Rekonstruktion der Orgel im Aquincum Museum Budapest (Foto: 2009)

Die Orgel von Aquincum war eine römische Orgel aus dem 3. Jahrhundert, die sich in Aquincum im heutigen Budapest befand. Sie ist die am besten erhaltene römische Orgel.

Geschichte

Sie wurde 228 n. Chr. vom Stadtrat Gaius Iulius Viatorinus von Aquincum dem dortigen Feuerwehrkollegium geschenkt, wie eine erhaltene Inschrift besagt.

„G(aius) IVL(ius) VIATORINVS DEC(urio) COL(oniae) AQ(uinci) AEDILICIVS PRAEF(ectus) COL(egii) CENT(onariorum) HYDRAM COLL(egio) S(upra) S(cripto) DE SUO D(onum) D(edit) MODESTO ET PROBO CO(n)S(ulibus)“

Übersetzung:

Gaius Julius Viatorinus, Ratsherr (bzw. Stadtrat) der Siedlung Aquincum, vormals Ädil, Kommandant des Feuerwehrkollegiums, schenkte während des Konsulats von Modestus und Probus (= im Jahr 228 n.Chr.) diese (Wasser-)Orgel dem oben genannten Kollegium auf eigene Kosten.

Das Instrument war wahrscheinlich neu angefertigt worden. Einige Jahrzehnte später brannte das Feuerwehrhaus ab. Dabei wurde die Orgel vom Schutt begraben.

1931 fand der ungarische Archäologe Lajos Nagy Reste des Instruments, etwa 400 Metallteile, die teilweise gut erhalten waren, sowie die hölzerne Windlade. Im Zweiten Weltkrieg ging ein Teil verloren, heute sind noch etwa 300 erhalten. Diese befinden sich im Aquincum Museum in Budapest.

Orgel

Die Orgel war verhältnismäßig klein, etwa 60 cm hoch, 30 cm breit und 12 cm tief. Insgesamt gab es vier koppelbare Register mit je 13 Orgelpfeifen. Drei Reihen waren gedackt, eine offen. Der Tonumfang lag wahrscheinlich im Bereich zwischen einer Oktave und einer Duodezime. Die erhaltenen Metallteile wie Registerwerk, Tonschieber, Orgelpfeifen und Kessel waren aus verschiedenen Kupferlegierungen, der Pfeifenstock aus einer Bleilegierung. Die Windlade war aus Fichtenholz, die Stöpsel der gedeckten Pfeifen aus Eichenholz, einer aus Ulme.[1] Die Tasten waren wahrscheinlich auch aus Holz. Die Windzufuhr ist unbekannt und bis heute umstritten, möglich ist eine Balgtechnik, die in dieser Zeit aufkam, die Bezeichnung hydra meinte allerdings eine traditionellere Wasserorgel.

Rekonstruktionen

Es wurden seit 1935 verschiedene Nachbildungen angefertigt, die unterschiedliche mögliche Funktionsweisen abbildeten.

Jahr Erbauer Aufbewahrung Bild Windzufuhr Tonumfang Bemerkungen
1935 Emil Angster Aquincum Museum Budapest
op. 1102, 1970 Restaurierung, evtl. zweites Modell vorhanden
1936 Emil Angster Museum in Rom? (Mostra Augusteana 1938) Verbleib unklar, op. 1121
1965, 1969 Werner Walcker-Mayer Privatbesitz zwei oder drei Modelle[2]
2005/2006 Martin Braun, Justus Wilberg Privatbesitz
hydraulisch vier verschiedene Tonarten, auch im plenum spielbar wird regelmäßig in Konzerten aufgeführt[3]
2012 Michael Zierenberg, Susanne Rühling Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz; Privatbesitz hydraulisch Oktave zwei identische Modelle, unter Mitwirkung von Schuke Orgelbau[4][5]

Weitere römische Orgelfragmente

Mehr Fragmente römischer Orgeln sind bisher nicht bekannt.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Susanne Rühling: Imponieren, Brillieren, Musizieren - Orgelklänge für Gott, Kaiser und den Sport. In: F. Daim, D. Heher, C. Rapp (Hrsg.): Menschen, Bilder, Sprachen, Dinge. Wege der Kommunikation zwischen Byzanz und dem Westen. Band 1. Mainz 2018. S. 205–223, hier S. 207 pdf
  2. Werner Walcker-Mayer: Die römische Orgel von Aquincum. Stuttgart 1970
  3. Unser Nachbau Hydraulis.de
  4. Antike Orgelklänge Susanne Rühling Blog
  5. Nachbau einer antiken römischen Orgel nach einem Fund in Budapest Römisch-Germanisches Zentralmuseum