Villa Strohl-Fern ist die Bezeichnung für das Gelände mit Palazzo und Chalets im Westen des Parks der Villa Borghese in Rom, bekannt für die „Studios“ und „Ateliers“, welche Alfred Strohl-Fern prominenten Künstlern im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zur Verfügung gestellt hatte.
Die Villa Strohl-Fern liegt auf der Erhebung von Monte Parioli, nur wenige Meter von der Piazza del Popolo entfernt. Linker Hand des Haupteingangs sind die Gärten der Villa Borghese. Aus der Vogelperspektive aufgenommen bekommt man eine Idee zu der Lage und Größe der 80.000 Quadratmeter, welche quasi die Form eines Dreiecks bilden: nach Westen der Piazzale Flaminio, im Norden die Viale di Valle Giulia, sichtbar mit Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia begrenzt und im Osten liegt der monumentale Eingang der Villa Borghese.[1] Villa Strohl-Fern verfügt über drei Eingänge: einen auf der Via di Villa Ruffo (Piazzale Flaminio), den zweiten am Piazzale di Villa Giulia und den dritten, heutigen Zugang, in der Viale Madams Letizia (Villa Borghese).
Alfred Strohl-Fern (* 1847 in Markirch; † 1927 in Rom), ein wohlhabender, aus dem Elsass stammender Bildhauer, Kunstmäzen[2] und Idealist mit philanthropischen Neigungen, erwarb 1879 in Rom ein acht Hektar großes Grundstück am Monti Parioli unweit der Piazza del Popolo. Er hatte die Utopie, Künstler aller Nationen und Kunstgattungen in seiner nach ihm benannten Villa zu vereinen. Strohl gab der Villa seinen Namen und fügte in Andeutung auf sein Exil das Adjektiv „fern“ hinzu.
Dazu errichtete er nach eigenen Plänen Villen, Künstlerateliers und -wohnungen und urbanisierte das damalig wilde Gelände mit Gärten und der Parkanlage. Das Ergebnis waren neugotische Gebäude und elegante, zweistöckige Chalets in einem Park mit schöner Aussicht gelegen und archäologischen Funden entlang der Alleen. Strohl-Fern war ein Liebhaber der klassischen Antike und hatte einen großen Garten mit römischen Antiquitäten gefüllt. Der Park selbst hatte künstliche und natürliche Eigenschaften wie Zement-Bäume, mit Stalaktiten geschmückte Brunnen, Becken mit Goldfischen, falsche und echte Grotten, überdachte Brücken, einen künstlichen See und einen Obstgarten und Gemüsegarten.[3][4] Der Obergärtner der Gärtnerlehranstalt Köstritz Willy Vögler-Scherf übernahm 1900 die Leitung der deutschen Handelsgärtnerei auf Villa Strohl-Fern.[5]
Alfred Strohl-Fern selbst lebte in einem abgeschlossenen Bereich im „Palazzo di Strohl“, auch „Palazzo Grande“ genannt,[6] um hier als Maler, Bildhauer, Photograph, Schriftsteller und Komponist tätig zu sein. Seine stumme Schirmherrschaft war ruppig, doch recht großzügig, da er eine geringe Gebühr für die Ateliers und Studios verlangte, in welchen die Künstler an der Wende des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wohnten und arbeiteten. Zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Villa Strohl-Fern zu einem wichtigen Zentrum geworden und mit seinen achtundzwanzig Studios sehr begehrt. 1882 waren bereits über neun Chalets, die „Studio di Pittura e Scultura“, fertiggestellt. Viele deutsche Künstler mit traditioneller „Italiensehnsucht“ wie Franz Lenbach, Ludwig Seitz, Max Klinger, Louis Tuaillon oder die Deutschrömer wie Anselm Feuerbach, Hans von Marées oder Adolf von Hildebrand hatten sich für die wichtigsten Jahre ihrer Ausbildung Italien gewählt, manche Rom, aber auch Florenz und Venedig. Arnold Böcklin gehörte ab 1880 zu den ersten Künstlern mit Aufenthalt in der Künstlerkolonie. Die Villa Strohl-Fern war nicht nur der Zufluchtsort für Künstler in Rom, sondern wurde auch zu einem Ort der Referenz von Malern, Bildhauern, Musikern und Schriftstellern. Ab 1883 mietete die Königliche Akademie der Künste zu Berlin für ihre Rom-Stipendiaten Ateliers der Villa Strohl-Fern an.[7] Der Bildhauer Robert Cauer hatte ab Oktober 1883 den Auftrag der preußischen Regierung, die Stipendiaten vor Ort zu beaufsichtigten und löste seinen Vorgänger, den Bildhauer Paul Otto, ab.[8] Doch gab es viel zu wenig Ateliers, um die nach Rom strebenden Künstler aufzunehmen.
„Im Interesse der in Rom studierenden Stipendiaten der Berliner Akademie hat diese wohl drei Ateliers in den Gärten der Villa Strohl-Fern vor der Porta del Popolo gemietet; diese Räume reichten aber seit langem nicht mehr aus, da alljährlich studienhalber mindestens vier neue Stipendiaten der Akademie allein nach Rom zu reisen verpflichtet wurden, und viele jüngere preussische Künstler, die ihren Studien in Rom obliegen, die bei weitem teurern Privatateliers zu mieten gezwungen waren.“[9]
Erst ab 1913 konnten die Stipendiaten mit Rom-Preis in der Villa Massimo unterkommen.
Anton Giulio Bragaglia drehte 1916 in der Villa Strohl-Fern den futuristischen Film „Thaïs-Les Possédées“ mit den Schauspielern Thaïs Galitsky, Liena Leonidoff, Augusto Bandini (Oskar), Alberto Casanova. Das Bühnenbild gestaltete Enrico Prampolini.[10]
Nach dem Tod von Alfred Strohl-Fern ging das Anwesen 1927, mit einer Reihe von gewollten Bedingungen, an die Französische Regierung. Einige Künstler blieben auf dem Anwesen und arbeiteten weiterhin in ihren Ateliers. Doch die meisten der Studios verfielen. In 1934 eröffnete die aus Russland stammende Bildhauerin Lidija Aleksandrovna Trenina Franketti[11] zusammen mit ihrem Mann, dem Maler Vladimir Feliksovič Franketti, ein Studio und eine Kunstschule in der Villa Strohl-Fern.[12]
Bis 1944 war die Villa im Besitz des französischen Gouverneurs von Rom und das Gelände für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Zweiten Weltkrieg, ab dem Eintritt Italiens gegen Frankreich im Juni 1940, verkaufte der Kanzler der Botschaft neben den Werken von Strohl auch die Möbel und alte Musikinstrumente an Second-Hand-Händler. Ab 1957 wurden dem Gymnasium Lycée Chateaubriand di Roma Räumlichkeiten auf dem Gelände zugewiesen.[13]
1984 wurde die „Vereinigung der Freunde von Villa Strohl-Fern“ (Associazione Amici di Villa Strohl-Fern) von Antonello Trombadori gegründet. Ziel der Gruppe von Künstlern und römischen Intellektuellen war der Schutz der territorialen Einheit und der Landschaftsarchitektur, um den Nachlass von Alfred Strohl zu erhalten. Seit 2005 ist der Zugang zur Villa Strohl-Fern, dank der Vereinbarung zwischen Italien mit der Stadt Rom und Frankreich wieder möglich. So wurden 2005 in diesem Sinne Pläne zur Erhaltung und Nutzung des Geländes gemacht und ab 2010 umgesetzt.[14]
Im „Palazzo Grande“ waren die Studios Nr. 1 bis Nr. 7. Das Studio Nr. 6 im „Palazzo Grande“ war der Wohnsitz des Verwalters mit seiner Familie. Studio Nr. 9, welches heute nicht mehr besteht, wurde mit „Palazzina Liberty“ bezeichnet.
An der „Viale degli studi“ lagen die Studios, darunter Nr. 12, 22, 23, 24, 25 und 28, welche mit ihren Dachfenstern, Treppen, Türen, Fenstern in ihren Dimensionen gleich waren, nur im Material der Wände oder Böden gab es Unterschiede, manche waren aus Stein andere in Beton.
Das Studio Nr. 12, das Trombadori Atelier, besteht aus einem großen Raum von etwa acht Metern Höhe, mit einem Dachfenster in der Decke und an der Nordwand. Eine Holztreppe führt in den Ziegeldachboden, von welchem man nach Süden sowohl in das Studio als auch auf die Straße blicken kann. Dazugehörig ein privater Garten. Der erste Vertrag zu Studio 12 wurde 1883 mit der Preußischen Akademie der Künste geschlossen. Stipendiaten der Akademie arbeiteten dort im Wechsel bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges. Später übernahm es der Maler Cipriano Efisio Oppo (1891–1962), der es mit Francesco Trombadori 1931 verließ.[15] Seit 1985 steht Trombadoris Atelier unter Denkmalschutz, enthält Einrichtungsobjekte aus der Epoche, mehrere Werke sowie das Archiv und die Bibliothek des Malers.[16]
Im hinteren Teil des Parks auf einer Brücke gebaut gab es das „Studio al Ponte“, die Nr. 8, ein kleines Gartenhaus aus Holz. Hier verbrachte Rainer Maria Rilke den Winter 1903/1904.[17][18] Der Maler Otto Sohn-Rethel, ein Freund der Maler der Künstlerkolonie Worpswede, hatte ihm sein Studio überlassen.