Boxerkneipe Zur Ritze
Silbersackstraße, Revier der GMBH
Eingang zur Herbertstraße

Die GMBH war eine Zuhälterorganisation im Hamburger Rotlichtviertel Reeperbahn in St. Pauli, die bis Mitte der 1980er Jahre einen Großteil der Prostitution kontrollierte und in direkter Konkurrenz zur aufstrebenden Nutella-Bande[1] stand.

Namensherkunft und Gründungsmitglieder

Der Name GMBH rührte nicht von der Unternehmensform Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) her, sondern setzte sich als Akronym aus den Initialen der vier Gründungs- und Vorstandsmitglieder zusammen:

Die vier Manager der GMBH beschäftigten 120 weitere Zuhälter und erwirtschafteten im Monat über 200.000 DM.[9] Sie hatten ein klares Firmenkonzept und ihre Sparten in Anwerbung („Poussieren“), Finanzen, Immobilien und innere Sicherheit strukturiert. Der Führungsetage GMBH folgte die zweite Riege der Prokuristen, Bordellwirtschafter, Manager mit Stabsfunktion wie einfache Sachbearbeiter. Verträge wurden nach einem bestimmten Ehrenkodex auf traditionelle Hamburger Kaufmannsart häufig allein mündlich und durch Handschlag besiegelt.

Geschichte

Die GMBH war das erste große Zuhälterkartell auf dem Kiez von St. Pauli.[10] Ihnen folgten die Nutella-Bande, die von ihnen scharf bekämpft wurden, die „Hamburger Jungs“/Marek-Bande und die Hells Angels, Charter Hamburg. Das Revier der Organisation war die Silbersackstraße (Hauptquartier in der Silbersackstr. Nr. 3) und die beiden Großbordelle Eros-Center und Palais d’Amour. Aus dem Geschäft der Zuhälterei wurden Millionenumsätze und Reinerlöse von mehreren hunderttausend DM erwirtschaftet. Auch der für seine Brutalität berüchtigte Berliner Zuhälter Andreas Marquardt, alias „Karate-Andy“, arbeitete eine Zeitlang als Inkasso-Eintreiber für die GMBH. Die Organisation, die in ihrem eigenen Vereinslokal tagte, wurde straff geführt und war bekannt dafür, dass sie ihre Prostituierten, die sie abfällig „Hühner“ nannte, häufig ausbeutete und bei Verstößen gegen die internen Regeln misshandelte. Die GMBH war ein Netzwerk aus Beteiligungen. Zu großen Teilen am Eros-Center, Reeperbahn Nr. 146, und etlichen kleineren Beteiligungen wie dem Bordell Bel Ami, die aber nicht zu 100 Prozent zur GMBH gehörten. Ähnlich wie die Nutella-Bande legte auch die GMBH großen Wert auf männliches Geschäftsgebaren und Statussymbole wie Sportwagen, teure Uhren etc. Die GMBH fing mit drei Prostituierten an, expandierte jedoch sehr schnell und begründete die aus ihrer Sicht „Goldene Zeit“ der Prostitution auf St. Pauli, die in den 1970er Jahren begann und in den 1980er Jahren endete, als eine AIDS-Welle und eine Zunahme von Schießereien und Gewalttätigkeiten im Rahmen von Revier- und Verteilerkämpfen registriert wurden und auch die Strafverfolgung durch die Hamburger Polizei verschärft wurde. Die GMBH löste gegen Ende der 1980er Jahre ihre hierarchischen Strukturen durch eigenen Beschluss auf, um weiteren polizeilichen Maßnahmen zu entgehen. Gerd Glissmann schloss in dieser Zeit die ersten Kontakte zu den Hells Angels, die sich im Eros-Center einkauften.

Tötungsdelikte im Zusammenhang mit der G.M.B.H. und Nutella-Bande

Siehe auch

Literatur

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Reeperbahn – Ludenkartelle
  2. Sein Vorname lautete möglicherweise Gerhard nicht Gerd, siehe in Hells Angels. Nicht nur Chrom geputzt. Zeit Online. 11. November 1983
  3. Thomas Hirschbiegel: Hamburgs Milieu-Größen Sie lebten in Saus und Braus – und dann war die Kohle futsch Hamburger Morgenpost vom 5. Juni 2017, S. 5, abgerufen am 16. Dezember 2020.
  4. Als die Killer auf den Kiez kamen NDR vom 15. April 2021.
  5. Thomas Hirschbiegel: Hamburgs Milieu-Größen Sie lebten in Saus und Braus – und dann war die Kohle futsch Hamburger Morgenpost vom 5. Juni 2017, S. 4, abgerufen am 16. Dezember 2020.
  6. Er war Mitglied der berüchtigten Luden-Truppe „GMBH“. Zuhälter-Legende „BEATLE“ tot. St. Pauli – Er stammte aus einer Zeit, in der sich die Könige vom Kiez noch klangvolle Künstlernamen gaben: „Lackschuh-Dieter“, „Hunde-Helmut“, „Chinesen-Fritz“, „Der schöne Mischa“ ... Und eben „Beatle“. BILD-Zeitung. 19. Mai 2011
  7. Machtkämpfe im Milieu: Der Kommissar und der Kiez. Hamburger Abendblatt vom 20. Oktober 2012
  8. Kalle Schwensen über Kiez-Autos "Ich bin eher der Limousinen-Typ". Spiegel Online. 28. Januar 2016
  9. a b Ex-Rotlicht-Größe stirbt verarmt in Pflegeheim. Die Welt. 8. Juni 2016
  10. Kein Kiez-König mehr auf St. Pauli. GMBH, Nutella, Hamburger Jungs: Diese Namen stehen für die bekanntesten Zuhälterkartelle auf Hamburgs Reeperbahn. Schillernde Kiez-Größen wie der schöne Mischa oder Lamborghini-Klaus prägten das Bild des berühmten Amüsierviertels. Jetzt regieren andere. Tagesspiegel. 19. Juli 2007
  11. »Wiener Peter« sitzt wieder im Knast, Der Spiegel, 6. April 2022
  12. Morde. Schnee auf dem Strich. Der Spiegel. 27. April 1986
  13. Als rund um die Ritze der Kiezkrieg tobte. Hamburger Abendblatt. 28. Oktober 2015
  14. Als rund um die Ritze der Kiezkrieg tobte. Hamburger Abendblatt. 28. Oktober 2015
  15. Berufskiller, Bandenkriege, Blutbäder. Hamburger Abendblatt. 12. November 2015
  16. St. Pauli-Millieu vor Gericht. Die scharfen Schüsse im Salon Bel Ami. Die Zeit. 20. Mai 1983
  17. „Jeder ist Gott … Ich bin Gott“. Die Zeit.
  18. Mord-Rekonstruktion. Die Zeit. 29. Oktober 2015
  19. Leichen pflasterten ihren Weg. TAZ-Archiv
  20. Kriminalität. Unter Strom. Der Spiegel. 13. Dezember 1987