Wolfgang Bittner bei einer Lesung im Mai 2008

Wolfgang Bittner (* 29. Juli 1941 in Gleiwitz/Oberschlesien) ist ein deutscher Schriftsteller.

Leben und Wirken

Bittner erlebte in seiner Kindheit das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Vertreibung aus der Heimat Schlesien. Nach der Flucht wuchs er zehn Jahre in einem Barackenlager in Wittmund, Ostfriesland auf und besuchte die Höhere Handelsschule in Aurich.

Nach dem Abitur (auf dem zweiten Bildungsweg 1966) studierte er Rechtswissenschaft, Soziologie und Philosophie in Göttingen und München, absolvierte 1970 das erste juristische Staatsexamen, promovierte 1972 über ein strafrechtliches Thema und schloss 1973 das Referendariat mit dem zweiten juristischen Staatsexamen ab. Er ging verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten nach, u. a. als Fürsorgeangestellter, Verwaltungsbeamter und Rechtsanwalt. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach Vorderasien, Mexiko, Kanada und Neuseeland.

Seit 1974 hat sich Bittner mehr und mehr auf das Schreiben konzentriert. Er verfasst Bücher für Erwachsene, Jugendliche und Kinder und war als freier Mitarbeiter für zahlreiche Printmedien (u. a. Die Zeit, Frankfurter Rundschau, Neue Zürcher Zeitung), den Hörfunk und das Fernsehen tätig. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und er erhielt mehrere Literaturpreise. Als Bildender Künstler hat Bittner seit 1977 seine Arbeiten (Eisenplastiken, Malerei usw.) in mehreren Ausstellungen präsentiert.

Von 1996 bis 1998 war er Mitglied im WDR-Rundfunkrat. Er übernahm Lehrtätigkeiten im In- und Ausland, darunter in den Jahren 2004, 2005 und 2006 Gastprofessuren in Polen. Bittner ist Mitglied im Gewerkschaftszusammenschluss Verband deutscher Schriftsteller, dessen Bundesvorstand er von 1997 bis 2001 angehörte.

Bittner geht es als Schriftsteller um „die Grundfragen des menschlichen Zusammenlebens, um Probleme unserer Gesellschaft und Gesellschaftsordnung, letztlich auch um Bewusstseinserweiterung bei sich und bei anderen“.[1] Er ist der Meinung, die Literatur leide häufig darunter, „dass sich Autoren ihre Erfahrungen aus sekundären Quellen verschaffen“.[2]

Bittner ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland[3]

Die Süddeutsche Zeitung merkte 2016 anlässlich einer Lesung Bittners aus Die Eroberung Europas durch die USA an, dass ihm Kritiker Einseitigkeit vorwerfen würden. Bittner stellt in dem Buch eine angeblich verschwiegene Seite der globalpolitischen Entwicklung dar und führt dafür als Belege Alternativmedien wie die NachDenkSeiten und die Zeitschrift Ossietzky an: Die USA provozierten gezielt Konflikte zwischen Deutschland und Russland und wollten dort einen „Regime-Change“ umsetzen. Der russische Präsident Wladimir Putin werde in den einseitigen Medien „verteufelt“, weil er sich nicht den „westlichen Kapitalmärkten“ öffne. Bittner behauptete zudem, dass er seit Erscheinen seines Buches im Jahr 2014 keine Literaturpreise mehr bekommen habe.[4]

Seit einigen Jahren veröffentlicht Bittner Beiträge in sogenannten Alternativmedien wie den NachDenkSeiten[5], Ossietzky[6] oder im russischen Staatssender RT. Bittner ist regelmäßiger Gast in den Kanälen von Ken Jebsen.[7] Der Nachrichtensender BR24 nannte als Beispiel für den russischen Propagandakrieg einen RT-Tweet mit einem Beitrag Bittners, in dem dieser dort fünf Tage vor Russlands Überfall auf die Ukraine geschrieben hatte: „Der Westen warnt gebetsmühlenartig vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine, obwohl es dafür keine Anzeichen gibt und Russland dies stets bestreitet.“[8] T-online nannte Bittner in einem Beitrag über russische Propaganda und bezeichnete ihn und andere als „bekannte Verschwörungsideologen und ‚Querdenker‘“.[9] Bittner verteidigte im Frühjahr 2022 in den NachDenkSeiten den russischen Überfall auf die Ukraine und erklärte dort auch, dass gegen Russland eine „systematisch betriebene Meinungsmanipulation“ stattfände. Das Präsidium des PEN-Zentrums Deutschland distanzierte sich daraufhin von Bittners Standpunkt. Nachdem PEN-Präsident Deniz Yücel öffentlich über eine Flugverbotszone über der Ukraine nachgedacht hatte, um die dortige Zivilbevölkerung zu schützen, drängten Bittner und andere PEN-Mitglieder ihn zum Rücktritt.[10]

Im August 2022 veröffentlichte das staatliche ukrainische „Zentrum gegen Desinformation“ eine Aufstellung von über 70 öffentlichen Personen, die aus seiner Sicht russische Propaganda verbreiten. Auf ihr wurde auch Bittner genannt.[11]

Bittner lebt in Göttingen.

Rezeption

Bittners 1978 erschienener Debütroman Der Aufsteiger oder Ein Versuch zu leben wurde von Martin Walser als „exemplarischer Entwicklungsroman“ vor dem Hintergrund des deutschen Wirtschaftswunders und der Studentenrevolte gewürdigt.[12]

Das Kritische Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur sieht in seinem Gesellschaftsroman Bis an die Grenze (1980) „eine gesellschaftlich differenzierte Darstellung der Bundesrepublik in den achtziger Jahren“.[13]

Heinrich Goertz schrieb 1983 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über Bittner, dass dieser im Kontext gesellschaftspolitischer Hintergründe „im besten Sinn tendenziös, dazu unterhaltend, spannend“ und „eine singuläre Erscheinung auf dem Literaturmarkt der Eitelkeiten“ sei.[14]

Birgit Dankert rechnete ihn 1983 in der Zeit dem „Genre der sogenannten realistischen, problemorientierten Jugendliteratur“ zu und bezeichnete ihn als einen „ihrer konsequentesten und sachkundigsten Vertreter“.[15]

Zu seinem Roman Niemandsland (1992), in dem – wie schon im Aufsteiger – autobiographische Erfahrungen verarbeitet sind, hieß es in der taz: „Niemandsland ist als Kommentar zur Geschichte der alten Bundesrepublik aufzufassen, vielleicht sogar als literarischer Schlusspunkt“.[16]

Auszeichnungen

Werke (in Auswahl)

Prosa/Lyrik

Kinder- und Jugendbücher

Bilderbücher

Kinderbücher

Jugendromane

Sachbücher

Theaterstücke für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Herausgeberschaften

Literatur

Abhandlungen in Lexika

Bittner in Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik

Einzelnachweise

  1. Siehe Munzinger-Archiv.
  2. Siehe Lexikon der Reise- und Abenteuerliteratur. Corian-Verlag, Loseblattsammlung, 42. Erg.Lfg. März 1999, S. 1–19.
  3. Ausgewiesen in der Mitgliederliste (Memento des Originals vom 29. August 2020 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pen-deutschland.de des PEN-Zentrums Deutschland. In: pen-deutschland.de, abgerufen am 22. Januar 2018.
  4. Thekla Krausseneck: Vermeintliche Eroberer Europas. In: Süddeutsche Zeitung. 4. November 2016, abgerufen am 9. Februar 2021.
  5. Wolfgang Bittner. In: NachDenkSeiten - Die kritische Website. Abgerufen am 16. April 2022.
  6. Beiträge Bittners bei Ossietzky: [1] [2] [3] [4] und viele andere
  7. Verschwörungstheorien als Geschäftsmodell: Daniele Ganser im Kino Babylon. 29. November 2017, abgerufen am 16. April 2022.
  8. Gregor Schmalzried: Russland kann den Propagandakrieg im Netz nicht gewinnen. In: BR24. 1. März 2022, abgerufen am 16. Juni 2022.
  9. Die Kreml-Propaganda aus dem Herzen Berlins, T-online, 13. März 2022
  10. Dirk Knipphals: Pro und contra Deniz Yücel. In: taz. 26. Mai 2022, abgerufen am 26. Mai 2022.
  11. Ukraine veröffentlicht Liste von Kreml-„Desinformanten“. In: Münchner Merkur. 22. August 2022, abgerufen am 17. April 2024.
  12. Martin Walser zu Wolfgang Bittner: Der Aufsteiger oder Ein Versuch zu leben. In: Büchergilde-Magazin. IV/1979, S. 22.
  13. Siehe Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. edition text + kritik, Loseblattsammlung und im Internet, 69. Nlg. 10/01, S. 1–10/A-I.
  14. Heinrich Goertz zu Wolfgang Bittner in Hannoversche Allgemeine Zeitung. 29./30. Januar 1983.
  15. Birgit Dankert: Roman für Jugendliche: Heim – Frust – Knast. In: Die Zeit. 6. Mai 1983, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Januar 2018; abgerufen am 14. Juni 2019 (aus Nr. 19/1983).
  16. R. S. zu Wolfgang Bittner: Niemandsland. In: die tageszeitung. 24. Januar 1992.
  17. Erlebte Geschichten mit Wolfgang Bittner. In: wdr5.de, abgerufen am 22. Januar 2018.
Personendaten
NAME Bittner, Wolfgang
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller
GEBURTSDATUM 29. Juli 1941
GEBURTSORT Gleiwitz