Quintus Tineius Rufus war ein römischer Politiker und Senator im 2. Jahrhundert n. Chr.

Laufbahn bis zum Konsulat

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Die frühen Stationen der politischen Laufbahn (cursus honorum) des Quintus Tineius Rufus sind nicht bekannt. Die erste belegte politische Funktion, die er ausübte, war die eines Statthalters der Provinz Thrakien im Range eines Propraetors. Sie ist bezeugt durch eine Inschrift, die im Umland der antiken Stadt Aquae Calidae gefunden wurde und auf das Jahr 124 datiert ist.[1] Auch städtische Münzen von Bizya, dem heutigen Vize, nennen Tineius Rufus als Statthalter Thrakiens.[2]

Dass Tineius kurz darauf Konsul war, wurde erst im Jahr 1941 bekannt, als ein Fragment der Fasti Ostienses aufgefunden wurde. Darin wird er als einer der Amtsträger des Jahres 127 gemeinsam mit Marcus Licinius Celer Nepos genannt.[3] Mittlerweile wurde dies durch mehrere datierte Militärdiplome[4] bestätigt, aufgrund derer sich sein Suffektkonsulat genauer eingrenzen lässt, da er am 20. August des Jahres nachgewiesenermaßen im Amt war.[5]

Statthalterschaft in Judäa

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Quintus Tineius Rufus war in den frühen 130er Jahren Prokurator der Provinz Judäa, als dort der Bar-Kochba-Aufstand ausbrach. Die Quellen dazu und zu seiner Rolle in den folgenden Kriegsgeschehnissen sind sehr widersprüchlich. Ebenfalls ist nicht bekannt, ob er während dieser Statthalterschaft starb oder regulär durch einen Nachfolger abgelöst wurde.

Christliche Quellen

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In christlichen Quellen, nämlich den Werken von Kirchenvätern und byzantinischen Historikern, wird Tineius Rufus mit leichten Variationen als römischer Feldherr im Kampf gegen die Juden dargestellt.

Jüdische Quellen

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In den jüdischen Quellen wird Tineius als bösartiger Vertreter der feindlichen Weltmacht Rom und als grausamer Tyrann dargestellt, diesen Berichten kommt jedoch kein historischer Quellenwert zu.[14] So wird er als einer der Nachkommen eines anderen Erzfeindes der Juden, des persischen Beamten Haman, aufgeführt. Mehrfach soll Tineius mit Rabbi Akiba über die Auslegung der Tora diskutiert haben, wobei Akiba aber stets der Weisere gewesen sei.

Römische Geschichtsschreibung

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Der römische Schriftsteller Cassius Dio erwähnt Tineius in seiner Darstellung des Aufstandes gar nicht und stellt seinen Nachfolger Sextus Iulius Severus als den entscheidenden Feldherrn auf römischer Seite dar.[15]

Familie

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Zwei unpublizierte Inschriften aus Skythopolis (dem heutigen Bet Sche’an) enthalten Ehrungen für seine Frau Claudia Rufina und seine Tochter.[16]

Die Nachkommen des Quintus Tineius Rufus durchliefen sehr erfolgreiche Karrieren in der römischen Politik: Sein Sohn Quintus Tineius Sacerdos gelangte 158 zum ordentlichen Konsulat, seine drei Enkel erreichten dieses Amt ebenfalls (Quintus Tineius Rufus 182, Quintus Tineius Clemens 195, Quintus Tineius Sacerdos 219). Er scheint also nicht für die Niederlage Roms in Judäa verantwortlich gewesen zu sein, oder wurde zumindest nicht dafür verantwortlich gemacht.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. CIL III, 14207,35
  2. Harald von Petrikovits: Tineius 6. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VI A,2, Stuttgart 1937, Sp. 1376–1379, hier Sp. 1376 (mit den weiteren Belegen).
  3. AE 1945, 36.
  4. Militärdiplome des Jahres 127 (KJ-2010-181, KJ-2010-185, RMD 4, 239, RMD 4, 240, RMD 4, 241, RMM 00023, RMM 00024, ZPE-165-232, ZPE-171-239).
  5. Werner Eck: Rom und die Provinz Iudaea/Syria Palaestina. Der Beitrag der Epigraphik. In: Aharon Oppenheimer (Hrsg.): Jüdische Geschichte in hellenistisch-römischer Zeit. Wege der Forschung: Vom alten zum neuen Schürer. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56414-5, S. 237–264, hier S. 247, Anm. 42 (mit weiteren Literaturhinweisen).
  6. Hieronymus, Commentariorum in Zachariam Prophetam Libri Duo 2,8, Kommentar zu Sacharja 18,9 (Patrologia Latina, Band 25, Sp. 1415–1542a, hier Sp. 1475, PDF): „In hoc mense, et a Nabuchodonosor, et multa post saecula a Tito et Vespasiano, templum Hierosolymis incensum est, atque destructum, capta urbs Bether, ad quam multa millia confugerant Judaorum, aratum templum in ignominiam gentis opressae, a Turanaio Rufo.“
  7. a b Shimon Applebaum: Judaea in Hellenistic and Roman Times. Historical and Archaeological Essays (= Studies in Judaism in late antiquity. Band 40). Brill, Leiden/New York 1989, ISBN 9-004-08821-0, S. 119.
  8. Hieronymus, Commentariorum in Danielem Prophetam Liber Unus, Kommentar zu Daniel 9,24 (Patrologia Latina, Band 25, Sp. 491–584a, hier Sp. 552, PDF): „Quo [Vespasian] mortuo, transactis septem hebdomadis, id est, annis quadraginta novem, Aelius Hadrianus, et quo postea de ruinis Jerusalem urbs Aelia condita est, rebellantes Judaeos, Timo Rufo magistro exercitus pugnante, superavit.“
  9. Eusebius von Caesarea, Kirchengeschichte IV,6,1 (deutsche Übersetzung von Philipp Haeuser).
  10. Eusebius, Chronicorum Liber II interprete S. Hieronymo (Patrologia Latina, Band 27, Sp. 223–508, hier Sp. 469 f., PDF).
  11. Prosperi Tironis epitoma chronicon. In: Theodor Mommsen (Hrsg.): Chronica minora saec. IV. V. VI. VII. Band 1 (= Monumenta Germaniae Historica. Reihe Auctores Antiquissimi, Band 9). Weidmann, Berlin 1892, S. 424 (Digitalisat).
  12. Eusebius: Werke. Band 5: Die Chronik. Aus dem Armenischen übersetzt mit textkritischem Commentar [...] von Dr. Josef Karst. J. C. Hinrichs, Leipzig 1911, S. 220 und textkritischer Kommentar auf S. 237.
  13. Georgios Synkellos, Weltchronik p. 660 (Dindorf).
  14. Dazu und zum folgenden Abschnitt Harald von Petrikovits: Tineius 6. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VI A,2, Stuttgart 1937, Sp. 1376–1379, hier Sp. 1378.
  15. Cassius Dio, Römische Geschichte LXIX,13 (englische Übersetzung).
  16. Werner Eck: Rom und die Provinz Iudaea/Syria Palaestina. Der Beitrag der Epigraphik. In: Aharon Oppenheimer (Hrsg.): Jüdische Geschichte in hellenistisch-römischer Zeit. Wege der Forschung: Vom alten zum neuen Schürer. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56414-5, S. 237–264, hier S. 244.
Personendaten
NAME Tineius Rufus, Quintus
KURZBESCHREIBUNG römischer Senator und Suffektkonsul im Jahr 127
GEBURTSDATUM vor 124
STERBEDATUM nach 134