Bert Hoffmann (* 6. Februar 1966 in Berlin) ist ein deutscher Politikwissenschaftler am GIGA German Institute of Global and Area Studies in Hamburg. Er leitet das Berlin-Büro des GIGA, ist Honorarprofessor an der Freien Universität Berlin, und Präsident des CEISAL (Europäischen Rates für sozialwissenschaftliche Lateinamerikaforschung)[1].

Bert Hoffmann, 2018

Akademischer Werdegang

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Bert Hoffmann studierte Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und promovierte dort auch mit einer Dissertationsschrift zu „The Politics of the Internet in Third World Development“. Von 1993 bis 1998 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Iberoamerika-Kunde in Hamburg (heutiger Name: GIGA Institut für Lateinamerika-Studien), von 1998 bis 2003 am Lateinamerika-Institut der FU Berlin, und seit 2003 wieder am GIGA in Hamburg. 2007 war er Gastwissenschaftler am Nuffield College, Oxford University, sowie Gastdozent an der Freien Universität Berlin im Rahmen des SFB 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“. Am GIGA leitete Hoffmann die Umstellung der Fachzeitschriften des Instituts in Open Access Journals.[2] 2014 wurde er zum Honorarprofessor an der Freien Universität Berlin ernannt.[3] Er leitet das Berlin-Büro des GIGA und ist ad interim Co-Direktor des GIGA Instituts für Lateinamerika-Studien. Seit 2023 ist der Präsident des CEISAL (Europäischen Rates für sozialwissenschaftliche Lateinamerikaforschung).[1][4]

Hoffmann forscht zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Lateinamerika. Über Kuba hat er eine politische Landeskunde[5] sowie zahlreiche Aufsätze über die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung geschrieben. Darin analysiert er unter anderem die Ablösung Fidel Castros an der Staatsspitze 2006 als Übergang von einem „charismatischen Sozialismus“ zu einem „bürokratischen Sozialismus“[6] unter seinem Nachfolger und Bruder Raúl Castro, der graduelle wirtschaftliche Reformen und mehr administrative Effizienz verspricht. In einer aktuellen Studie zu den Perspektiven der deutsch-kubanischen Beziehungen in Kultur und Bildung[7] betont Hoffmann die Vielfalt gesellschaftlicher Akteure, die von Deutschland aus ein dichtes Netz an Kontakten und Kooperation mit der Insel geknüpft haben, auch wenn die staatliche Zusammenarbeit nach wie vor schwierig ist, wie 2016 Kubas Absage an die Einrichtung eines Goethe-Instituts[8] in Havanna gezeigt hat. In einem Forschungsprojekt hat er zusammen mit Katrin Hansing die Herausbildung neuer sozialer Ungleichheiten auf der Insel untersucht. Die empirische Befragung von über 1.000 Kubanern in allen Teilen des Landes zeigt dabei eine klare Benachteiligung der Afro-Kubaner, die sehr viel weniger Zugang zu Geldsendungen von emigrierten Verwandten haben und entsprechend kaum über Kapital verfügen, um lukrative Geschäfte im sich herausbildenden Privatsektor zu gründen. Hinzu kommt, dass sie auch über weniger Besitz von Immobilien oder Häusern aus der Zeit vor der Revolution verfügen, die für die Etablierung von Bed & Breakfasts, Restaurants oder Taxi-Diensten essenziell sind. Insofern trägt die soziale Struktur der Auswanderung nach 1959, in der überwiegend die besser gestellten, mehrheitlich „weißen“ Mittel- und Oberschichten das Land verließen, heute wieder zu einer Restratifizierung der kubanischen Gesellschaft entlang von Herkunft und Hautfarbe bei[9]. Die tiefe Wirtschaftskrise in Folge der Corona-Pandemie hat diese Entwicklungen verschärft und die Frage nach der Anpassung der staatlichen Sozialpolitik an die neuen Realitäten nur noch dringlicher gemacht, wie Hoffmann in einem von ihm 2021 herausgegebenen Band betont.[10] In der aktuellen Krise bleibt die Situation im Land angespannt und der Emigrationsdruck hoch; 60 Jahre nach der Kubakrise (1962) ist auch die Abhängigkeit von Russland wieder gewachsen.[11]

Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat Bert Hoffmann die sozialen und politischen Auswirkungen der Krise in Lateinamerika und der Karibik untersucht[12][13][14][15]. Zudem hat er mit Blick auf die ökologische Geschichtsschreibung die überragende Bedeutung von Infektionskrankheiten, allen voran Gelbfieber, für die politische Entwicklung Lateinamerikas und der Karibik bis zum frühen 20. Jahrhundert beschrieben. Dabei verweist er insbesondere darauf, wie sehr diese Epidemien aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt sind und auch in der Mainstream-Geschichtsschreibung kaum vorkommen[16]. Bert Hoffmann ist gegenwärtig an dem vom DAAD geförderten German-Latin American Centre of Infection & Epidemiology Research & Training (GLACIER) beteiligt und leitet in diesem Rahmen eine vergleichende Studie zur COVID-19-Impfpolitik in Mexiko, Kuba und den sechs Staaten Zentralamerikas[17].

Weitere Forschungsthemen Hoffmanns sind die politischen Implikationen der digitalen Medien; die konzeptionelle Debatte zu vergleichender Regionalforschung (Comparative Area Studies); sowie die sich verändernden Beziehungen zwischen Staaten und ihren ins Ausland emigrierten Bürgern. Ein von ihm geleitetes Forschungsprojekt hat die Emigrant Policies[18] aller lateinamerikanischen Staaten vergleichend untersucht. Hoffmann ist Mitglied der Beiräte der wissenschaftlichen Fachzeitschriften European Review of Latin American and Caribbean Studies[19] und Mitglied im Kuratorium des Heidelberg Centrum für Ibero-Amerika-Studien (HCIAS), 2023–2026. Außerdem ist er Honorary Research Fellow at The University of the West Indies, Sir Arthur Lewis Institute of Social and Economic Studies (SALISES), Mona Campus (Jamaica), 2023–2025.

Veröffentlichungen

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Bücher

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Aufsätze (Auswahl)

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Einzelnachweise

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  1. a b Autoridades. In: Redial & Ceisal. Abgerufen am 3. Juni 2024 (spanisch).
  2. DFG fördert GIGA Journal Family (Memento vom 10. Oktober 2014 im Internet Archive)
  3. Bert Hoffmann zum Honorarprofessor ernannt (Memento vom 10. Oktober 2014 im Internet Archive)
  4. GIGA Berlin Office
  5. Kuba. Beck'sche Reihe "Lander", München: C.H. Beck, 3. Aufl. 2009 (Memento vom 21. März 2017 im Internet Archive)
  6. Bureaucratic socialism in reform mode: the changing politics of Cuba's post-Fidel era; Third World Quarterly, 37, 2016, 9, 1730-1744
  7. Wandel durch Annäherung. Perspektiven der deutsch-kubanischen Beziehungen in Kultur und Bildung; ifa-Edition Kultur und Außenpolitik, 2016
  8. DeutschlandRadio Kultur, 1. September 2016: Streitpunkt Goethe-Institut. Deutsch-kubanisches Kulturabkommen droht zu scheitern
  9. When Racial Inequalities Return: Assessing the Restratification of Cuban Society 60 Years After Revolution
  10. Hoffmann, Bert (ed.): Social Policies and Institutional Reform in Post-COVID Cuba; Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2021
  11. Hoffmann Bert: Erschöpfte Revolution. Abgerufen am 29. Oktober 2022.
  12. Assessing the Political and Social Impact of the COVID-19 Crisis in Latin America, GIGA Focus Latin America, 03/2020; Hamburg: GIGA (zus. mit Merike Blofield und Mariana Llanos)@1@2Vorlage:Toter Link/www.giga-hamburg.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  13. Policy Responses to the COVID-19 Crisis and the Road Ahead; GIGA Focus Latin America, 07/2020, Hamburg: GIGA (zus. mit Merike Blofield)
  14. Fluch der Karibik [Corona-Folgen für die Karibik; Internationale Politik und Gesellschaft, 29. April 2020]
  15. Bert Hoffmann: Der Segen der Karibik Das Erfolgsgeheimnis der schnellen Impfkampagnen vieler Karibikstaaten? Der Dritte zu sein, wenn zwei sich streiten. In: Internationale Politik und Gesellschaft. 26. März 2021, abgerufen am 3. Mai 2021 (deutsch).
  16. Repressed memory: Rethinking the impact of Latin America’s forgotten pandemics; European Review of Latin American and Caribbean Studies (109), 203–211
  17. DAAD: Globale Zentren für Klima und Umwelt sowie Gesundheit und Pandemievorsorge. DAAD, April 2021, abgerufen am 3. Mai 2021 (deutsch).
  18. Polities beyond Borders. The New Dynamics of Emigrant Politics and Policies in Latin America. Abgerufen am 29. Oktober 2022 (deutsch).
  19. European Review of Latin American and Caribbean Studies (ERLACS)
Personendaten
NAME Hoffmann, Bert
KURZBESCHREIBUNG deutscher Politikwissenschaftler
GEBURTSDATUM 6. Februar 1966
GEBURTSORT Berlin