Die Marxistische Arbeiterschule (Abkürzung: MASCH oder MASch) war eine auf Beschluss der Berliner Bezirksleitung der KPD 1925 gegründete Bildungseinrichtung vor allem für Arbeiter, die sich zu einer bedeutenden Bildungseinrichtung entwickelte.[1] Mitbegründer waren Hermann Duncker, Johann Lorenz Schmidt, Eduard Ludwig Alexander. Leiter der MASCH wurde Hermann Duncker. Nach ihrer Machtergreifung lösten die Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 die Marxistischen Arbeiterschulen auf.[2]

Historie

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Die Marxistische Arbeiterschule stand in der Tradition der Arbeiterkulturbewegung mit ihren gewerblichen und Arbeiterbildungsvereinen. Unter den Repressalien des Sozialistengesetzes wurden sozialdemokratische- und Arbeitervereine auch als Fortbildungsvereine neu gegründet. Die proletarischen Vereine eröffneten Arbeiterbibliotheken, so z. B. 1861 in Leipzig, wo August Bebel Vorsitzender der Bibliothekskommission des dortigen Arbeitervereins war. Er formulierte sinngemäß das Ziel, Wissen, Kunst und Kultur der bürgerlichen Vormundschaft zu entreißen und »dem bereits vorhandenen Wissen das zu entnehmen, was dem eigenen revolutionären Emanzipationskampf der Arbeiterklasse nützte.«[3] Zudem traten die Anhänger des Vereins Vorwärts damals schon für eine politische Bildung ein.

Nach der Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung (Abspaltung der USPD von der SPD und Gründung der KPD) verfolgten die Kommunisten unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges klar das Ziel einer sozialistischen Revolution ähnlich der Oktoberrevolution 1917 in Russland. Die junge Sowjetunion war das Vorbild. Die Novemberrevolution 1918 in Deutschland und die Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten bis hin zu Räterepubliken wurden maßgeblich von den Kommunisten mitgetragen, gaben ihnen Ansporn und ihre historische Daseinsberechtigung.

Neben der ideologischen Auseinandersetzung mit der SPD kam für die KPD neu in der Weimarer Republik die Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten hinzu, die nicht nur politisch und im Wahlkampf stattfand, sondern zu offenen und teilweise militanten Straßenkämpfen und Saalschlachten führte.

Aus Sicht der KPD musste ihre Anhängerschaft über die bisherigen sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Bildungs- und Gesellschaftsziele hinaus dafür politisch und intellektuell geschult, ausgerichtet und gestählt werden.

Die Gründung der Marxistischen Arbeiterschule 1926 war eine folgerichtige Konsequenz.

Schon 1932 war die MASCH zunehmend Ziel staatlicher Repressionen geworden. Am 25. November 1932 wurde das Zentralgebäude von Schupo und Politischer Polizei besetzt, mehrere Personen verhaftet, das Lehrerverzeichnis beschlagnahmt. Hausdurchsuchungen bei Dozenten folgten.[2]

Ziele

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Lehrer, Vortragende und Funktionäre an der MASCH (Auswahl)

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Dr. Andreas Peglau (Berlin) veröffentlichte eine Kopie des Auszuges aus dem Lehrerverzeichnis 1931/32.[2]

Dozenten, Lehrer und Vorlesende waren neben den Angestellten und Funktionären der KPD engagierte Politiker, Künstler und Wissenschaftler, die der Arbeiterbewegung aufgeschlossen gegenüber standen. Darunter waren u. a.:

Schüler, Kursteilnehmer an der MASCH (Auswahl)

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Schüler und Teilnehmer rekrutierten sich aus den verschiedenen Schichten der Gesellschaft. In vielen Fällen nutzten arbeitslose Interessierte diese Zeit für ihre Bildung. Kursteilnehmer waren u. a.:

Arbeitsweise und Ergebnisse

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Die Bildung erfolgte in Kursen, Unterkursen und den Semester-Schulungen bzw. -Vorlesungen. Daneben wurden Dampfer-Schulungsfahrten und Tageskurse organisiert oder sowjetische Filme aufgeführt. Es gab Acht-Tage-Schulen für Funktionäre, Lehrerschulen, Tageskurse für Erwerbslose u. a.

Die Kurse für Arbeiter und Arbeiterinnen kosteten nur wenige Pfennige und die Lehrenden arbeiteten unentgeltlich. Um über das Heimstudium Arbeiter zu erreichen, die nicht regelmäßig an den Kursen teilnehmen konnten, wurden von Duncker, Wittfogel und Goldschmidt die Hefte der Marxistischen Arbeiter Schulung (MAS) Geschichte der Internationalen Arbeiterbewegung und Politische Ökonomie herausgegeben.[7]

Als Gegner bzw. Konkurrenten sah die KPD »die bürgerlichen und sozialistischen sogenannten ›Hochschulen‹«. Offenbar war die MASCH im Vergleich zu diesen recht erfolgreich, zumindest die SPD-nahen Hochschulen wurden wohl nicht in gleichem Maße von der Berliner Bevölkerung genutzt,[8] was Vertretern der bis 1930 in Deutschland, bis 1932 in Preußen Regierungsverantwortung (mit-)tragenden Sozialdemokratie negativ aufstieß:

„Beunruhigt über die ›rein zahlenmäßigen Erfolge‹ der MASCH empfahl Leo Friedjung in der Monatsschrift des Reichsausschusses für Sozialistische Bildungsarbeit, ›die nötigen Schlüsse für […] die eigene Schulung der Parteigenossen und der mit der Bewegung Sympathisierenden zu ziehen‹, denn ›tausende junge Arbeiter gehen durch die Kurse der MASCH und werden dort im Sinne der Anweisungen der Komintern dressiert, tausende neuer Propagandisten werden hier gezüchtet‹.“[2]

Die Marxistische Arbeiterschule ging aber in der praktischen Arbeit offenbar recht undogmatisch vor. Schon im Untertitel bezeichnete sie sich als »Die Hochschule der Werktätigen«. Sie wurde auch von Angehörigen anderer sozialer Gruppen wie der »Intelligenz« intensiv genutzt, und es wurde offenbar niemand ausgeschlossen, weil er zur »Bourgeoisie« gehörte[9]. Teilweise wurden sogar »Vertreter gegnerischer Auffassungen« gezielt eingeladen. Ein »interner Bericht« von 1927/28 gab an, dass drei Viertel der Hörer parteilos seien[2].

Die MASCH hatte 1925 25 Hörer, 1931/1932 dann 5000. Die Zahl der Dozenten stieg auf 160. Teilweise kamen 700 Hörer zu einer einzigen Abendveranstaltung. Allein im Wintersemester 1929/30 fanden 613 Abendvorlesungen statt, 1932 gab es etwa 2.000 Kurse. Sowohl das technische Personal als auch die Lehrkräfte arbeiteten unentgeltlich (ebd., S. 76f.). Ein Teil der Dozenten war weder KPD-Mitglied noch sonst irgendwie parteilich gebunden. Zum entscheidenden Kriterium für die Aufnahme als MASCH-Lehrer sei immer mehr geworden: »Bist auch du gegen den Faschismus?« (ebd., S. 154). Auf der 1932er Januarausgabe der MASCH-Zeitschrift Der Marxist prangte der Spruch: »Gegen die Nazi-Theorien!«[2].

Weitere Verbindungen

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MASCH in Österreich

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In Österreich bildete die KPÖ vor dem Anschluss an Nazideutschland ebenfalls eine MASCH, die in verschiedenen Quelle auch als Marxistische Abendschule bezeichnet wird. Einer der Organisatoren und späterer Leiter war Arnold Reisberg. 1932 wurde Egon Schönhof in den Vorstand der MASCH in Wien gewählt. Die Schule tagte in einem Lokal im Ersten Bezirk. Hier hielt er im Januar 1933 eine erste Vorlesung gegen Faschismus und Nationalsozialismus.

Siehe auch

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In der Tradition der MASCH gibt es auch aktuell (2018) Schulen, Verlage und Aktivitäten, die die Abkürzung MASCH nutzen, aber nicht mit den MASCH der 1920er Jahre zu verwechseln sind. Beispiele:

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Online-Artikel des Berliner Instituts für kritische Theorie, aufgerufen 31. Januar 2018.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad Dr. Andreas Peglau: Die Marxistische Arbeiterschule MASCH (Auszug 2 aus „Unpolitische Wissenschaft?“) in Andreas Peglau Psychoanalyse aufgerufen 25. Januar 2018.
  3. Horst Gebauer: Arbeiterbibliotheken in Leipzig. In: Leihbibliotheken Arbeiterbibliotheken Bücherhallen. Hrsg.: Stadt- und Bezirksbibliothek Leipzig 1989, ISSN 0863-2049, ISBN 3-86061-001-5, S. 31.
  4. a b Johann Schmidt: Fünf Jahre Marxistische Arbeiterschule. In: Trend Onlinezeitung. September 2016, abgerufen am 21. Februar 2023.
  5. Ursula Hermann: Aus dem Alltag eines Arbeitervereins 1891 bis 1901. Der sozialdemokratische Arbeiterverein von Lichtenberg-Friedrichsberg in Protokollen und Berichten. FIDE Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-931363-17-8.
  6. Reichskriminalpolizeiblatt vom 12. April 1934 in Albert Rosenfelder, abgerufen 25. Januar 2018
  7. Nick Brauns online, abgerufen 31. Januar 2018.
  8. Glaessner 1989, S. 267,131 in Peglau Psychoanalyse@1@2Vorlage:Toter Link/andreas-peglau-psychoanalyse.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. aufgerufen 25. Januar 2018
  9. Gabriele Gerhard-Sonnenberg 1976: Marxistische Arbeiterbildung in der Weimarer Zeit (MASCH). Pahl-Rugenstein Verlag, Köln, ISBN 978-3-7609-0245-6, S. 81, 154
  10. Gabriele Gerhard-Sonnenberg 1976: Marxistische Arbeiterbildung in der Weimarer Zeit (MASCH). Pahl-Rugenstein Verlag, Köln, ISBN 978-3-7609-0245-6
  11. Siegfried Grundmann 1998: Einsteins Akte: Einsteins Jahre in Deutschland aus der Sicht der deutschen Politik, Springer, Berlin, ISBN 978-3-540-63197-2
  12. MASCH Hamburg online, abgerufen 31. Januar 2018
  13. Presseerklärung der Masch Hamburg vom 15. Januar 2021 (abgerufen am 1. Februar 2021).
  14. MASCH Grundkurs Marxismus – Teil VI: Das Kommunistische Manifest. Marx-Engels-Zentrum Berlin (MEZ), archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Februar 2018; abgerufen am 31. Januar 2018.
  15. Marxistische Abendschule Hamburg online, abgerufen 31. Januar 2018
  16. Marxistische Abendschule - Forum für Politik und Kultur Bremen online, abgerufen 30. September 2019