Jens Schanze (* 1971 in Bonn) ist ein deutscher Dokumentarfilmer und Filmproduzent.

Leben und Werk

Nach dem Zivildienst und Beginn eines forstwissenschaftlichen Studiums an der Universität München arbeitete Schanze für eine Fernsehproduktionsgesellschaft. In Bolivien drehte er 1994 für die Umweltstiftung „Conservation International“ seinen ersten Film, das Porträt einer Gruppe von Tacana-Indigenas an der Schwelle zwischen Tradition und Moderne. Von 1995 bis 2005 studierte er an der Hochschule für Fernsehen und Film in München in der Fachrichtung Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik. Als erster längerer Film entstand dort 1999 der Film Das kleine Kaufhaus über ein Damenoberbekleidungsgeschäft in München.

Sein erster langer mit Kameramann Börres Weiffenbach gedrehter Dokumentarfilm Otzenrather Sprung über die Umsiedelung mehrerer Dörfer wegen des Braunkohletagebaus Garzweiler II im Rheinischen Braunkohlerevier brachte ihm 2002 den Adolf-Grimme-Preis und den Bayerischen Fernsehpreis ein. Sechs Jahre später besuchte er dieselben Menschen wieder, deren Umsiedlung inzwischen abgeschlossen war. Daraus entstand der Film Otzenrath 3° kälter.

2002 gründete Jens Schanze zusammen mit Judith Malek-Mahdavi in München die Produktionsfirma Mascha Film, in der seither alle seine Filme produziert wurden. Die erste Mascha Film Produktion war der Film Brot und Töne über ein Sinfonieorchester, in dem 60 arbeitslose Musiker spielen. Der Film erhielt den Starter Filmpreis 2004 der Stadt München.

In Winterkinder – Die schweigende Generation, wieder mit Weiffenbach an der Kamera, erforschte Schanze die Verflechtungen seines Großvaters mit den Nationalsozialisten und den Umgang von Familienangehörigen mit der nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Verwandten und Ahnen anhand von Interviews mit seiner eigenen Familie. Der Filmdienst sah in dem Film „ein ungeschöntes und bewegendes Plädoyer der Enkelgeneration für den in vielen deutschen Familien immer noch nötigen Mut, Fragen nach der Vergangenheit zu stellen.“[1]

Sein Dokumentarfilm Plug & Pray über Möglichkeiten und Konsequenzen der Computertechnologie und der künstlichen Intelligenz, in dem der Computerpionier Joseph Weizenbaum die zentrale Figur ist, wurde unter anderem mit dem Bayerischen Filmpreis 2010 ausgezeichnet. Das amerikanische Branchenblatt Variety nannte den Film „ein großartiges Konversationsstück und eine erfrischend offene und unvoreingenommene Studie über Wissenschaftler und ihre Arbeit.“[2]

In seinem Film La buena vida – Das gute Leben erzählt er die Geschichte einer Wayuu-Gemeinschaft in Kolumbien, die dem Kohletagebau El Cerrejón weichen muss, eine der größten Kohleminen weltweit. Der Film erhielt zahlreiche Festivalpreise und wurde im Januar 2016 ebenfalls mit dem Bayerischen Filmpreis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Jens Schanze ist Mitglied der Deutschen Filmakademie und der Europäischen Filmakademie und seit Oktober 2014 Professor für Film- und Videodesign an der Technischen Hochschule Deggendorf.

Filmografie

Auszeichnungen (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. Winterkinder. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 16. Juni 2016. (=Filmdienst 24/05)
  2. Plug & Pray, Variety, 8. Dezember 2010, abgerufen am 13. Juni 2021.
  3. LA BUENA VIDA erfolgreich beim Golden-Tree-Festival. Abgerufen am 31. Oktober 2017.
  4. Pressemitteilung zu den Juryentscheidungen 2017. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Mai 2014; abgerufen am 31. Oktober 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.robert-geisendoerfer-preis.de