Lothar Irle (* 16. Mai 1905 in Niedersetzen; † 15. Mai 1974 in Siegen) war ein deutscher Heimatforscher und -schriftsteller.

Leben

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Lothar Irle war Sohn von Albert und Anna Emilie Irle, geb. Schneider. 1925 schloss er das Lehrerseminar in Hilchenbach ab und studierte von 1925 bis 1927 an der Universität Marburg und von 1927 bis 1931 an der Universität Frankfurt am Main nordische und deutsche Philologie, Geschichte und Volkskunde.

Spätestens während des Besuchs des Lehrerseminars wurde er politisch aktiv und organisierte sich am rechten Rand des politischen Spektrums. Bereits 1923 schloss er sich der Brigade Ehrhardt an, bevor er im Jahr darauf dem Völkisch-Sozialen Block (VSFB), einer Ersatzorganisation der zu diesem Zeitpunkt verbotenen NSDAP, beitrat. Der NSDAP trat er schließlich zum 1. Dezember 1931 bei (Mitgliedsnummer 816.838).[1] Irle verstärkte seine Aktivitäten für den Nationalsozialismus nach 1933 erheblich. In der NSDAP hatte er freilich bereits zuvor die Funktion eines Ortsgruppenleiters gehabt. Er war Mitglied der SA und wurde 1937 zum Oberscharführer befördert.[2]

Irle war unter anderem Gauschulungsredner der NSDAP und Mitglied der Reichslesebuchkommissionen Hessen und Industriegebiet (= Ruhrgebiet). Nach seiner Promotion im Jahre 1934 verließ er den Schuldienst und war als Dozent für Volkskunde an der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund tätig. „Diesen steilen Aufstieg verdankte er dem Umstand, dass er sich als ‚Vorkämpfer für den Nationalsozialismus‘ (Siegener Zeitung) hervorgetan hatte“.[3] Ab 1938 war er im Gau Westfalen-Süd Gauführer des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbunds. Irle war bekennender Antisemit.

Aufgrund seiner erheblichen NS-Belastung wurde er im Zuge der Entnazifizierung aus dem Schuldienst entlassen und nicht wieder eingestellt. Seither war er als Versicherungsvertreter tätig. Irle schrieb rund 40 Veröffentlichungen über das Siegerland. Seine Schriften repräsentieren die Kontinuität ethnisch-biologistischer und völkischer Auffassungen in der Heimatliteratur und Volkskunde über 1945 hinaus. In diesem Milieu stand er keineswegs allein. Die postnationalsozialistische regionale Heimatgeschichte und -kultur blieb geprägt von vormaligen Nationalsozialisten.[4] Irle war langjähriger Bezirks- und seit 1969 Ehrenvorsitzender des Sauerländischen Gebirgsvereins, Bezirk Siegerland sowie Mitglied im Vorstand des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins. Das von diesem herausgegebene, von Irle verfasste Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechter-Lexikon steht beispielhaft für die von Irle vertretene erinnerungkulturelle Sicht. Es nennt Angehörige der vom NS-Regime exkludierten und verfolgten Gruppen, also etwa Angehörige der jüdischen Minderheit, Sinti-Nachfahren, Kommunisten oder Sozialdemokraten von vereinzelten Ausnahmen abgesehen nicht, wohl aber in großer Zahl und ausnahmslos positiv konnotiert Protagonisten des NS-Systems mit und ohne Siegerländer Herkunft („Hermann Giesler, …, Professor, Architekt, u. a. Erbauer der Schulungsburg Vogelsang“). Der Herausgeber der Schrift sieht in ihr einen „Extrakt, aus dem blutsmäßige, verwandtschaftliche Gegebenheiten und Zusammenhänge ergründet … werden können.“[5]

Irles NS-Vita und die völkische Kontinuität in seinen fachlichen Beiträgen wurden zu seinen Lebzeiten und weit darüber hinaus in der regionalen Öffentlichkeit nie dargestellt und diskutiert.

Schriften

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Bis 1945

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Ab 1945

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Literatur

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Quellen

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Anmerkungen

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  1. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/17640316
  2. Ulrich F. Opfermann: Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus : Personen, Daten, Literatur ; ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte. 2., durchges. Auflage. Hell & Dunkel, Siegen 2001, ISBN 3-928347-01-2 (Onlineversion [abgerufen am 23. September 2021]).
  3. Lexikon Westfälischer Autoren
  4. Vgl.: Ulrich Friedrich Opfermann, „Wie trefflich ließe sich diese für Erbkranke ausgeworfene Summe gebrauchen“ – Aspekte aussondernder Sozialpolitik im Nationalsozialismus am Beispiel Siegerland-Wittgenstein, in: Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte, 7 (2002), S. 105–170, hier: S. 160f. Dort Angaben zu den NS-Biografien von Hermann Böttger, Gustav Busch, Wilhelm Faust, Heinz Fischer, Erich Fliegner, Fritz Fromme, Wilhelm Hartnack, Otto Krasa, Walter Menn, Wilhelm Nassauer und Wilhelm Ring, alle auch aufgenommen und positiv gewürdigt in Irles Persönlichkeiten-Lexikon.
  5. Lothar Irle, Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechter-Lexikon, Siegen 1974, S. 7.
  6. a b c d Liste der auszusondernden Literatur
Personendaten
NAME Irle, Lothar
KURZBESCHREIBUNG deutscher Heimatforscher und -schriftsteller
GEBURTSDATUM 16. Mai 1905
GEBURTSORT Niedersetzen
STERBEDATUM 15. Mai 1974
STERBEORT Siegen