Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Żagań (vormals Stiftskirche)

Das Augustiner-Chorherrenstift Sagan (lateinisch Collegium Canonicorum regularium sancti Augustini Zahanensis, polnisch Klasztor augustianów w Żaganiu, tschechisch Augustiniánský klášter v Zaháni) ist ein ehemaliges Augustiner-Chorherrenstift in Żagań (deutsch Sagan) in Polen.

Das Kloster wurde im Jahre 1217 durch den schlesischen Herzog Heinrich I., der dem Geschlecht der Schlesischen Piasten entstammte, auf Bitten seiner Gemahlin, der später heiliggesprochenen Hedwig von Andechs, in Naumburg am Bober gegründet. Es gehörte zum Herzogtum Glogau und unterstand dem Breslauer Sandstift. Nachdem es in Naumburg keine günstigen Entwicklungsmöglichkeiten hatte, wurde es 1284 durch den Saganer Herzog Primko mit Zustimmung seiner Brüder Konrad und Heinrich nach Sagan verlegt. Beide Niederlassungen waren der Mutter Gottes geweiht und unterstanden der Kongregation von Arrouaise.

In Sagan entwickelte sich das Stift schon bald nach seiner Gründung zu einem kulturellen und gelehrten Mittelpunkt. Da mehrere Saganer Chorherren in Prag studiert hatten und nach ihrer Rückkehr am Stift wirkten, galt es als ein „Vorort der Gelehrsamkeit der Universität Prag“.[1] Bedeutendster Abt war Ludolf von Sagan (1394–1422). Auch er hatte an der Karlsuniversität studiert und unterhielt zeitlebens Kontakte zu den böhmischen Augustiner-Chorherrenstiften, deren Mutterkloster das Augustiner-Chorherrenstift Raudnitz war. In seinen letzten Lebensjahren verfasste er die Stiftschronik „Catalogus abbatum Saganensium“ (Katalog der Äbte von Sagan), die nach Ludolfs Tod vom Prior Peter Weynknecht bis zum Jahre 1507 fortgeführt wurde.[2]

Geschichte

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Nach der Übersiedlung der Chorherren von Naumburg nach Sagan im Jahre 1284 wurde die Saganer Pfarrkirche, die 1272 erstmals erwähnt worden war, zur Stiftskirche bestimmt. 1299 schenkte Herzog Konrad III. († 1304) dem Stift das von seinem Bruder Primko († 1289) erbaute Haus in der Nähe der Marienkirche, das nun als Konventgebäude diente. 1303 übergab er dem Stift auch das von Herzog Primko gestiftete Heiliggeistspital in Sagan. Die Schenkung wurde im gleichen Jahr vom Breslauer Bischof Heinrich von Würben bestätigt. Nach 1339 führte Abt Trudwin (1325–1347) wegen der von Papst Benedikt XII. erlassenen Konstitution „Ad decorem ecclesiae“, die eine Erneuerung des Ordens der Augustiner-Chorherren anstrebte, eine erste Reform des Stifts durch. Zudem förderte Trudwin die Bildung und die Pflege der Wissenschaften. Den Konventualen Hermann, der später Abt wurde, schickte er zum Rechtsstudium an die Universität Bologna, wo er u. a. die Ideen des Humanismus kennenlernen sollte und zu den Hörern des Rechtsgelehrten Johannes Andreae gehörte. Abt Nikolaus I. Weintrud (1365–1376) entsandte drei Konventualen zum Studium nach Erfurt und Prag. Zu Beginn und in den Hussitenkriegen gewährte Abt Ludolf den aus den böhmischen Chorherrenstiften geflohenen Chorherren Asyl im Saganer Stift. Unter den nachfolgenden Äbten stand die Fürsorge um die Bibliothek im Vordergrund, die zu einer der reichsten ausgebaut wurde. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts haben Bibliothek und Skriptorium europäische Bedeutung erlangt.

Unter Abt Paul II. von „Lemberg“ (1522–1525) fand die Lehre Martin Luthers Eingang in die Stadt, wobei auch einige Konventuale zum Protestantismus übertraten, sich aber weiterhin zur Ordensregel bekannten.[3] Während der Herrschaft der Wettiner, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Fürstentum Sagan die Reformation einführten, hatte das Stift Sagan schwer zu leiden.[4] Zugleich wurde die Zugehörigkeit zu Schlesien gelockert. Während des Stadtbrands von 1730 wurden auch die Klostergebäude beschädigt. Nachfolgend wurden sie im Stil des Barock umgebaut. Die Stiftskirche wurde nach Entwurf des Architekten Martin Frantz neu errichtet. An der Ausstattung waren zahlreiche Künstler beteiligt, u. a. Johann Georg Urbansky. Die bis heute erhaltenen Malereien in der Bibliothek schuf Georg Wilhelm Neunhertz. Die 52 Abtportraits im Kapitelsaal mit historischen Szenen gab Abt Simon Th. Rihl in Auftrag.

Nach dem Ersten Schlesischen Krieg 1742 fiel das Stift zusammen mit dem Fürstentum Sagan an Preußen. Einer der bekanntesten Äbte war 1758–1778 Johann Ignaz von Felbiger. 1810 wurde das Stift säkularisiert. Die Stiftskirche wurde wieder zur Stadtpfarrkirche erhoben, die Stiftsgebäude wurden als katholisches Pfarrhaus und als Amtsgericht genutzt. Der größte Teil der wertvollen Stiftsbibliothek wurde der Universitätsbibliothek Breslau übergeben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 gelangte Sagan, das nun in Żagań umbenannt wurde, zusammen mit dem größten Teil Schlesiens an Polen. Die gesamte Anlage des vormaligen Chorherrenstifts steht seit 1953 unter Denkmalschutz.[5]

Bedeutende Chorherren (Auswahl)

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Äbte (nicht vollständig)

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. zitiert nach Franz Machilek, Diss., S. 32
  2. Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters
  3. OME-Lexikon
  4. Geschichte Sagans / Kulturwerk Schlesien (Memento des Originals vom 27. Februar 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturwerk-schlesien.de
  5. Kirche Mariä Himmelfahrt und ehemalige Klosteranlage
  6. Andrea Langer, in: Joachim Bahlcke: Schlesien und die Schlesier. Langen Müller Verlag, ISBN 3-7844-2781-2, S. 282.
  7. Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde, Band XXIX., Breslau 1928, S. 171f. und 191.
  8. IV. Volkskunde der Einzellandschaften
  9. Ludwig Petry und Josef Joachim Menzel: Geschichte Schlesiens, Band 2, Thorbecke Verlag GmbH & Co. Sigmaringen, ISBN 3-7995-6342-3, S 210f. + Fußnoten 66 und 67.
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Commons: Augustiner-Chorherrenstift Sagan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 36′ 58″ N, 15° 19′ 9,1″ O