Morganatische Ehe (lateinisch matrimonium morganaticum oder matrimonium ad morganaticam, mittellateinische Neubildungen zu althochdeutsch *morgangeba „Morgengabe“) oder Trauung zur linken Hand bezeichnet in Fürstenhäusern des europäischen Kulturraums eine Form der Eheschließung, bei der ein Ehepartner – meist die Frau – einer gesellschaftlich nicht entsprechenden Familie entstammte und als „nicht ebenbürtig“ galt (vgl. Hypergamie: „Hinaufheiraten“). Jedes regierende Fürstenhaus hatte diesbezüglich sein eigenes Hausgesetz mit teilweise divergierenden Anforderungen an den Rang der Ehepartnerinnen. Die nicht hausgesetzmäßigen Eheschließungen wurden im Hofjargon auch Mesalliancen genannt. Die Nachkommen fürstlicher Häuser aus solchen Ehen erhielten meist „Morganatentitel“ niedrigeren Adelsranges; sie werden daher bisweilen auch selbst als „Morganaten“ oder „Morganatenfamilien“ bezeichnet.
Eine morganatische Heirat erfolgte entweder mit der Absicht eines Mannes, die geliebte Frau zu heiraten, oder um eine Liebesbeziehung zu einer Mätresse als öffentlich anerkanntes Verhältnis zu legitimieren. Das war beispielsweise nach dem Tod der ersten „standesgemäßen“ Ehefrau möglich, wenn es einen oder mehrere Söhne gab und die Thronfolge bereits gesichert war. Die Nachkommen aus morganatischen Ehen waren nach dem Reichslehnsrecht nicht thronfolgeberechtigt für die vom Kaiser ausgehenden reichsfürstlichen Landeslehen. Das private Erbrecht blieb davon unberührt und konnte in Bezug auf das Privatvermögen testamentarisch geregelt werden.
In anderen Fällen wurde eine morganatische Ehe geschlossen, um mögliche dynastische Verwicklungen durch eine (erneute) standesgemäße Heirat zu vermeiden. Diese Möglichkeit stand besonders jüngeren Söhnen von Herrscherhäusern zur Verfügung, wenn sie und ihre Nachkommen aufgrund des bestehenden Erstgeburtsrechts des ältesten Sohnes nicht für die Thronfolge vorgesehen waren oder darauf verzichtet hatten. Ein Beispiel ist die Ehe zur linken Hand des braunschweig-lüneburgischen Herzogs Georg Wilhelm mit Eleonore d’Olbreuse, die allerdings 1676 eine kaiserliche Anerkennung „als ebenbürtig“ erhielt, woraufhin eine erneute Heiratszeremonie stattfand. Ähnlich erhielt eine Generation später Anna Luise Föhse die kaiserliche Anerkennung, was ihr den Aufstieg zur Fürstin von Anhalt-Dessau ermöglichte.
Um nach dem Tod des Ehemannes die nicht erbberechtigte Witwe und ihre Nachkommen abzusichern, konnte ihre finanzielle Versorgung durch einen entsprechenden Ehevertrag geregelt werden – daher stammt die Bezeichnung matrimonium ad morganaticam oder „Ehe auf bloßer Morgengabe“[1], also ohne das für fürstliche Eheschließungen notwendige Leibgedinge (oder Wittum), womit einer Braut aus fürstlichem Hause umfangreiche Versorgungs- und Nutzungsrechte an Landgütern und Schlössern für den Fall der Witwenschaft eingeräumt werden mussten.
Die Rechtsform der morganatischen Ehe – in früherer Rechtssprache „nicht standesgemäße Ehe“ genannt,[2] wurde in Deutschland 1919 abgeschafft. Zuvor schon war die Monarchie abgeschafft worden, wodurch das Gesetz ohnehin keine Bedeutung mehr hatte.
Bei einer morganatischen Ehe traten nicht alle sonst üblichen Rechtsfolgen einer Ehe ein, dennoch konnte sie eine staatlich oder kirchlich ordnungsgemäß zustande gekommene Ehe sein. Die aus ihr hervorgegangenen Kinder waren legitime Nachkommen des Vaters, die in einigen Fällen bis in die höchsten Kreise aufstiegen (beispielsweise Maria von Teck, die Ehefrau König Georgs V. von Großbritannien, Enkelin des Prinzen Alexander von Württemberg und der Claudine Rhédey, spätere Gräfin von Hohenstein).
Die Rechte der Nachkommen folgten jedoch „der ärgern Hand“, sie traten also nur in die Rechte des standesniedrigeren Ehepartners ein, meist der Mutter. Kinder einer morganatischen Ehe waren daher in der Regel nicht erbberechtigt und – falls es sich um ein regierendes Fürstenhaus handelte – von der Thronfolge ausgeschlossen. Die Anforderungen der Ebenbürtigkeit waren je nach Land und Epoche unterschiedlich. Doch wurden eine nicht-ebenbürtige Ehefrau und ihre Kinder nicht als offizielle Mitglieder der Familie des Ehemannes angesehen, sie führten nicht dessen Adelstitel oder Wappen. Im Protokoll rangierte die Frau, obwohl offizielle Ehegattin, noch hinter den jüngsten Prinzen und Prinzessinnen, weshalb beispielsweise Auguste von Harrach, die Witwe des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III., nicht an seiner offiziellen Trauerfeier im Berliner Dom teilnehmen konnte. Häufig erhöhten Herrscher ihre nichtebenbürtige Ehefrau im Stand (siehe auch Nobilitierung).
Der Rechtsbegriff der „Morganatischen Ehe“ existierte im Wesentlichen nur im Heiligen Römischen Reich und seinen Nachfolgestaaten sowie in Skandinavien. In Südeuropa, einschließlich Frankreich, Italien, Spanien und Portugal gab es diese Rechtsform der Ehe nicht, ebenso wenig in England und Schottland. Im Falle nicht-ebenbürtiger Eheschließungen wurden jedoch die Einschränkungen in staats- und zivilrechtlicher Hinsicht, denen die morganatische Ehe unterlag, oft faktisch in anderer Weise erreicht, indem etwa Ludwig XIV. seine Ehe mit Madame de Maintenon geheim hielt und sie nicht zur Königin krönen ließ.