Theodor Prachensky (* 7. Juni 1888 in Innsbruck; † 23. Februar 1970 ebenda) war ein österreichischer Architekt und Maler. Er zählt mit seinem Bruder Wilhelm Nikolaus Prachensky und Lois Welzenbacher, Clemens Holzmeister, Franz Baumann sowie Siegfried Mazagg zu den maßgebenden Architekten der Zwischenkriegszeit in Tirol. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Architekt widmete er sich der Malerei und schuf auch in diesem Genre ein weit über die Grenzen der Region hinaus beachtetes Werk.[1]

Prachensky Selbstporträt

Biografie

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Theodor Prachensky kam 1888 als Sohn des deutsch-böhmischen Schriftsetzers Josef Filipp Prachensky und der Maria Ursula, geborene Rehbichler, in Innsbruck-Hötting zur Welt. Er war das zweite von drei Kindern, seine ältere Schwester Emmy wurde 1886 und sein jüngerer Bruder Wilhelm Nikolaus 1898 geboren. Mutter Maria Ursula hatte Kitzbüheler Wurzeln. Vater Josef Filipp war nicht nur ein besonders guter Sänger, sondern auch ein engagiertes Mitglied in der sozialdemokratischen Bewegung. Das führte dazu, dass sich Theodor Prachensky in seinem späteren Beruf als Architekt für soziale Bauvorhaben nicht nur besonders einsetzte, sondern sich auch spezifischer Bauaufgaben und Projekte der Sozialdemokraten annahm (z. B. Volkshaus Innsbruck). Theodor Prachensky war durch die Parteizugehörigkeit seines Vaters auch in ideologischer Hinsicht beeinflusst und notierte in einer Autobiografie (Familienbesitz): „1914: Der Erste Weltkrieg begann. 1915 wurde ich Soldat und zwar als Einjährig-Freiwilliger beim 1. Regiment der Tiroler Kaiserjäger. Durch meine politische Einstellung, auch war ich schon Vater, hatte ich für militärische Ambitionen nichts übrig ... Begeisterter Soldat war ich nie. Gott sei bedankt, ich hatte mir durch das viele Berglaufen ... eine Herzerweiterung geholt, welche mir das Leben rettete … Auf einmal waren die Nazi da, zur Freude meiner Buben und fanatischen Schwager Franzl [Baumann, Anm.]. Ich stand der Sache skeptisch gegenüber, was mir den Vorwurf meiner Lieben brachte ... Als etwas geschulter Politiker ... sah ich frühzeitig ein, dass der Führer zum Krieg drängt. Prompt ist er auch eingetroffen.“ Theodor Prachenksy absolvierte die Staatsgewerbeschule, Abt. Höhere Baufachschule. 1909 bis 1911 verbrachte er in Meran, wo er für Musch & Lun arbeitete. 1912 nahm er erstmals an einem Architekturwettbewerb teil – an jenem zur Verbauung der Zelgergründe in Innsbruck – und sorgte mit seinem Beitrag auf Anhieb für Aufsehen. Den folgenden beruflichen Durchbruch begleiteten seine Heirat mit Maria Baumann (Schwester von Architekt Franz Baumann), seine Familiengründung und nicht zuletzt der Bau des Hauses Prachensky am Innsbrucker Bergisel. Unter den schlechten wirtschaftlichen Voraussetzungen der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gestalteten Theodor Prachensky und Jakob Albert für das Stadtbauamt von Innsbruck bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1919/20 ein Wohnhaus in der Rosegger-Straße, 1922 bis 1925 den Schlachthofblock, 1926/27 den Pembaurblock, 1927 bis 1929 den Mandelsbergerblock, 1930 die Wohnanlage in der Rudolf-Greinz-Straße und 1930 bis 1932 den Sennblock, nachdem mehrere Anläufe, in den östlichen Stadtteilen von Innsbruck Einfamilien- bzw. Reihenhaussiedlungen im großen Stil zu planen, zu keinen nachhaltigen Ergebnissen geführt hatten. In der Zeit des Nationalsozialismus absolvierte Prachensky 1939–1945 den Kriegsdienst, stellte aber auch 1940, 1942 und 1944 auf den Innsbrucker „Gau-Kunstausstellungen“ aus, wo er 1942 er den 1. Preis für Grafik erhielt. Auch publizierte er 1939/40 zu seinen Kriegserlebnissen, versehen mit eigenen Illustrationen, im nationalsozialistischen Periodikum „Bergland. Illustrierte alpenländische Monatsschrift“.[2]

Pembaurblock

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Dem Schlachthofblock im Saggen folgte die Realisierung des Pembaurblocks in Pradl (1926/27).

Pembaurblock 1

Bei den Kleinwohnungen des Typs A gelangten die Architekten Jakob Albert und Theodor Prachensky zu eleganteren Grundrisslösungen als zuvor: Sie legten Wohnküchen mit Loggien an der Seite des Hofes und zwei ca. gleich große Zimmer in Richtung zur Straße an. Darüber hinaus nahmen sie einen Bauteil, der in Innsbruck eine lange Tradition hat, konsequenter als zuvor in ihre Konzeptionen auf: den Erker. Diese Vorbauten übernehmen die Aufgabe, die Straßenfronten zu rhythmisieren und den Bewohnern einen guten Einblick in den Straßenraum zu gewährleisten. Als Meisterwerk des Innsbrucker sozialen Wohnbaus kann die Gestaltung des Innenhofes des Pembaurblocks betrachtet werden.

Pembaurblock 2

Die Architekten legten im Zentrum des Hofraumes ein abgesenktes Terrain an, das von einer schützenden Mauer eingefasst wurde. Da der tiefer liegende Bereich vor allem den Kindern als Spielplatz zugedacht war, wurde er mit einem Sandbecken bzw. Bassin ausgestattet. An der Nordseite des Hofes wurde das Niveau höher gelegt und hier das Gebäude einer Mutterberatungsstelle (heute ebenfalls Kindergarten) platziert. Der einstöckige Bau wird seitlich von zwei abgerundeten, vierstöckigen Türmen flankiert. Die beiden Bauteile mit vertikaler Ausrichtung schließen den Pembaurblock zur Nordkette hin ab. In jedem ihrer Stockwerke befindet sich ein Zimmer in besonders schöner Aussichtslage, von dem aus der gesamte Hofraum überblickt werden kann. Die meisterhafte Inszenierung dieser Innenhof-Situation wurde sofort nach der Fertigstellung des Blocks erkannt. Eine aus der Entstehungszeit stammende Fotografie mit drei am Planschbeckenrand sitzenden Kindern zeigt die Innenhof-Landschaft mit dem Panorama der sich hinter dem Block erhebenden Nordkette mit Seegrube und Hafelekar. Die Architekten hatten es also als fundamentalen Bestandteil der Wohnatmosphäre in diesem Block betrachtet, die vierte Seite des Hofes nicht in gleicher Höhe zu verbauen, sondern die Sicht auf die Innsbrucker Hausberge in ihr „Wohnbaukonzept Pembaur-Straße“ zu integrieren (die Verbauung fand erst in späterer Zeit statt). Dem Wohnblock sollten noch viele folgen, u. a. der Mandelsbergerblock, in dessen Umfeld Theodor Prachensky ebenfalls ein (nicht realisiertes) Kindergartenprojekt entwarf.

Kindergarten- und Schulbauten

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In den Jahren von 1929 bis 1931 schuf Theodor Prachensky gemeinsam mit seinem Schwager Franz Baumann die noch heute so bezeichnete „Hauptschule Hötting“. Dem Bauvorhaben ging ein Wettbewerb voraus, bei dem anfänglich Theodor Prachensky als Sieger hervorging. Er hatte ein zweites Projekt gemeinsam mit seinem Schwager Franz Baumann eingereicht, das mit dem zweiten Preis ausgezeichnet wurde. Auch diese Schule sollte anfänglich größer dimensioniert werden und einen Bauteil für Mädchen- und einen für Buben umfassen. Nachdem die Finanzierung dafür aber nicht gesichert werden konnte, mussten die beim Wettbewerb eingereichten Projekte überarbeitet werden. Unter den neuerlich eingereichten Projekten war das von Theodor Prachensky und Franz Baumann gemeinsam gestaltete erfolgreich und wurde umgesetzt. Die hohe Qualität des dreigeschossigen Baukörpers, dessen geometrische Form aus Quadern zusammengesetzt ist, liegt vor allem in den klaren Linienführungen und dem ruhigen, geordneten Verlauf der Fassaden begründet. Die horizontalen Strukturen lösen die Flächen des großen Volumens auf und geben dem eher großen Baukörper ein elegantes Aussehen. Die aus der Ecksituation herausfließenden Stufen, welche das Straßenniveau mit dem um 2,70 m höher liegenden Erdgeschoss verbinden, und die darüber als Eingangsüberdachung auskragende Betonplatte laden den Besucher förmlich zum Eintreten ein. Ein weiteres bemerkenswertes Detail dieses Baues ist, dass alle Erschließungswege im Inneren zum Licht hinführen und auch alle Klassenzimmer vom Licht durchflutet sind. Helligkeit, Zweckmäßigkeit und Schlichtheit sind die Prinzipien, auf denen das architektonische Konzept für diesen Schulbau aufbaut. Damals war die Hauptschule ein relativ neuer Pflichtschultyp in Österreich, und das Schulgebäude in Hötting gehört nicht zuletzt wegen der schlüssigen Verbindung vom „neuen Lernen“ als soziales Anliegen mit einer konkreten architektonisch-ästhetischen Aussage zu den wichtigsten Bauten aus der Zwischenkriegszeit in Innsbruck.

Arbeitsamt Innsbruck

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Die Umsetzung sozialer Kriterien in die Sprache der Architektur spielte auch beim ehemaligen Innsbrucker Arbeitsamt (Schöpf-Straße, hinter dem heutigen AMS-Gebäude) eine Rolle.

Theodor Prachensky, Arbeitsamt Innsbruck (heute Universitätsinstitut)

Theodor Prachensky errichtete auch dieses gemeinsam mit Jakob Albert in den Jahren 1931/32. Über die Bauaufgabe schrieb Friedrich Achleitner: „In den dreißiger Jahren wurden als Folge der wirtschaftlichen Lage viele Arbeitsämter gebaut. Da die Bauaufgabe traditionell nicht belastet war, hatten die Architekten Gelegenheit, durchwegs moderne Bauten zu errichten.“[3] Das Gebäude wird seit längerer Zeit von der Universität Innsbruck benützt und wurde innen baulich so stark verändert, dass heute nur noch seine äußere architektonische Struktur nachvollziehbar ist. Der Bau wurde auf leicht abfallendem Gelände errichtet und diese topographische Situation dazu benützt, ihn von einem Mittelrisalit zu erschließen, der genau an der Geländekante positioniert wurde. Der zentrale Eingang wurde aber nicht von den vielen Arbeitssuchenden benützt, die es zur Zeit der Errichtung des Gebäudes gab, sondern von den Mitarbeitern. Im Innsbrucker Stadtarchiv ist nur ein schlecht erhaltener Satz an Blaupausen zum alten Arbeitsamt erhalten, es ist aber gerade noch erkennbar, dass die beiden an den Seiten bestehenden, abgerundeten Treppentürme die eigentlichen Eingänge bildeten: Einer wurde von den weiblichen, der andere von den männlichen Arbeitslosen benützt. Von dort aus erreichten die Arbeitssuchenden je einen großen Warteraum. Die weitere Inneneinrichtung war so konzipiert, dass ein möglichst flüssiger Zu- und Abgang zu den Schaltern gewährleistet war. In der mittleren Zone des Gebäudes, hinter dem Mittelrisalit, befand sich der Bereich, der den Mitarbeitern des Arbeitsamtes für ihre Beratungs- und Vermittlungstätigkeit zur Verfügung stand. Im Obergeschoss wurde dasselbe Grundrisskonzept in adaptierter Form weiterverfolgt.

Künstler und „Stadtbaumeister“

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In Bezug auf das Lebenswerk Theodor Prachenskys als Architekt müssen zwei Dinge hervorgehoben werden, sein künstlerisches Talent und seine Stellung als „Stadtbaumeister“: Die städtebauliche und architektonische Prägung, die Innsbruck aufgrund seiner Arbeit und der Jakob Alberts erfahren hat, ist wohl den wenigsten Einwohnern der Stadt bewusst. Aber schon alleine die Tatsache, dass eine Vielzahl der von ihnen realisierten Bauten nach wie vor in Funktion steht bzw. bewohnt ist, spricht für die Qualität der architektonischen Gestaltung.

Theodor Prachenskys Nachlass besteht zu einem großen Anteil aus Schaubildern. Teils kolorierte, teils unkolorierte Perspektiven geben uns heute noch beredte Auskunft über Geplantes und nicht Verwirklichtes. Der große Einsatz und Fleiß, mit dem sich Theodor Prachensky für die architektonische und städtebauliche Entwicklung seiner Heimatstadt eingesetzt hat, bleibt nicht zuletzt durch diese wertvollen Bilder unvergessen. Er starb am 23. Februar 1970 im Alter von 82 Jahren.

Theodor Prachensky – Werkverzeichnis Architektur

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Dokumentierbare Bauten und Projekte

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Nicht eindeutig zuordenbare Pläne, Skizzen und Schaubilder

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Städtebauliche Entwürfe

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In Zusammenarbeit mit Manfred Prachensky

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In Zusammenarbeit mit Wilhelm Nikolaus Prachenksy

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Preise bei Wettbewerben

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Einzelnachweise

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  1. Bettina Schlorhaufer, Matthias Boeckl: Theodor Prachensky – Architekt und Maler. Tiroler Kulturinitiative, Innsbruck-Bozen 2006, ISBN 3-9501186-5-9.
  2. Carl Kraus, Hannes Obermair (Hrsg.): Mythen der Diktaturen. Kunst in Faschismus und Nationalsozialismus – Miti delle dittature. Arte nel fascismo e nazionalsocialismo. Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol, Dorf Tirol 2019, ISBN 978-88-95523-16-3, S. 140–141.
  3. Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert: Ein Führer in drei Bänden. Band 1 (Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg). Salzburg/ Wien 1980, DNB 550872566, S. 358.
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Commons: Theodor Prachensky – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Personendaten
NAME Prachensky, Theodor
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Architekt und Maler
GEBURTSDATUM 7. Juni 1888
GEBURTSORT Innsbruck
STERBEDATUM 23. Februar 1970
STERBEORT Innsbruck