TOF-Kameras sind 3D-Kamerasysteme, die mit dem Laufzeitverfahren (englisch: time of flight, TOF, auch ToF) Distanzen messen. Sie werden nach dem verwendeten PMD-Sensor auch PMD-Kameras genannt.[1] Dazu wird die Szene mittels eines Lichtpulses ausgeleuchtet, und die Kamera misst für jeden Bildpunkt die Zeit, die das Licht bis zum Objekt und wieder zurück braucht. Die benötigte Zeit ist direkt proportional zur Distanz. Die Kamera liefert somit für jeden Bildpunkt die Entfernung des darauf abgebildeten Objektes. Das Prinzip entspricht dem Laserscanning mit dem Vorteil, dass eine ganze Szene auf einmal aufgenommen wird und nicht abgetastet werden muss.

TOF-Kameras sind im Gegensatz zu anderen Methoden eine relativ neue Entwicklung. Die Systeme können im Entfernungsbereich von einigen Dezimetern bis ca. 40 m eingesetzt werden. Die Distanzauflösung beträgt dabei etwa 1 cm, die lateralen Auflösungen erreichen etwa 200 × 200 Pixel. Ein Vorteil dieser Kameras ist die hohe Bildwiederholrate von bis zu 512 Bildern pro Sekunde.[2]

Aufbau

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Eine TOF-Kamera besteht mindestens aus folgenden Komponenten:

Funktionsweise

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Prinzip von TOF-Kameras

Die einfachste Form von TOF-Kameras arbeitet mit Lichtpulsen: Die Beleuchtung wird für einen kurzen Moment eingeschaltet, der Lichtpuls beleuchtet die Szene und wird an den Objekten reflektiert. Das Objektiv der Kamera sammelt dieses Licht und bildet die Szene auf dem Sensor ab. Abhängig von der Distanz erfährt das auf die einzelnen Pixel auftreffende Licht eine Verzögerung. Da sich das Licht mit Lichtgeschwindigkeit (in der Luft ca. 299.710 Kilometer pro Sekunde) ausbreitet, sind diese Zeiten sehr klein: Die Laufzeit des Lichts von der Kamera zu einem 2,5 m entfernten Gegenstand und zurück zur Kamera beträgt:

Aufgrund des Auswertungsprinzips (s. u.) bestimmt die Pulslänge der Beleuchtung t0 den maximalen Distanzbereich, den die Kamera abdecken kann. Mit einer Pulslänge von 50 ns können Distanzen bis zu

gemessen werden. Diese kurzen Zeiten zeigen, dass die Beleuchtung ein kritischer Teil des Systems ist. Nur mit ausgesuchten LEDs oder mit aufwendiger anzusteuernden Lasern ist es möglich, solch kurze Pulse zu erzeugen.

Die einzelnen Pixel bestehen aus einem fotoempfindlichen Element (z. B. Fotodiode), es wandelt das Licht in einen Strom um. An die Fotodiode sind einer oder mehrere schnelle Verschlüsse oder Schalter angebracht, welche nur für einen ganz bestimmten Zeitraum das elektrische Signal durchlassen. Ein nachgeschaltetes Speicherelement summiert das Signal auf.

In der Beispielskizze arbeitet das Pixel mit 2 Schaltern (G1 und G2) und Speicherelementen (S1 und S2). Die Schalter werden mit einem Pulssignal mit der gleichen Länge wie der Lichtpuls angesteuert, wobei das Steuersignal für G2 um eine Pulslänge verschoben ist. Trifft nun das reflektierte Licht verzögert auf das Pixel auf, so gelangt nur ein Teil des Signals in das Speicherelement S1, der andere Teil wird in S2 gesammelt. Je nach Distanz verändert sich also das Verhältnis von S1 und S2, wie es in der zweiten Grafik dargestellt ist. Da innerhalb von 50 ns nur sehr wenig Licht gesammelt werden kann, wird nicht nur ein Puls, sondern mehrere Tausend mit einer Repetitionsrate von (tR-1) ausgesandt und gesammelt, was die Signalstärke erhöht.

Nach der Aufnahme werden die Pixel ausgelesen, und die nachfolgende Stufe misst die Signale S1 und S2. Da die Länge des Lichtpulses bekannt ist, kann die Distanz wie folgt berechnet werden:

Im Beispiel sind S1 = 0,66 und S2 = 0,33. Die Entfernung ist somit

Hintergrundlicht ergibt auf den beiden Speicherelementen einen zusätzlichen Signalanteil. Um diesen zu eliminieren, kann die Aufnahme noch einmal mit inaktiver Beleuchtung durchgeführt werden und diese Werte von den Signalen mit Beleuchtung abgezogen werden. Sind die Objekte weiter als der Distanzbereich entfernt, so ergeben sich mit der obigen Formel falsche Distanzwerte. Das kann auch mit einer zweiten Messung, bei der die Schaltsignale nochmals um t0 verschoben werden, unterdrückt werden. Andere Systeme arbeiten anstelle der Pulse mit einer Sinusmodulation, bei der die Anforderungen an die Flankensteilheit der Beleuchtung kleiner sind.

Vor- und Nachteile

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Vorteile

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Nachteile

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Anwendungsgebiete

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Distanzbild aufgenommen mit TOF-Kamera zur Gestensteuerung

Automobile Anwendungen

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TOF-Kameras werden als Fahrerassistenz- und Sicherheitssensoren im Automobilbereich eingesetzt. Dazu zählen Anwendungen wie der aktive Fußgängerschutz, Notbremsassistent, aber auch im Innenraum, wie die Überprüfung auf korrekte Fahrposition.[4][5]

Mensch-Maschinen-Schnittstellen / Gaming

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Durch die Echtzeitfähigkeit der TOF-Kameras können die Bewegungen eines Menschen verfolgt werden. Daher eröffnen sich neue Interaktionsmöglichkeiten mit den Geräten. Neben der Steuerung von z. B. Fernsehern ist die Anwendung der TOF-Kameras an Spielkonsolen ein interessantes Thema.

Messtechnik / Industrielle Bildverarbeitung

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Vermessung von Objekten mit Hilfe von 3D-TOF-Bildern

Durch die dritte Dimension lassen sich Messaufgaben wie die Bestimmung von Füllhöhen in Silos oder die Volumenermittlung von Stückgütern einfach bewerkstelligen. In der industriellen Bildverarbeitung profitieren zum Beispiel Roboter, die Gegenstände von einem Förderband aufnehmen müssen, von der zusätzlichen Höhenangabe. Türsteuerungen können mit Hilfe der Höhe einfach zwischen Tieren und Menschen unterscheiden.[6][7]

Robotik

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Ein weiteres Einsatzgebiet sind mobile Roboter: Mit dem Umgebungsbild in Echtzeit können fahrbare Roboter ihre Umgebung schnell überblicken, Hindernissen ausweichen oder zum Beispiel einer Person folgen. Mit Hilfe einer TOF-Kamera kann aus vielen einzelnen Aufnahmen eine Karte der Umgebung erstellt werden.

Medizin

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Patientenpositionierung mit Hilfe von 3D-TOF-Bildern

TOF-Kameras können auch als zusätzliche bildgebende Modalität in der Medizintechnik eingesetzt werden. Beispiele für diese Anwendungen werden im Folgenden kurz aufgezeigt:

Mobiltelefone

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In Mobiltelefonen werden TOF-Kameras verwendet, um fotografische Effekte wie eine geringe Schärfentiefe per Software nach der Aufnahme zu simulieren. Auch Augmented-Reality-Anwendungen profitieren von der Technologie. Einfache 3D-Scans sind zwar grundsätzlich mit TOF-Kameras möglich, aufgrund der beschränkten räumlichen Auflösung jedoch nur als Ergänzung zu photogrammetrischen Verfahren sinnvoll. Grundsätzlich lässt sich mit TOF-Kameras in gewissem Umfang auch die Funktion eines aktiven Nachtsichtgeräts simulieren, das basiert aber im Wesentlichen auf der eingesetzten Infrarotbeleuchtung.

Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Christoph Heckenkamp: Das magische Auge – Grundlagen der Bildverarbeitung: Das PMD Prinzip. In: Inspect. Nr. 1, 2008, S. 25–28.
  2. TOF-Kamera von ESPROS mit bis zu 512 fps. (PDF) Abgerufen am 27. April 2017.
  3. Bluetechnix bringt ToF 3D-Kamera mit 160 fps auf den Markt (Memento des Originals vom 17. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ptext.at
  4. Michael Paintner: Alles im Blick – Fahrerassistenz- und Sicherheitsfunktionen mit einer 3D-PMD-Kamera. In: AutomobilKonstruktion. Nr. 2, 2007, S. 66–67 (PDF-Datei; 954 kB).
  5. Gerd Kucera: NoAE-Innovationspreis der Automobilindustrie für 3-D-Kamera erhalten (Memento des Originals vom 13. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.elektronikpraxis.vogel.de. In: Elektronik Praxis. 10. August 2009, abgerufen am 11. August 2009.
  6. Siehe auch die erste 3D-Industriekamera, die von der Firma ifm electronic GmbH in Zusammenarbeit mit der PMDTechnologies GmbH entwickelt wurde.
  7. siehe auch die in einem Forschungsprojekt in der Schweiz zusammen mit dem CSEM entwickelte TOF-Kamera ESPROS/TOF.
  8. Frederik Geissler, Rafael Heiß, Markus Kopp, Marco Wiesmüller, Marc Saake: Personalized computed tomography – Automated estimation of height and weight of a simulated digital twin using a 3D camera and artificial intelligence. In: RöFo - Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der bildgebenden Verfahren. 3. November 2020, ISSN 1438-9029, S. a–1253–8558, doi:10.1055/a-1253-8558 (thieme-connect.de [abgerufen am 30. Januar 2021]).