Mauser System 98, VerschlussMauser System 98, Verschluss
Das Mauser System 98 des Waffenherstellers Mauser ist mit bis heute mehr als 100 Millionen hergestellten Systemen das weltweit meistproduzierte Waffen-Verschlusssystem. Grundlage für den Erfolg des Systems 98 sind unter anderem seine einfache Konstruktion, die Material- und Fertigungsqualität sowie die Funktionssicherheit des Systems. Der Name leitet sich von 1898 ab, dem Jahr der Zulassung des Systems durch die preußischen Behörden – insbesondere der Gewehr-Prüfungskommission.
Das Mauser System 98 ist ein für Mehrladerbüchsen entwickeltes Repetier-Verschlusssystem. Es findet jedoch auch in Einzelladerbüchsen sowie zum geringen Teil in modifizierten Mehrladerbüchsen und Mehrladerflinten kleineren Kalibers Anwendung.
Das System besteht aus zwei Hauptkomponenten, dem Verschlusszylinder oder Verschlussstück (kurz Verschluss), und der Verschlusshülse.
Im Inneren des massigen zylindrischen Verschlussstücks befinden sich der Schlagbolzen und die Schlagbolzenfeder mit ihren Halteeinrichtungen. Im vorderen Teil des Verschlussstücks befindet sich als hinterer Abschluss des Patronenlagers die Bohrung für den beim Auslösen des Schusses nach vorn schnellenden Schlagbolzen. Ebenfalls am vorderen Teil des Verschlusses befinden sich zwei massiv ausgebildete Verschlusswarzen zur Verriegelung des Verschlusses. Im hinteren Teil des Verschlussstücks wird die Baugruppe aus Schlagbolzen, Schlagbolzenfeder und Sicherungseinheit eingeschraubt. Seitlich am Verschlussstück befindet sich im hinteren Teil der Kammerstängel (funktionsbedingt gerade oder gebogen) mit Kammerstängelkugel. Ebenfalls seitlich am Verschlussstück ist mit einem beweglich gelagerten Ring der Auszieher montiert. Die bewegliche Lagerung ist notwendig, da sich die Lage des Ausziehers während des Repetiervorgangs innerhalb der Verschlusshülse nicht ändert.
Im vorderen Teil der Verschlusshülse wird der Lauf eingeschraubt, der das Patronenlager enthält. Gegebenenfalls wird, zur Feinjustierung und Anpassung auf die Länge der verwendeten Munition, mit Distanzscheiben der Abstand zwischen Patronenlager und Verschluss angepasst. In der Mitte der Verschlusshülse befinden sich Öffnungen, nach unten zum Magazin/Magazinkasten und nach oben als Auswurffenster für die aus dem System hinausrepetierten Patronen/Patronenhülsen. In den hinteren offenen Teil der Verschlusshülse wird das Verschlussstück eingeführt. Ein ungewolltes Herausrutschen des Verschlussstücks nach hinten beim Repetieren (Durchladen) wird durch eine entsprechende Sicherung an der Verschlusshülse verhindert.
Mauser System 98, Verschluss, gespannt – gesichert ungesperrt
Zur Vorbereitung der Schussabgabe wird durch die Vorwärtsbewegung (Vorwärtsschieben) des Verschlusses innerhalb der Verschlusshülse mittels des Kammerstängels eine Patrone aus dem Magazin/Magazinkasten mitgenommen und dem Patronenlager im Lauf zugeführt (geladen). Eine Drehbewegung des Verschlusses nach rechts mit Hilfe des Kammerstängels verriegelt das System mittels der beiden Verschlusswarzen im vorderen Teil der Verschlusshülse. Das System ist durch das vorhergehende Öffnen des Verschlusses bereits gespannt.
Erst im gespannten/verriegelten Zustand kann bei Bedarf die Sicherung durch Umlegen des Sicherungsflügels der Sicherungseinheit am Ende des Verschlusses von links nach rechts betätigt werden, wobei der Schlagbolzen in seiner gespannten (hinteren) Position durch die Sicherung festgehalten und somit eine unbeabsichtigte Schussabgabe verhindert wird. Zur Demontage wird der Sicherungsflügel in die mittlere, aufrechte Position gebracht. In dieser Position ist der Schlagbolzen auch gesichert, der Verschluss lässt sich aber öffnen. Ein Entspannen des Verschlusses kann nur durch Schussabgabe oder Schließen des gespannten Verschlusses mit vorher gezogenem und festgehaltenem Abzug erfolgen. Dies ist jedoch nur bei entsichertem System möglich.
Nach der erfolgten Schussabgabe oder zum Herausrepetieren ungenutzter Munition wird der Verschluss mittels des Kammerstängels leicht nach links gedreht, was zur Entriegelung des Verschlusses führt. Gleichzeitig wird der Verschluss durch Abstützen des Kammerstängels an der Verschlusshülse gespannt. Das heißt, der Schlagbolzen wird nach hinten gezogen und somit die Schlagbolzenfeder gespannt. Der Verschluss wird innerhalb der Verschlusshülse am Kammerstängel nach hinten gezogen, wobei der Auszieher die leere Patronenhülse bzw. die nicht verschossene Patrone aus dem Patronenlager zieht und sie durch die obere Öffnung der Verschlusshülse auswirft.
Waffen mit Mauser-98-Systemen haben eine Magazinkapazität von vier bis fünf Schuss, abhängig vom verwendeten Kaliber. Sie werden bei Systemen mit Magazinkasten per Ladestreifen oder einzeln von oben durch die vorhandenen Öffnungen in der Verschlusshülse aufmagaziniert. Bei Systemen mit separatem Magazin wird dieses von unten in entsprechende Modifikationen an der Verschlusshülse eingerastet.
Durch das Wiederholen (Repetieren) dieser Funktionsvorgänge hat diese Art von Systemen ihren Namen erhalten, „Repetiersystem“.
1888: Nachdem das häufig fälschlich als Mauser-Gewehr bezeichnete Gewehr 88 in der preußischen Armee eingeführt war, aber keinen guten Ruf im Bezug auf Qualität und Sicherheit hatte und dazu ständig nachgebessert werden musste, wurde bald der Ruf nach einer neuen, zuverlässigeren Waffe laut.
1889: Mauser lieferte sein neu entwickeltes Modell 1889 (im Kaliber 7,65 × 53,5 mm) an Belgien (ohne Laufmantel)
1891: Mauser lieferte sein Modell dann auch an Argentinien, später als 7,65 Belgisch oder 7,65 Argentinisch bezeichnet, auch die Türkei bestellte Gewehre in diesem Kaliber.
1893: Entwicklungstechnisch führte das spanische Gewehr von 1893 unmittelbar zum Modell 98 und dessen Erprobung in der preußischen Armee. Das Osmanische Reich bezog ebenfalls Mausergewehre.
1894: Brasiliens Armee führte die neuen Mausergewehre ein. Schweden beschloss, die neuen Karabiner bei Mauser zu bestellen, Kaliber 6,5 × 55 mm
1895: Chile bezog Mausergewehre im Kaliber 7 × 57 mm
Das Gewehr 98 erhielt 1898 die Zulassung durch die preußischen Behörden, eingeführt wurde es als „Modell 98“ im Kaliber 8 × 57 (7,92 × 57 mm). Es war der Vorläufer des Karabiners 98 sowie das Standardgewehr für das Deutsche Heer im Ersten Weltkrieg. Nach dem Kriegsende 1918 wurden tausende Gewehre 98 für künftige Verwendungen eingelagert. Obwohl ab 1935 durch den Karabiner 98k ersetzt, war diese Waffe in der Reichswehr und der Wehrmacht bis zum Kriegsende Anfang Mai 1945 im Dienst.
Santa Barbara FR 8 Kurzkarabiner, Kaliber 7,62 × 51 mm, umgerüstet aus Santa-Barbara-Modellen 1919 und 1946 durch Fabrica De Armas De La Coruña, als Ergänzung zum spanischen CETME-Selbstladegewehr.
Mauser System 98 Magnum – Das verstärkte und größere System der gleichen Bauweise wird ab dem Kaliber .375 H&H Magnum aufwärts bis zum Kaliber .700 Nitro Express verwendet.
Jagdwaffen mit birnenförmigen Läufen (im Gegensatz zu den stufenförmigen militärischen Läufen) in verschiedenen Schäftungen von unterschiedlichen Herstellern.
Sebastian Thiem: Osmanische Importware. Seitengewehre 88 und 98 für die Türkei. In: DWJ (früher: Deutsches Waffen Journal) 7/2014, S. 88–93.
Sebastian Thiem: Erst lang, dann kurz. Sturmseitengewehr 84/98. In: DWJ (früher: Deutsches Waffen Journal) 6/2014, S. 88–93.
Peter Dannecker, Wolfgang Finze, Egon Thiel u. a.: Repetiererfamilie System 98. Entwicklung & Geschichte, Technik & Sammeln, Militär, Sport & Jagd. VS-Medien GmbH, Bad Ems 2010, ISBN 978-3-9812481-7-3.
Dieter Storz: Gewehr & Karabiner 98. Die Schusswaffen 98 des deutschen Reichsheeres von 1898 bis 1918. (Kataloge des Bayerischen Armeemuseums Ingolstadt 4), Militaria-Verlag, Wien 2006, ISBN 3-902526-04-1.
Friedrich Graf: Karabiner 98 kurz. Technische Studie zu den Änderungen der Firma Mauser Werke AG Oberndorf/Neckar am Karabiner 98 kurz (K98k) in den Kriegsjahren 1939 bis 1945. Journal Verlag Schwend, Schwäbisch Hall 2000, ISBN 3-935210-12-4.
Richard D. Law: K[arabiner] 98k als Scharfschützenwaffen. Lizenzausgabe. Stocker-Schmid, Dietikon-Zürich 1998, ISBN 3-7276-7130-0.