Freiherr von Vincke

Friedrich Ludwig Wilhelm Philipp Freiherr von Vincke (* 23. Dezember 1774 in Minden; † 2. Dezember 1844 in Münster) war ein preußischer Verwaltungsbeamter und Reformer, der u. a. die kommunale Selbstverwaltung der Städte durchsetzte und sich für eine neue Gewerbeordnung einsetzte. Er war ab 1813 Generalgouverneur zwischen Weser und Rhein, dann von 1816 bis zu seinem Tod preußischer Oberpräsident der Provinz Westfalen.

Herkunft

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Ludwig von Vincke entstammte dem westfälischen Adelsgeschlecht von Vincke. Seine Eltern waren Ernst Idel Jobst von Vincke (21. Januar 1738–21. August 1813), Erbherr zu Ostenwalde und Domdechant in Minden, und dessen Ehefrau Luise Sophie von Buttlar (5. September 1739–18. Mai 1806). Das damalige Territorium Minden-Ravensberg gehörte zu Preußen.

Leben

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Gedenktafel für Ludwig von Vincke an der Stelle, wo einst sein Geburtshaus stand

Ludwig von Vincke erhielt seine schulische Ausbildung seit 1784 im von Pastor Joachim Friedrich Lehzen geführten Knabenpensionat in Hannover.[1] Von 1789 bis 1792 besuchte er das Königliche Pädagogium in Halle. Entgegen der Familientradition entschied er sich dann nicht für eine militärische Karriere, sondern für die Verwaltungslaufbahn im preußischen Staatsdienst. Ab 1792 war er an der Universität Marburg eingeschrieben und hörte für drei Semester Staatswissenschaft bei Johann Heinrich Jung-Stilling. In Erlangen stiftete er am 24. Mai 1794 das Kränzchen der Erlanger Westfalen.[2]

Nach seinem Studium erhielt er am 23. Juni 1795 eine Stelle im preußischen Staatsdienst als Referendar der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer in Berlin. Bereits am 28. November 1795 erhielt er eine gleichzeitige Anstellung bei dem Manufaktur- und Kommerzkollegium in Berlin. Dann am 2. August 1797 erhielt er die Ernennung zum Assessor bei der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer. Am 8. August 1798 wurde er zum Landrat des östlichen Kreises im Fürstentum Minden ernannt. Danach stieg er am 8. Oktober 1803 zum Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer in Aurich (Ostfriesland) auf, wurde aber schon am 10. November 1804 zum Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer in Münster und Hamm ernannt, da deren Präsident Freiherr vom Stein als Minister nach Berlin berufen, so dass der Präsidentenstuhl der Kammern von Münster und Hamm frei war. Vincke trat die Nachfolge des Freiherrn an und bekleidete dieses Amt bis 1806.

Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon I. floh Vincke nach England, wo er das dortige Verwaltungssystem der Selbstverwaltung (Selfgovernments) kennenlernte. Bei seiner Rückkehr 1807 schloss er sich dem Reformerkreis um Freiherr vom Stein an. Bis zur Entlassung von Steins im November 1808 wurden unter der Mitwirkung von Vinckes als entscheidende Reformen die Aufhebung der Leibeigenschaft und Erbuntertänigkeit, eine neue Gewerbeordnung und die kommunale Selbstverwaltung der Städte durchgesetzt. Nach Steins Rücktritt wurde Vincke 1809 kurmärkischer Kammerpräsident in Potsdam, zog sich aber 1810 auf seine privaten Güter zurück. Im gleichen Jahre heiratete er Eleonore von Syberg zum Busch und wurde so zum Eigentümer der mittelalterlichen Burgruine Hohensyburg, die seinerzeit zu dem Besitz des Hauses zum Busch gehörte. Das Haus Busch war nach der Heirat der gemeinsame Wohnsitz. Dort wurde 1811 auch der Sohn Georg von Vincke geboren.

Erst 1813 nach Niederlage der Franzosen in der Völkerschlacht bei Leipzig wurde er im Rahmen des Zentralverwaltungsdepartements Gouverneur des Zivilgouvernements zwischen Weser und Rhein. Auf dem Wiener Kongress wurde die Neuordnung Europas beschlossen, die zur Gründung der neuen preußischen Provinz Westfalen führte. Über den Regierungspräsidenten der drei zugehörigen Regierungsbezirke stand jetzt der Oberpräsident der Provinz. Dieses Amt übernahm Vincke für fast drei Jahrzehnte. Mehrfach schlug er sogar Ministerposten in Berlin aus. Vincke schaffte es, die über zwanzig verschiedenen Einzelstaaten zwischen „Weser und Rhein“ zu einem Staatsgebilde Westfalen zu einen.

Er förderte die Industrialisierung Westfalens, brachte den Infrastrukturausbau beispielsweise durch die Schiffbarmachung der Lippe voran und setzte sich für ein starkes Bauerntum ein. Er bemühte sich vor allem darum, die aus zahlreichen Territorien zusammengesetzte neue Provinz zu einen.

Der Vincketurm auf der Hohensyburg wurde zu seinen Ehren errichtet.

Gerne wird folgende nicht belegte Geschichte von ihm erzählt:

Eines Tages war Ludwig Freiherr von Vincke wieder unterwegs. Es hatte vorher geregnet und die Straßen waren aufgeweicht. An einer tiefen Stelle des Weges steckte ein Bauer mit seinem Karren fest. Als er Vincke ankommen sah, rief er: „He, du da! Pack mal mit an und hilf mir, den Karren aus dem Dreck zu ziehen!“ Er hatte natürlich nicht erkannt, mit wem er da sprach. Vincke krempelte sich die Hosenbeine hoch und fasste mit an. Mit gemeinsamem Hauruck hatten sie den Karren in fünf Minuten wieder flott. Der Bauer bedankte sich und Vincke setzte seinen Weg fort. Als sich Vinckes Frau über die schmutzigen Hosen wunderte, erklärte er ihr: „Heute habe ich mal wieder gesehen, wie nötig es ist, die Straßen im Lande auszubessern.“

Neben seinem beruflichen Engagement war Vincke als Patron für die Herrnhuter Brüdergemeine tätig, die sich in Iserlohn um den engagierten Pfarrer Johann Abraham Strauß schon seit geraumer Zeit gruppiert hatte und zu deren prominentesten Mitgliedern unter anderem der Tuchfabrikant Friedrich von Scheibler sowie der Landrat Peter Eberhard Müllensiefen gehörten.

Darüber hinaus zählte er wiederum zusammen mit Müllensiefen, Scheibler, Johann Caspar Harkort und anderen zu den Mitgliedern des „Literarischen Vereins der Grafschaft Mark“, der zu jenem Zeitpunkt unter der Leitung des Schwerter Arztes und Universalgelehrten Friedrich Bährens stand und von 1814 bis 1860 existierte.

Ludwig von Vincke ist gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern auf einem heute denkmalgeschützten Privatfriedhof, dem sogenannten Vincke-Grab, im Hagener Stadtteil Helfe im Fleyer Wald beigesetzt. In den 1820er Jahren arbeitete der spätere Pfarrer und Landtagsabgeordnete Adolf Heinrich Gräser als Hauslehrer für die Familie.

Familie

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Familienporträt von 1826
Familiengruft mit Grab Ludwig von Vincke und Nachkommen, Hagen

Ludwig von Vincke war zweimal verheiratet. Er heiratete am 20. Mai 1810 Eleonore Freiin von Syberg (8. Oktober 1788–13. Mai 1826) aus dem Haus Busch bei Hagen. Ihre Eltern waren Friedrich von Syberg und Luise von Bodelschwingh-Velmede. Aus der Ehe stammen:

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er am 22. September 1827 Luise von Hohnhorst (10. September 1798–3. Dezember 1873) aus dem Haus Hohnhorst bei Celle. Ihre Eltern waren Burghard von Hohnhorst und Charlotte von Veltheim. Das Paar hatte mehrere Kinder, darunter:

Ehrungen

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Vinckegruft Hagen, Hinweistafel

An Ludwig von Vincke erinnern der Vincketurm nahe der Dortmunder Hohensyburg, der Vinckekanal und der Vinckeplatz in Duisburg, diverse Schulnamen, unter anderem in Minden, Hagen, Hamm, Lünen und in Soest sowie zahlreiche Straßennamen, wie die Vinckestraße in seiner Geburtsstadt Minden; ein Vinckeplatz ist ebenfalls in Dortmund vorhanden. Ferner die Freiherr-von-Vincke-Straße in Gütersloh sowie die von-Vincke-Straße in Hamm, an einem seiner Wirkungsorte. Auch in Gelsenkirchen-Buer gibt es eine Vinckestraße, zudem trägt in ihrem Verlauf ein Tunnel seinen Namen.[5]

Schriften

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Literatur

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Commons: Ludwig von Vincke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Ludwig von Vincke – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Peter Burg: Ludwig Freiherr von Vincke im Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ des LWL-Instituts für Regionalgeschichte, abgerufen am 30. April 2016.
  2. Ernst Meyer-Camberg: Die Erlanger Westfalen 1794–1809. Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 24 (1979), S. 74–94, hier S. 83.
  3. Ernst von Vincke westfaelische-geschichte.de
  4. Caroline von Vincke bei geneall.net
  5. Vincketunnel auf gelsenkirchener-geschichten, abgerufen am 11. Januar 2022
Personendaten
NAME Vincke, Ludwig von
ALTERNATIVNAMEN Vincke, Friedrich Ludwig Wilhelm Philipp Freiherr von (vollständiger Name); Vincke, Ludwig Freiherr von
KURZBESCHREIBUNG preußischer Reformer
GEBURTSDATUM 23. Dezember 1774
GEBURTSORT Minden
STERBEDATUM 2. Dezember 1844
STERBEORT Münster