Kāma (Sanskrit काम, „weltlicher Genuss“, „Verlangen“) oft einseitig als „Lust“ oder „Sexuelles Verlangen“ übersetzt, gilt im Hinduismus als eines der vier Purusharthas, die „vier Lebensziele des Menschen“. Die weiteren drei sind
Vanamali Gunturu nennt als Reihenfolge der Bedeutung: Dharma, Artha, Kama und Moksha.[2]
Hindus lehnen weltliches Streben, Lust und Verlangen nach Wohlstand nicht als unmoralisch ab, diese sind jedoch den beiden anderen Zielen, Dharma und Erlösung, untergeordnet. Ist für das tägliche Leben die Erfüllung des Dharma das wichtigste Leitziel, so sind doch für das Leben als Haushalter auch Artha und Kama notwendig. Doch obwohl hinduistische Tradition und Gesellschaft einerseits die Legitimität von Kama anerkennen, gehört der Begriff auch zu den sogenannten „Sechs Feinden“, den Übeln, die der Mensch auf dem Weg zur Erlösung überwinden muss.
Im berühmten Schöpfungslied des Rigveda[3] ist Kama, das Verlangen, Quelle und Ursprung aller Dinge.
Dieses Verlangen war der Urtrieb, der die Erscheinungswelt aufrechterhält, die hinter dem Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) stehende Kraft. Ein Vers im Atharva Veda (AV, 9.2.) begrüßt Kama als „Erstgeborenen der Schöpfung“. Das Mahabharata (12.167) berichtet von einem Disput darüber, welches der Lebensziele das höchste sei. Bhisma, einer der Pandava-Brüder, tritt für Kama ein. Dies sei die erste Pflicht des Menschen, denn ohne Begierde sei jede Leistung unmöglich. Er sieht Kama als das Geheimnis allen Erfolges, ob materieller oder geistiger Art[5].
Die Vielschichtigkeit des Begriffes Kama wird in einem anderen Abschnitt des Mahabharata deutlich. Das große Epos lässt Kamadeva, die Personifizierung des Kama, selbst erklären, in wie vielen verschiedenen Formen das Verlangen jeden Menschen beherrscht.
Innerhalb der Kamashastra-Literatur (Lehrwerke über Erotik) ist vor allem das Kamasutra, ein Lehrbuch der körperlichen Liebe, vermutlich zwischen 200 und 300 n. Chr. geschrieben, bekannt geworden. Neuere Werke sind z. B. das Ratirahasya oder das Ananga Ranga.