Die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie beschäftigt sich mit der Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung von psychischen, psychosomatischen und neurologischen Störungen, die in der Kindheit oder Adoleszenz auftreten. Sie hat sich aus der allgemeinen Psychiatrie entwickelt und ist heute ein eigenständiges medizinisches Fachgebiet, das aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (in Deutschland offizielle Gebietsbezeichnung bis 1992) hervorgegangen ist.
Das Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie begann sich kurz vor 1900 zu etablieren. So hatte Hermann Emminghaus 1887 das erste kinderpsychiatrische Lehrbuch veröffentlicht.[1] Die erste klinische Einrichtung für Kinderpsychiatrie in Deutschland wurde 1926 in Bonn begründet und von Otto Löwenstein geleitet. Sie war wohl auch die erste dieser Art von Einrichtungen weltweit.[2] Als Nestor der Kinder- und Jugendpsychiatrie galt bis in die 1980er Jahre Hermann Stutte.[3]
Typische Diagnosen der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind im Kapitel zu psychischen Störungen des Kindes- und Jugendalters des ICD-10 aufgeführt (siehe F90-F98, Kapitel V). Die Diagnostik erfasst aber darüber hinaus die Gesamtheit der psychosozialen Bezüge eines Kindes oder Jugendlichen. Die ganzheitliche Betrachtung orientiert sich an den wissenschaftlichen Standards des Fachgebietes und ist Grundlage für alle kinder- und jugendpsychiatrische Therapiemaßnahmen (Psychotherapie, Pharmakotherapie etc.).
In folgenden Situationen kann eine Diagnostik und Therapie durch einen Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie angezeigt sein:[4]
Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildungszeit:[5]
Die Weiterbildung erfolgt nach einem festgelegten Pensum aus dem Muster-Logbuch der Bundesärztekammer, daraus sind die gültigen Logbücher der einzelnen Bundesländer abgeleitet. Die Bezeichnung wurde 1993 im Zuge der neuen Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer eingeführt und löste den 1968 eingeführten Titel „Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie“ ab.
Nach der Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (Stand 2021), die mittlerweile von den meisten Landesärztekammern umgesetzt wurde, entfällt das verpflichtende Fremdjahr in einem bestimmten Fach. Vielmehr können auf die fünfjährige Weiterbildungszeit nun 12 Monate Weiterbildung in jedwedem Fachgebiet zum Kompetenzerwerb angerechnet werden.[6] Die genauen Bestimmungen legt die jeweilige Ärztekammer fest.
Kinder- und Jugendpsychiater sind nach und während der Facharztausbildung in der Regel entweder niedergelassen oder in einer der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Kliniken tätig ein kleiner Teil ist im Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst (kurz KJPD) in Gesundheitsämtern oder anderen Behörden tätig.