Rudolph Stratz

Rudolph Heinrich Stratz (* 6. Dezember 1864 in Heidelberg; † 17. Oktober 1936 in Bernau am Chiemsee) war ein erfolgreicher, heute weitgehend vergessener Romanschriftsteller.

Leben

Rudolph Stratz war der Sohn des begüterten Großkaufmanns Heinrich Stratz aus Odessa. Die Familie stammte ursprünglich aus Wildgutach im Schwarzwald[1], der Großvater Sebastian war unter Katharina II. nach Russland eingewandert. Stratz verbrachte seine Kindheit und Jugend in Heidelberg, wohin seine Mutter, eine aus Wien stammende Edle von Thomann, im Frühjahr 1864 gezogen war, um ihren Kindern Deutschland näher zu bringen. Als russische Staatsbürger geboren bzw. durch Heirat geworden, gelang der Familie nach der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht (Opoltschenije) in Russland zum 13. Januar 1874 mit Hilfe der Großherzogin Luise von Baden im Jahr 1876 die Entlassung aus der russischen Untertanenschaft und die Aufnahme in das Großherzogtum Baden.[2] Sein Bruder Carl Heinrich war ein bekannter Gynäkologe.[3] Zwei weitere Brüder gingen später wieder nach Russland.

Nach dem Abitur in Heidelberg begann er an der Universität Leipzig und der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin Geschichte zu studieren. 1883 wurde er im Corps Teutonia Berlin recipiert.[4] Im selben Jahr trat er in die Preußische Armee ein. Nach dem Besuch der Kriegsschule in Potsdam wurde er beim Leibgarde-Infanterie-Regiment (1. Großherzoglich Hessischen) Nr. 115 in Darmstadt Leutnant. 1886 beendete er den Militärdienst, um sein Studium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Georg-August-Universität Göttingen wieder aufzunehmen. Zwischenzeitlich unternahm er größere Reisen; so bereiste er 1887 mit seinem Bruder Carl Heinrich Äquatorialafrika. Mit dem 1888 und 1889 erschienenen zweibändigen Werk Die Revolutionen der Jahre 1848 und 1849 in Europa versuchte der damals 24-jährige erfolglos, ohne formales Studium und mündliches Examen einen Doktorgrad zu erlangen.[2] 1890 ließ er sich in Kleinmachnow bei Berlin nieder und begann Schauspiele, Novellen und Romane zu schreiben. 1891 bis 1893 war er Theaterkritiker bei der Neuen Preußischen Zeitung. Von 1890 bis 1900 verbrachte er während der Sommer viel Zeit in der Gegend seiner Heimatstadt, im neckaraufwärts von Heidelberg gelegenen Nachbarort (heute Stadtteil) Ziegelhausen. Ein bescheidenes, von dichter Vegetation umgebenes Wochenendhäuschen diente ihm als Unterkunft und bot ihm Ruhe, um an seinen Romanen zu arbeiten. Hoch am Hang des Hahnbergs gelegen, bot es eine weite Aussicht auf das Neckartal und bis hinaus auf die Rheinebene. Das Haus ist heute noch erhalten. Ab 1904 wohnte er auf seinem Gut Lambelhof in Kraimoos bei Bernau am Chiemsee. Aus der Beschäftigung mit der neuen Heimat ging 1929 der Essay Die oberbayrischen Seen hervor.

1906 heiratete er die promovierte Historikerin Annie Mittelstaedt[5], Tochter eines preußischen Obersten und einer geborenen Baronin von Collas. Während des Ersten Weltkrieges war er Mitarbeiter im Kriegspresseamt der Obersten Heeresleitung, als vom Generalstab zugelassener Kriegsschilderer verfasste er Propagandaschriften und hielt auch entsprechende Vorträge.

Bereits 1891 hatte er sich mit dem Theaterstück Der Blaue Brief als Schriftsteller durchgesetzt; das Stück behauptete sich monatelang auf dem Spielplan des Deutschen Theaters Berlin und anderer Bühnen.[2] Auch mit seinen zahlreichen Romanen und Novellen hatte Stratz großen Erfolg; die Auflagenzahl von Friede auf Erden hatte 1921 die 230.000 überschritten, Lieb Vaterland lag bei einer Auflage von 362.000. Zu seinen größeren Erfolgen zählt auch der 1913 erschienene Roman Seine englische Frau. 1917 schrieb er unter Verwendung seines 1910 erschienenen zweibändigen Werkes Die Faust des Riesen die Vorlage für den in zwei Teilen erschienenen Film von Rudolf Biebrach. Friedrich Wilhelm Murnau drehte 1921 nach dem gleichnamigen mystischen Kriminalroman von Stratz den Spielfilm Schloß Vogelöd, 1936 erfolgte eine weitere Verfilmung durch Max Obal. Den 1928 als Paradies im Schnee erschienenen Roman schrieb Stratz 1922 nach Aufforderung von Ernst Lubitsch und Paul Davidson als Vorlage für den 1923 unter der Regie von Georg Jacoby realisierten gleichnamigen Film.[6] 1925 und 1926 erschienen seine Lebenserinnerungen in zwei Bänden.

Ehrungen

Werke

Autobiographisches

  1. Schwert und Feder. Erinnerungen aus jungen Jahren. 1925.
  2. Reisen und Reifen. Der Lebenserinnerungen zweiter Teil. 1926.

Erzählungen und Novellen

Romane

  1. Der Väter Traum. 1920.
  2. Das Schiff ohne Steuer. 1921.
  3. Der Platz an der Sonne. 1921.

Sachbücher

  1. Die Februar-Revolution und ihre nächsten Folgen. 1888.
  2. Die Revolutionsereignisse des Sommers 1848. 1890.

Theaterstücke

Werkausgabe

  1. Der weiße Tod. Sidi Binzel. Kilian Böhms letzte Prüfung. 1925.
  2. Du Schwert an meiner Linken. 1925.
  3. Die Faust des Riesen. 1925.
  4. Herzblut. 1925.
  5. Gib mir die Hand. 1925.
  6. Seine englische Frau. 1925.
  1. Stark wie die Mark. 1926.
  2. Für dich. 1926.
  3. Du bist die Ruh’. 1926.
  4. Liebestrank. 1926
  5. Der du von dem Himmel bist. 1926.
  6. Es war ein Traum. 1926.

Verfilmungen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Biographie auf LeoBW
  2. a b c Rudolph Stratz: Schwert und Feder: Erinnerungen aus jungen Jahren, Berlin, A. Scherl, 1925, S. 9, 23–24; S. 126, 131; S. 216
  3. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 108
  4. a b Kösener Corpslisten 1960, 6/83, 46/409
  5. Eintrag der Doktorarbeit von 1904 an der Universität Heidelberg im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund
  6. Rudolph Stratz: Reisen und Reifen, Berlin, 1926, S. 199
  7. Die erste Auflage erschien 1909 unter dem Titel Die armen Reichen