Assyrischer König Tukulti-Ninurta I. in zwei Bewegungsstadien, 13. Jh. v. Chr., gilt als früheste Darstellung von Bewegung

Motorik (von lateinisch motor, ‚Beweger‘, abgeleitet von movere, ‚bewegen‘, ‚antreiben‘[1]; und griechisch motorikè téchne, ‚Bewegungstechnik‘, ‚Bewegungsfertigkeit‘, ‚Bewegungskunst‘, ‚Bewegungswissenschaft‘, ‚Bewegungslehre‘[2]) bezeichnet

Anwendungsfelder

Entsprechend seiner Mehrdeutigkeit nimmt der Motorikbegriff in verschiedenen Anwendungsbereichen eine unterschiedliche Bedeutung an, die sich teilweise vom ursprünglichen Wortsinn entfernt. Im Wissenschaftsbereich wurden dazu auch Nachbardisziplinen und verwandte Begriffe geboren wie beispielsweise die Motologie oder die (Angewandte) Kinesiologie, die mit ihrer Begriffswahl ihre Eigenständigkeit neben der Bewegungs- bzw. Motorikwissenschaft dokumentieren:

Unterbegriffe/Begriffsfeld

Beurteilung der Motorik

Die Motorik zeigt sich durch zahlreiche Komponenten bestimmt. Deren Funktionstüchtigkeit und Zusammenspiel macht ihre Qualität aus, vor allem das der konditionellen Grundeigenschaften, der koordinativen Fähigkeiten und der persönlichen Ausstrahlung.

Die meisten der Komponenten sind bereits erforscht und über spezielle Experimentalverfahren objektiv erfassbar. Sie lassen z. B. Rückschlüsse auf die motorische Veranlagung, den motorischen Entwicklungsstand, geschlechtsspezifische Unterschiede, das Ausdrucksvermögen oder den motorischen Lernfortschritt zu. Es gibt eine große Anzahl mehr oder weniger brauchbarer, vom Anwender kritisch zu hinterfragender motorischer Testangebote zu den Teilbereichen Grundeigenschaften (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer etc.), zu den koordinativen Grundfähigkeiten (Kopplungsfähigkeit, Reaktionsvermögen, Antizipationstalent etc.) oder zu den motorischen Anforderungen einzelner Sportbereiche (der Leichtathletik, der Mannschaftsspiele oder des Wintersports), also zum allgemeinen wie sportartspezifischen Motorikbestand.[9] Dabei kommt der Komponente Bewegungskoordination wegen ihrer hohen Aussagekraft über den Gesamtkomplex Motorik eine besondere Bedeutung zu.[10][11]

In der Neurologie lassen sich durch Analyse von Bewegungsabläufen und Reflexen Störungen der Muskulatur und/oder des Nervensystems[12] nachweisen.

Spezialgebiete der Motorikwissenschaft

Die Sensomotorik (auch Sensumotorik) interessiert sich für die Zusammenhänge von Sinneseindrücken und Muskeltätigkeit. Sie untersucht etwa die Komplexverbindungen von visuellen und taktilen Wahrnehmungen, nervalen Reiztransporten und motorischen Vorgängen. Es geht um spezifische Steuerungs- und Regelungssysteme. Die Methoden sind der Kybernetik ab gewonnen.[13]

Die Psychomotorik macht die wechselseitigen Beziehungen von geistig-seelischer Verfassung und Befindlichkeiten des Körpers zu ihrem Forschungsthema. Sie befasst sich mit den für die Persönlichkeit charakteristischen Ausdrucksformen wie Sprechmodus, Gestik, Mimik, Körperhaltung, Gehweise und arbeitet entsprechende Typologien heraus.[14][15]

Die Motologie ist der jüngste Zweig der Motorikwissenschaft. Sie löste sich als selbstständiger Arbeitsbereich aus der Psychomotorik und wendet sich besonders auffälligen Kindern mit Lern- und Verhaltensstörungen zu (Hyperaktivität, Labilität). Als Unterformen wurden die Motodiagnostik, die Motopädagogik oder die Mototherapie kreiert.[16]

Literatur

Einzelnachweise

  1. H. Menge: Enzyklopädisches Wörterbuch der lateinischen und deutschen Sprache mit besonderer Berücksichtigung der Etymologie. 7. Auflage, Langenscheidt, Berlin 1950, S. 485 f.
  2. G. E. Benseler: Griechisch-Deutsches Schulwörterbuch. 12. Auflage, Leipzig/Berlin 1904. S. 886 f.
  3. K. Meinel / G. Schnabel: Bewegungslehre – Sportmotorik. München (Südwest) 11. Auflage 2007
  4. Arnd Krüger: Wann sollen Kinder mit Sport beginnen? Peter Lösche (Hrsg.): Göttinger Sozialwissenschaften heute. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1990, 278 – 308.
  5. C.M. Schlick u. a. (Hrsg.): Arbeitswissenschaft. Berlin 3. Auflage 2009.
  6. Philip G. Zimbardo, Richard J. Gerrig: Psychologie. Pearson, Hallbergmoos bei München 2008, ISBN 978-3-8273-7275-8; S. 9 f. zu Stw. „Funktionalismus“.
  7. H. de Marées: Sportphysiologie. Köln (Sportverlag) 9. Auflage 2003.
  8. Rilo Pöhlmann; Gudrun Ludwig; Ann-Katrin Pahl: Sensomotorik, Psychomotorik, Soziomotorik: für heilpädagogisch-medizinische Berufe. Köln: Bildungsverl. EINS, 2011. ISBN 978-3-427-40340-1.
  9. K. Bös: Handbuch sportmotorischer Tests. Göttingen 1987.
  10. S.A. Warwitz: Der Wiener Koordinationsparcours (WKP). In: Ders.: Das sportwissenschaftliche Experiment. Planung-Durchführung-Auswertung-Deutung. Schorndorf 1976. S. 48–62.
  11. E.J. Kiphard /F. Schilling: Körperkoordinationstest für Kinder (KTK). Göttingen 2007.
  12. Vgl. etwa Manuel Dafotakis, Dennis A. Nowak: Psychogene Bewegungsstörungen – Klinik, Zusatzdiagnostik und Differenzialdiagnose. In: Aktuelle Neurologie. Band 42, 2015, S. 603–610.
  13. D. Ungerer: Zur Theorie des sensomotorischen Lernens. Schorndorf 1971
  14. K. Fischer: Einführung in die Psychomotorik. München 2003
  15. J. Asendorpf: Psychologie und Persönlichkeit. Berlin 1996.
  16. E.J. Kiphard: Motopädagogik – Psychomotorische Entwicklungsförderung. Dortmund 2001.