Daisenryō-Kofun, das Grab von Kaiser Nintoku in Sakai (5. Jahrhundert)

Als Kofun (japanisch 古墳, wörtlich „alte Gräber“, hier „alte Grabhügel“) bezeichnet man im weiteren Sinne alte Hügelgräber in Japan, deren Ursprung in China liegt. Auch megalithische Grabanlagen des Landes werden als Kofun bezeichnet (siehe Ishibutai-kofun). Im engeren Sinne bezieht sich Kofun auf die teils ausgedehnten Grabanlagen aus der Zeit der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Sie gaben der Kofun-Zeit (ca. 300538), einem Teil der Yamato-Zeit, ihren Namen. Letztere haben ihren Ursprung in den Grabhügeln Chinas. Den japanischen Kofun ähnliche Grabanlagen finden sich auch in Korea. Viele Kofun haben markante schlüssellochförmige Hügel (zempō-kōen fun, 前方後円墳), die es nur im antiken Japan gibt.

Bis Ende März 2001 wurden in ganz Japan 161.560 Kofun-Stätten entdeckt, davon 16.577 in der Präfektur Hyōgo, 13.112 in der Präfektur Chiba, 13.094 in der Präfektur Tottori, 11.311 in der Präfektur Fukuoka und 11.310 in der Präfektur Kyōto.[1]

Eine Gruppe von 49 Kofun-Stätten in der Präfektur Osaka, zu denen auch das Daisenryō Kofun gehört, wurde im Jahr 2019 von der UNESCO als Kofun-Gruppe von Mozu-Furuichi zum Weltkulturerbe erklärt.[2]

Aufbau

Noge-Ōtsuka-Kofuntumulus in Tokio aus dem 5. Jahrhundert

Die Grabhügel (Tumuli) haben im Laufe der Geschichte verschiedene Formen gehabt: Neben den ursprünglichen, von oben gesehen kreisförmigen Kofun (円墳 empun) gibt es rechteckige (前方後方墳 zempō kōhōfun, wörtlich: „vorne quadratisch, hinten quadratisch“) und quadratische Formen (方墳 hōfun). Die bekanntesten Kofun haben eine schlüssellochähnliche Form (前方後円墳 zempō kōenfun, wörtlich: „vorne quadratisch, hinten kreisförmig“).

Diese „Schlüssellochgräber“ sind eine rein japanische Entwicklung. Die oft ausgemalte Grabkammer lag in dem runden Teil, der typischerweise den vorderen, nach Süden oder Westen ausgerichteten, keilförmigen Teil überragt. Die sich nach oben verjüngenden Grabhügel weisen je nach Größe entlang von Höhenlinien meterbreite Absätze auf, die den Kofun verschiedene Stufen geben. Kleinere, einstufige sowie zweistufige Tumuli werden örtlichen und regionalen Würdenträgern zugeschrieben, während ab einem dreistufigen von einem Kaisergrab ausgegangen wird. Das größte Kofun, das des Kaisers Nintoku, wurde mit sieben Stufen erbaut.

Keramiken, genannt Haniwa, wurden in Reihen entlang der Absätze und den Rändern der obersten Abflachung über das Grab angeordnet, um der mit Erde aufgeschütteten Grabanlage Festigkeit zu verleihen, in der Grabkammer und auf dem Grab die zeremonialen Areale zu markieren, sowie das Grab vor schlechten Geistern zu beschützen. Einige Kofun haben auch einen umgebenden Wassergraben, der neben der Schutzwirkung auch die Trennung der Welt der Lebenden von der Welt der Toten symbolisiert. Die Wassergräben können auch als ein Zeichen dafür interpretiert werden, wie wichtig Bewässerungsanlagen für die Kofun-Kultur waren, deren wirtschaftliche Entwicklung und soziale Struktur auf dem Nassfeld-Reisanbau aufbaute. Allen Kofun gemeinsam ist eine Beschichtung mit abertausenden kleinerer Steine, die die Form des Grabhügels unterstützen und den gesamten Tumulus gegen andere Geister isolieren.

Viele Kofun waren natürliche Hügel, die man in die gewünschte Form brachte, wobei man das abgetragene Erdmaterial für die Erhöhung nutzen konnte. Die Größe der Kofun reicht von einigen wenigen Metern bis über 700 m Länge. In den größten Kofun vermutet man die Gräber der Kaiser Ōjin und Nintoku. In der späten Kofun-Zeit wurden solche Grabkammern – ursprünglich dem Herrscherhaus vorbehalten – auch für andere bedeutende Personen erbaut.

Kofun werden danach unterschieden, ob der Eingang in die aus Steinen errichtete Begräbniskammer von oben in einen bestehenden Hügel eingegraben (竪穴式, tateana-shiki) und dann wieder zugeschüttet wurde oder bei der Aufschüttung des Grabhügels seitlich konstruiert wurde (横穴式, yokoana-shiki).

Die Kofun der Kaiser sind nicht alle erforscht worden, da sie in Japan nicht als Kulturdenkmal angesehen werden, sondern als Privatgräber dem Kaiserlichen Hofamt unterstehen. Untersuchungen in kleinem Umfang werden nur bei Restaurierungsarbeiten vorgenommen. Einzige Ausnahme ist das Goshikizuka-kofun in Tarumi-ku, Kōbe, dessen Grabkammer vermutlich aufgrund von Nachfolgestreitigkeiten nicht den Leichnam Kaiser Chūais aufnahm.

Funktion

Neben der würdevollen Aufbewahrung der sterblichen Überreste eines einflussreichen regionalen Führers oder des Kaisers stellten die Kaisergräber in Schlüssellochform auch einen zentralen Schauplatz bei der Nachfolgeregelung dar: Während Vertreter aller wichtigen Familienverbände auf dem Keil des Grabes ein Spalier für den Sargzug des Verstorbenen bildeten, wurde die Beisetzungszeremonie im Kreis von Priestern sowie den bisherigen und künftigen Amtsträgern des Reiches auf der Abflachung des runden Teils der Grabanlage vorgenommen. Im Rahmen des Begräbnisses fand hier die Neubestimmung der Ämter einschließlich der Tennō-Nachfolge statt. Mit dieser zeitlich klar definierten Entscheidungsfindung, der notwendigen Anwesenheit aller wichtiger Gruppierungen des Landes sowie dem sakralen äußerlichen Rahmen konnte eine effektive Nachfolgeregelung sichergestellt werden.

Entwicklung

Ishibutai-Kofun in Asuka, die vermutete Grabstätte des Soga no Umako

Die ältesten Kofun, erbaut auf den Gipfeln von Hügeln, finden sich im Kinai-Gebiet im Süden des Yamato-Beckens. Diese datieren auf die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts.

Beim Bau des Kofun setzte man einen Sarg aus Holz tief in eine zu diesem Zweck gegrabene Grube, die man mit großen Steinen und Erde bedeckte. Der Gipfel des Kofun wurde mit Haniwa-Figuren versehen. Die charakteristischen Grabbeigaben dieser Periode, die man gefunden hat, sind Bronzespiegel (銅鏡, dōkyō), Halsbänder aus sichelförmigen Juwelen (magatama), Bronzeschwerter und Armreife.

Vom Beginn des 5. Jahrhunderts an gewann das Volumen der Kofun zunehmend an Bedeutung. Sie wurden auf Terrassen gebaut und von Wassergräben umgeben. Angefügte kleine Hügel (陪塚 baichō oder baizuka), die Grabbeigaben enthielten, wurden errichtet. In ihnen wurden hauptsächlich Waffen und Rüstungen aus Eisen und Bronze gefunden.

Das Ende dieser Periode ist durch eine stark steigende Zahl von Kofun bei gleichzeitiger Reduzierung ihrer Größe gekennzeichnet. Gemeinschafts-Kofun traten auf, die von der Bevölkerung benutzt wurden. Grabbeigaben wurden immer üblicher und zahlreicher.

Daisenryō Kofun

Der Daisenryō Kofun (大仙陵古墳), auch Daisen Kofun (大仙古墳 bzw. 大山古墳), in dem Kaiser Nintoku (reg. 313-399) begraben ist, liegt bei Sakai in der Präfektur Osaka (34° 33′ 50″ N, 135° 29′ 15″ O).

Er ist eines der größten Gräber der Welt, da das gesamte Ensemble mit der Umgrenzung (ein breiter und zwei schmale Wassergräben, durch bewaldete Erdstreifen voneinander abgegrenzt) 320.000 m² bedeckt. Der Hügel selbst ist 725 Meter lang und 305 Meter breit. Der runde Teil besteht aus drei ausgedehnten Plattformen. Nach dem Archäologen Umehara Sueji seien allein für die Erdarbeiten etwa tausend Männer vier Jahre lang benötigt worden. Die Stätte enthält auf dem Grabhügel und um die Erhöhung eine große Zahl von Haniwa: Innerhalb des inneren Grabens zählte man 17.775 eingelassene Exemplare, deren sichtbarer oberer Teil im Durchschnitt 33 Zentimeter hoch ist und eine Vielzahl von Themen zeigt.

Er ist nie ausgegraben worden, aber der Einsturz des Hauptteiles 1872 hat die Begräbniskammer ans Tageslicht gebracht. Sie enthält einen Steinsarkophag mit 9,5 m³ Volumen sowie Grabbeigaben, besonders Rüstungen aus vergoldeter Bronze, Eisen- und Bronzewaffen und eine persische Glasvase.

Das Grabmal ist von einem Dutzend anderer, kleiner Gräber umgeben. Eines von ihnen, das 1912 ausgegraben wurde, enthielt zahlreiche Spiegel, Perlen und verschiedenen Schmuck, darunter ein Magatama aus Jade mit einer außergewöhnlichen Länge von 8 cm.

Andere Kofun (Auswahl)

Kansai

Tsukamyōjin-Kofun

Kyūshū

Kantō und Chūbu

Literatur

Einzelnachweise

  1. 6 参考資料( 4 ) 兵庫県の遺跡・遺物数の全国的な位置 (dt. „6. Referenzmaterial (4): Archäologische Fundstätten in der Präfektur Hyōgo und Anzahl der Überreste an landesweiten Standorten)“. (PDF; 8 kB) Bildungsausschuss der Präfektur Hyōgo, abgerufen am 27. Juni 2009 (japanisch).
  2. Mozu-Furuichi Kofun Group: Mounded Tombs of Ancient Japan. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 11. Juli 2019 (englisch).