Die Lange Aviation GmbH ist ein deutsches Luftfahrtunternehmen und gilt als Vorreiter für den Elektroflug und Entwickler des ersten bemannten Wasserstoffflugzeugs.
Lange Aviation entwickelt und produziert seit 1996 unter dem Markennamen Antares Electric Performance Aircraft vollelektrische und eigenstartfähige Hochleistungssegelflugzeuge für Sport- und Streckenflugpiloten.[1] Von diesen Elektroflugzeugen wurden seit 2004 über 100 Exemplare an Kunden ausgeliefert.[2]
Die Lange Flugzeugbau GmbH wurde 1996 von Ingenieur, Pilot und ErfinderAxel Lange gegründet, um das im April 1995 eingereichte und 1998 erteilte Patent zur Entwicklung von elektrischen Flugzeugen mit in die Flügel integriertem Batteriesystem[3] zu verwerten. Am 30. Dezember 1995 beantragte Lange Flugzeugbau die Typenzertifizierung der E1-Antares-Serie als erstes selbststartendes, personentragendes Elektroflugzeug der Welt bei der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA (das Zertifikat wurde im Juli 2006 ausgestellt).[4]
Der erstmals mit einem elektrischen Antrieb ausgestattete Erprobungsträger Lange LF-20E hob am 7. Mai 1999 zum Erstflug ab.[5] Mit diesem Muster konnte die Verwendbarkeit eines neuartigen Antriebssystems, das mit Metall-Hydrid-Batterien, Wechselrichter und Asynchronaußenläufermotor arbeitet, nachgewiesen werden.
Die Firma entwickelte ein optimiertes elektrisches Hochleistungssegelflugzeug, die Antares 20E, die im Mai 2003 ihren Erstflug hatte. Die Antares 20E war das erste seriell produzierte elektrische Flugzeug mit einer Lithium-Ionen-Antriebsbatterie.[6] 2004 wurden die ersten Kundenexemplare ausgeliefert. Am 28. Mai 2006 unternahm als Neuentwicklung die Lange Antares 18S, ein Segelflugzeug der 18-m-Klasse, ihren Erstflug.[7] Das Unternehmen hält seit 2006 weltweit die erste EASA-Musterzulassung eines Elektromotors für die Luftfahrt für das EA42-Elektroantriebssystem.[8]
Nach Turbulenzen am Neuen Markt geriet ein wesentlicher Mitgesellschafter der Lange Flugzeugbau GmbH 2007 unter Druck und schränkte sein Engagement stark ein. Lange Flugzeugbau meldete Insolvenz an. Das Medizintechnik-Unternehmen Lange Faserverbundtechnik GmbH übernahm kurzfristig noch im Jahr 2007 sämtliche Geschäftsanteile, Assets und einen Teil der externen Verbindlichkeiten der Lange Flugzeugbau, firmierte in Lange Aviation GmbH um und führte die Geschäfte fort.[9]
Am 23. Dezember 2011 fand der Erstflug der Lange Antares 23E statt.[10] In Zusammenarbeit mit Schempp-Hirth wurden die Tragflächen der Antares 23E auch im Quintus von Schempp-Hirth verbaut. Das doppelsitzige SegelflugzeugArcus wurde mit dem Elektroantriebssystem der Antares 20E ausgestattet und seriell unter der Bezeichnung Arcus E vermarktet.
In den folgenden Jahren betrieb das Unternehmen gemeinsame Forschung und Entwicklung mit Hochschulen sowie Instituten und Auftragsentwicklung für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR.[11] Das Unternehmen konstruierte für das DLR die Antares DLR-H2, das erste bemannte Flugzeug der Welt mit reinem Wasserstoffantrieb,[12] das 2009 gesteuert von Pilot Axel Lange einen kompletten Flugzyklus vom Start bis zur Landung ausschließlich mit Brennstoffzellenantrieb absolvierte. 2009 stellte Axel Lange mit der Antares DLR-H2 einen Höhenweltrekord für Brennstoffzellenflugzeuge auf.[13] Am 8. Juni 2010 flog Lange mit der Antares DLR-H2 nonstop von Zweibrücken nach Hof (380 km) und dann weiter zur Internationalen Luftfahrtausstellung Berlin 2010 (ILA)[14] und stellte damit einen Streckenrekord mit einem Wasserstoffflugzeug auf. Die Antares DLR-H2 befand sich bis 2012 im Besitz der Lange Aviation und wurde dann an das DLR verkauft.
Zur Weiterentwicklung von Brennstoffzellenflugzeugen wurde 2009 die Lange Research Aircraft GmbH ausgegründet. Die Forschungs- und Entwicklungsfirma mit Sitz in Zweibrücken befasste sich zunächst ausschließlich mit Brennstoffzellenflugzeugen, der Antares E2, einem sechsmotoriges Brennstoffzellenflugzeug für die zivile Fernerkundung.[15][16] Die Präsentation der Antares E2 erfolgte auf der Luftfahrtmesse Aero 2018.
Seit 2018 konzentriert sich Lange Aviation auf die Weiterentwicklung von Komponenten zur Ausstattung von elektrischen Motorflugzeugen und lieferte u. a. neue Versionen des Steuerungs- und Batteriesystems aus.[17] 2021 wurde die neue Antares 21E mit Antares.RED.3 Batteriesystem vorgestellt, das 60 Prozent mehr Batterieleistung erzielt und Steighöhen bis 5.600 Meter ermöglicht.[18][19]
Bis 2022 wurden seit 2004 über 100 Flugzeuge an Kunden ausgeliefert, was mit 180.000 operativen elektrischen Flugstunden die größte Elektroflugzeugerfahrung aller Flugzeughersteller und aller Elektroflugzeuge zusammen ausmacht.[20]
Das Unternehmen plante für Mitte 2024 die Inbetriebnahme des Flying Lab, einer elektrischen, sechsmotorigen Langstreckenforschungsplattform, die für Messaufgaben mit kundeneigener Sensorik für Überwachungsflüge mit langer Missionsdauer genutzt werden kann.[21]
Antares ist der Name eines „roten Riesen“, dem hellsten Stern im Sternbild Skorpion. Lange Flugzeugbau nutzte den Namen des Sterns 1996 symbolisch „für den Griff nach den Sternen“[22] und für die Perspektive, Flugzeuge mit natürlichen, nachhaltigen Energiequellen ohne fossilen Fußabdruck und geräuscharm zu entwickeln. Seitdem heißen alle Elektroflugzeuge und wichtige Antriebssysteme von Lange Aviation Antares.
Lange Antares 21E, Erstflug: 9. März 2021 (Version 20E-21)[23], 8. Dezember 2021 (Version 21E)
Antares E2[15] – zwei Brennstoffzellen stellen die umweltfreundliche Energieversorgung von sechs durch Elektromotoren angetriebene Propeller sicher. Flugzeiten bis 20 Stunden und eine Nutzlast von 200 kg auch über dem Meer sollen ermöglicht werden.
Flugzeughersteller finden bei Lange Aviation modulare technische Systeme für die Erstausstattung und Umrüstung von Flugzeugen bis 7,8 Tonnen Gesamtgewicht bzw. 18 Sitzen sowie eVTOLs auf vollelektrischen Antrieb mit EASA-Zertifikat:[29] Erstes zertifiziertes Gesamtsystem seiner Art mit erstem 42kW Elektromotor für Flugzeuge[8] mit Zulassung nach Luftfahrtnormen ED-79, DO-178C und DO-254 mit Design Assurance Level C (DAL C): Durch die bei DAL C geforderten Verfahren wird eine qualitativ hochwertige und sehr sichere Hard- und Software für eVTOLs, und Flugzeuge bis 7,8 Tonnen Gesamtmasse sichergestellt.[30]
Batteriesystem (Antares.RED 3. Generation): Basiert auf Batteriezellformat 21700 und nutzt Systembauteile aus der Automobilindustrie.[19]
Leistungselektronik (Antares LE): Regelt elektrische Antriebsmotoren und kommuniziert Sensorinformationen für Systeme unterschiedlicher Leistungsklassen.[31]
Ladeeinrichtung (2. Generation): Wird im Flugzeug verbaut und ermöglicht Laden an 230V bzw. 400V Steckdosen.[32]
Electronic Drive Control (4. Generation): Zentrale Steuerungs- und Regeleinheit und Human Machine Interface zum Piloten mit Vollfarbdisplay und Audioausgabe.[33]; verarbeitet Daten des elektrischen Antriebs, des Batteriesystems und optional auch einer Hydraulikanlage.
Elektromotor (EA42): Mit eigens entwickelter Luftschraube der leiseste Propellerantrieb nach Kapitel 10 der EASA gemessene Propellerantrieb.[34] Zur Optimierung der Lärmsignatur war der Motor für niedrige Drehzahlen und hohe Drehmomente ausgelegt, so dass die maximale Blattspitzengeschwindigkeit der Propellerblätter auf 0,4 Mach reduziert werden konnte. Mit der Motor- und Propellerkombination wurde mit der Antares 20E ein Lärmwert von nur 48,8 db(A) gemessen.
Sitz des Unternehmens ist der Sonderlandeplatz Zweibrücken, dessen 2.400 Meter Piste Flugzeugstarts aller Größen ermöglicht. Im Jahr 2019 ersteigerte Lange Aviation eine Werft auf dem Flugplatzgelände.[36] Die Industrie- und Handelskammer Pfalz bezeichnete Lange Aviation im Dezember 2021 als „Hidden Champion“.[37]
Rekorde und Wettbewerbseinsätze von Antares Flugzeugen
Lange Aviation war 2023 Sponsor des Power People Project und dessen Initiative „100 Portraits – Power Women 2023“ mit dem Ziel, mehr Frauen zu einer Tätigkeit im Engineering zu motivieren.[47]
↑Firmengeschichte. In: lange-aviation.com. 31. März 2022, abgerufen am 15. Januar 2024.
↑Die meisten Elektroflugstunden der Welt. Axel Lange, CEO Lange Aviation im Gespräch mit Prof. Dr. Otto Künzel beim Berblinger Flugforum 2022. In: lange-aviation.com. 2022, abgerufen am 15. Januar 2024.
↑ abEASA.E.015 – Lange EA42 series engines. Vorläufige Richtlinie für den Einbau von Elektroantrieben in Motorseglern, I412-Elektro-97, Ausgabe 24..April 1998. Gleichwertig mit den Special Conditionen-Lufttüchtigkeitsstandard für CS-22H Elektromotor betrieben in Motorseglern. In: easa.europa.eu. EASA – European Union Aviation Safety Agency, 31. Januar 2006, abgerufen am 15. Januar 2024 (englisch).
↑Lange Aviation | Segelflugzeugbau. Kasten rechts – „Das Unternehmen“. Rheinland-Pfalz – Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, abgerufen am 15. Januar 2024.
↑Leitstern. In: www.flugmodell-magazin.de. 20. April 2012, abgerufen am 18. Januar 2024 (deutsch).
↑Auszeichnungen & Partner. Abschnitt „Technologiepartner“. Lange Aviation, 2022, abgerufen am 15. Januar 2024.
↑Die meisten Elektroflugstunden der Welt. Axel Lange, CEO Lange Aviation im Gespräch mit Prof. Dr. Otto Künzel beim Berblinger Flugforum 2022. In: lange-aviation.com. 2022, abgerufen am 15. Januar 2024.
↑Flying Lab Entwicklung. In: lange-aviation.com. 12. September 2022, abgerufen am 15. Januar 2024.
↑EASA Certification Noise Levels – Light propeller driven aeroplanes noise database. ((Excel (XLSX), 2.908 kB)) MAdB_Light_Prop_20231207_.xlsx – Spalte AJ (Take-Off Chapter 10 aufsteigend sortieren) – in Spalte G erscheint Lange Aviation an erster Stelle. In: easa.europa.eu. EASA – European Union Aviation Safety Agency, 7. Dezember 2023, abgerufen am 5. Januar 2024 (englisch).
↑Gerhard Marzinzik: AERO 2017: Neuheiten Segelflugzeuge. 5. Absatz: „Der technisch-wissenschaftlichen Organisation des Segelflugs (OSTIV) war das beim Kongress 2017, der parallel zur WM in Australien stattfand, eine besondere Auszeichnung wert …“ In: Aerokurier. 4. April 2017, abgerufen am 25. Januar 2024.
↑OSTIV Awards. The OSTIV-Prize with Morelli-Award. In: OSTIV. Organisation Scientifique et Technique Internationale du Vol a Voile, abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).