Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland entstand als Teil eines weltweiten Internetphänomens als Reaktion auf Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters. In Deutschland wurde die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Berlin-Brandenburg als Verein gegründet. Später öffnete dieser sich bundesweit und wurde 2011 als gemeinnützige Körperschaft anerkannt, die „ausschließlich und unmittelbar kirchliche Zwecke“ fördere.[2] Satzungsgemäßes Ziel der KdFSMD ist die Verbreitung einer offenen und toleranten Ethik im Sinne des evolutionären Humanismus.[3] Bis 2021 war Rüdiger Weida (auch Bruder Spaghettus)[4] Vorsitzender, ihm folgte Mario Ickert (auch Bruder Mayo)[5] als Vereinsvorsitzender nach.[6] Die KdFSMD hat nach eigener Auskunft deutschlandweit 633 Mitglieder (Stand: 2024).[7]
Die Aufstellung von Nudelmesse-Hinweisschildern an den vier Zufahrtsstraßen Templins und die darauffolgende politische und rechtliche Auseinandersetzung machten den Verein überregional und international bekannt.[18][19] Der Landesbetrieb Straßenwesen in Brandenburg hatte im Jahr 2014 das Aufstellen der Schilder zunächst genehmigt,[20] zog diese Genehmigung jedoch auf Druck von Sabine Kunst (SPD), der damaligen Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, zurück.[21][22] In dem Rechtsstreit um die Aufstellung der Nudelmessen-Schilder unterlag der Verein zunächst vor dem Landgericht Frankfurt (Oder), ging jedoch vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht in Berufung.[23] Die Berufung wurde am 13. April 2016 zurückgewiesen. Der Verein legte daraufhin Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Die Beschwerde wurde am 11. Oktober 2018 abgewiesen.[24] Im nächsten Schritt legte er im April 2019 Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein, die jedoch aus formalen Gründen abgewiesen wurde.[20] Im Oktober 2021 beschloss die Stadtverordnetenversammlung Templin, dass der Verein dauerhaft die Berechtigung erhält, die Hinweisschilder anzubringen.[25][26][27]
Die KdFSMD fördert die Einrichtung von Evolutionswegen. Im Juni 2020 wurde in Templin anlässlich der 750-Jahr-Feier ein Evolutionsweg an die Stadt übergeben.[28] Bürgermeister Detlef Tabbert sagte, dass der Weg „viele interessante Details zur Geologie, Biologie und Geschichte“ biete und er das Vorhaben unterstütze, da „die Evolutionstheorie wissenschaftlich erwiesen“ sei.[29] Mit dem Evolutionsweg wolle der Verein für seine Überzeugungen und Anerkennung als Weltanschauungsgemeinschaft werben.[30][31] Der Tagesspiegel zitierte Weida mit den Worten: „Wir sind eine Weltanschauungsgemeinschaft, die den evolutionären Humanismus unter die Leute bringen will. Aber wir kämpfen dafür, dass wir den Religionsgemeinschaften gleichgesetzt werden, die immer noch sehr viele ungerechtfertigte Privilegien haben.“ Dazu gehören nach Weidas Auffassung unter anderem die Befreiung der Kirchen von Steuer- und Gerichtskosten, aber auch das Sonderrecht, Menschen entsprechend ihrer Weltanschauung einstellen oder ablehnen zu dürfen.[32] Im Oktober 2022 wurde ein Evolutionsweg in Schulzendorf eröffnet.[33][34]
Im Bemühen um Anerkennung als Weltanschauungsgemeinschaft führt die KdFSMD seit Jahren verschiedene Gerichtsverfahren auf allen Ebenen bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.[37] Sie sei der „Stachel im Fleisch der pseudo-säkularisierten Gesellschaft“ und das „Trojanische Pferd hinter den Kirchenmauern der Konfessionen“, so Arno Orzessek.[9] Über ihre politischen und juristischen Bemühungen berichten Kirchenvertreter im Dokumentarfilm I, Pastafari: A Flying Spaghetti Monster Story aus dem Jahr 2019. Derzeit ist eine Verfassungsbeschwerde zur Anerkennung des Piratenkopftuchs als weltanschauliche Kopfbedeckung anhängig, bei der die KdFSMD vom Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) unterstützt wird. Damit sollen drei juristische Aspekte geklärt werden:[38]
Staatliche Befugnis, zu entscheiden, welche Organisation als Kirche oder Religionsgemeinschaft gilt
Gleichberechtigung von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften
Stärke der religiösen oder weltanschaulichen Pflicht
In Deutschland hat sich die Praxis entwickelt, sogenannte Heilige Nudelmessen abzuhalten, die in acht zeremoniellen Schritten begangen wird,[39] u. a. mit dem Glaubensbekenntnis „Monster Unser“[40] und heiligem Abendmahl.[41] Beim Abendmahl gibt es im Unterschied zum christlichen Abendmahl weder „Fleisch von seinem Fleisch“ noch „Blut von seinem Blut“, sondern „Nudel von Seinen nudligen Anhängseln“ und „Bier von Seinem Biervulkan“.[42] Laut FAZ geht es manchen der Anwesenden beim Abendmahl darum, Religion zu verballhornen und die Kirche zu kritisieren.[41] Nudelmessen finden freitags, samstags[43] oder an anderen Tagen zu besonderen Anlässen[44] statt.
Alexander Pleh: Antireligiöse bzw. antikirchliche Gemeinschaften als Weltanschauungsgemeinschaften im Sinne des Religionsverfassungsrechts des Grundgesetzes. Dargestellt am Beispiel der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e.V.“ (=Europäische Hochschulschriften Recht, Band 6787). Peter Lang, Frankfurt am Main 2024. ISBN 978-3631918166.
↑Wir haben gewählt. In: Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland. 2. Juni 2021, abgerufen am 22. Oktober 2021 (deutsch).
↑Bruder Spaghettus (Rüdiger Weida): Ein Wort zum Freitag – Rettet die Kirchen. In: pastafari.eu. Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V., 9. Mai 2024, abgerufen am 14. Mai 2024.
↑Kirche. In: Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland. Abgerufen am 28. September 2023.
↑Gunnar Leue: Kirche des fliegenden Spaghettimonsters: „Unser Gott ist ein Kumpel“. In: Die Tageszeitung: taz. 25. Juli 2016, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 28. September 2023]).
↑Bruder Spaghettus: Eine pastafarianische Trauung... In: Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland. 28. August 2018, abgerufen am 28. September 2023.
↑Bruder Spaghettus: Das Wort zum Freitag – Ketzertag. In: fsm-uckermark.blogspot.com. Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland Gemeinde Uckermark, 18. Mai 2018, abgerufen am 24. November 2019.
↑Bruder Spaghettus: Treten Sie zurück, Frau Kunst! In: fsm-uckermark.blogspot.com. Kirche des fliegenden Spaghettimonsters Deutschland Gemeinde Uckermark, 23. Juli 2015, abgerufen am 12. Dezember 2019.
↑David Crossland: Pastafarians hungry for recognition. In: The Sunday Times – thetimes.co.uk. 2. August 2017, abgerufen am 24. November 2019 (englisch).
↑Bruder Spaghettus: Die Nudelmesse. pastafari.eu, 7. November 2019, abgerufen am 26. März 2024.
↑Laila Oudray: Streit um Messeschilder: Das „Nudelmessehinweisschildgate“. In: Die Tageszeitung: taz. 10. Dezember 2014, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 26. März 2024]).
↑ abLeonie Feuerbach, Wuppertal: Religionskritik: Pastafari feiern Nudelmesse. In: FAZ.NET. 17. Dezember 2019, ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 26. März 2024]).