesenswerthe nicht allein in der Darstellung sexueller Probleme, er hat erkannt, daß in einer Zeit der wachsenden sozialen Erkenntniß der Entwicklungsprozeß der Gesellschaft, der unaufhaltsam vorwärts schreitet, das größte Interesse in Anspruch nimmt, der Erfolg war nicht ausgeblieben. Möge er Ihnen treu bleiben! Ich lebe in einem Kreise, dem die Erforschung sozialer Probleme Lebensaufgabe ist und Sie werden in meinem Roman Wahrheit und Treffsicherheit in der Behandlung und Charakteristik gewiß nicht vermissen. Ich lasse Ihnen denselben gleichzeitig zugehen. Er wird am besten für sich sprechen. Ich befinde mich bis Mitte September in St. Gilgen bei Salzburg, vom 20. September ab in Friedenau bei Berlin Ringstrasse 17. Ich würde mich freuen, wenn Sie Veranlassung fänden, meiner Arbeit näher zu treten […]“ (Antiquariat Inlibris, Wien am 20. August 2020)
  9. Kautsky. In: Berliner Adreßbuch, 1906, Teil 1, S. 1020.
  10. Kautsky. In: Berliner Adreßbuch, 1911, Teil 1, S. 1338.
  11. Karl Kautsky papers 2042 Dokumente betr. Minna Kautskys Tod 1912. 1912–1913.
  12. Karl Kautsky papers 2046 Zeitungsausschnitte zum Tod von Minna Kautsky. 1912–1913.
  13. Erstdruck in Die Neue Welt, 6. Jg., Leipzig 1881 als Die Schwestern und Herrschen und Dienen
  14. Die Bibliothek von Karl Marx und Friedrich Engels. Annotiertes Verzeichnis des ermittelten Bestandes. Akademie Verlag, Berlin 1999, Nr. 664, S. 370 (=Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) IV. Abteilung. Band 32). Die Widmung lautete:„Friedrich Engels in herzlicher Zuneigung und Verehrung – Minna Kautsky. Möge meine Arbeit Sie in irgend einer Weise ansprechen und erfreuen, sie würde mir dann selbst verdeutlicht erscheinen“ (Cäcilia Friedrich, S. XII.)
  15. Rezension zu: Marie von Ebner-Eschenbach: Das Gemeindekind. Erzählung. 2 Bände, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1887.
  16. Schnee. Roman von Alexander L. Kielland. Autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Mary Ottesen. Engelshorn, Stuttgart 1889.
  17. Handschrift in der Stadtbibliothek Wien.
  18. Theaterzensur. Die Textbücher und Zensurakten der Die Textbücher und Zensurakten der (k. k.) n. ö. Statthalterei 1870–1926 im NÖ Landesarchiv (PDF; 110 kB)
  19. Abgedruckt in Cäcilia Friedrich, S. 123–154.
  20. Inhalt: Das Kloster in den Lagunen (zuerst erschienen im Österreichischen Arbeiterkalender, Wien 1899); Poldi, der Zimmermann (zuerst 1897 im Österreichischen Arbeiterkalender, Wien 1897); Der Pariser Garten (zuerst in der Neuen Zeit 1891 gedruckt).
  21. Bibliografie S. 163 ff.
  22. Brief von Louis Viereck an Minna Kautsky vom 25. Januar 1881.
  23. Brief von Karl Marx an Minna Kautsky vom 1. Oktober 1881.
  24. Brief von Minna Kautsky an Friedrich Engels vom 15. Oktober 1885.
  25. Brief von Friedrich Engels an Minna Kautsky vom 26. November 1885.
Personendaten
NAME Kautsky, Minna
ALTERNATIVNAMEN Eckert (Pseudonym); Jaich, Wilhelmine (Geburtsname); Kautsky, Wilhelmine; Wiener, Wilhelm (Pseudonym)
KURZBESCHREIBUNG Schauspielerin und Schriftstellerin
GEBURTSDATUM 11. Juni 1837
GEBURTSORT Graz
STERBEDATUM 20. Dezember 1912
STERBEORT Berlin-Lichterfelde