Jakob Ruf (* um 1505 in Konstanz; † 20. Februar 1558 in Zürich), auch Jakob Ruef, Jakob Rueff, Jakob Ruoff u. ä., war ein Schweizer Chirurg, Geburtshelfer und Schriftsteller süddeutscher Herkunft.

Leben

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Jakob Ruf wuchs in ärmlichen Verhältnissen in Konstanz auf. In jungen Jahren trat er ins Kloster Chur ein. Die Reformation veranlasste ihn, 1526 aus dem Kloster auszutreten. Er machte eine Scherermeister-Ausbildung in Konstanz und Lindau und wurde Spezialist im Operieren von Leisten- und Hodenbrüchen und Blasensteinen.

Nach dem Tode seines Vorgängers in der Schlacht bei Kappel bewarb sich Ruf beim Zürcher Rat, der ihn 1532 als städtischen Chirurg (Stadtschnittarzt) anstellte und als Stadtbürger aufnahm. Ab 1535 verkehrte er als «Stubenhitzer» (er entrichtete ein jährliches Heizgeld) in der Trinkstube der angesehenen Gesellschaft zur Constaffel im Haus zum Rüden. 1539 trat er dem «Schwarzen Garten» bei, der Untersektion für Bader und Scherer innerhalb der Schmidenzunft.

Zum Damhirschli, Neumarkt 24 («grünes» Haus, links)

1547 wurde Ruf von Heinrich Bullinger verdächtigt, bei den konfessionellen Spannungen (Schmalkaldischer Krieg) in Süddeutschland den Reformierten zu helfen. Zürich konnte seinen reformierten Glaubensbrüdern nicht beistehen, weil es nach der Niederlage bei Kappel keine weitere Auseinandersetzung mit der katholischen Innerschweiz riskieren wollte. Nach der Niederlage gegen Habsburg wurde Konstanz wieder katholisch. Ruf schrieb sein Konstanzerlied.

1552 wurde Ruf als Handwerkschirurg vom Zürcher Rat zum interimistischen Stadtarzt ernannt, weil kein an einer Universität ausgebildeter Arzt zur Verfügung stand. Zu seinen Pflichten gehörten die Behandlung der inneren Krankheiten und die Aufsicht über die Hebammen in Zürich. Sein berühmtes Hebammenlehrbuch Trostbüchlein[1] entstand in dieser Zeit. 1554 wurde er von Conrad Gessner abgelöst. Jakob Ruf bewohnte die Häuser Dammhirschli und Stelzlein (heute Neumarkt Nr. 24 und 28) und besass eine Wiese auf der Platte in Fluntern.

Werk

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Neben seiner medizinischen Tätigkeit war Ruf schriftstellerisch und kulturell tätig. Er schrieb wichtige medizinische Handbücher, beispielsweise das Lehrbuch über Geburtshilfe, in welchem er erstmals auf die Placenta praevia als Geburtshindernis[2] hinwies, oder den Augenheilkunde-Traktat. Er deutete aussergewöhnliche Erscheinungen, verfasste Flugblätter und Lieder sowie eine Reihe von Theaterstücken mit reformatorischen Anliegen und politischer Funktion, die er selbst in Zürich inszenierte.

Stadtchirurg und medizinischer Schriftsteller

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Rufs Schriften widerspiegeln die Aufbruchstimmung in der Medizin zur Reformationszeit. Er vermittelte neues anatomisches Wissen und spezialisiertes chirurgisches Handwerk für interessierte städtische Laien. Von grosser Bedeutung für die Pharmaziegeschichte der frühen Neuzeit sind die zahlreichen, in Rufs Werk integrierten Rezepte.

Embryonalentwicklung, Trostbüchlein, Holzschnitt, 1554

Theatermacher und Regisseur

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Die alle paar Jahre stattfindenden Theateraufführungen waren ein gesellschaftlicher Grossanlass, an dem fast alle der damals 5'000 Stadtzürcher teilnahmen. Aus den benachbarten eidgenössischen Städten wurden Gäste eingeladen. Das Theaterspiel wurde von Laien unter freiem Himmel auf dem Münsterhof neben dem Fraumünster gespielt und dauerte ein bis zwei Tage. Diese Volksvorführungen dienten als Massenmedien für die kollektive Konsensbildung der Stadtbevölkerung und die Sozialisation der Jungen.

Prognostiker und Kritiker der Zeichensucht

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Im 16. Jahrhundert dominierte die Auffassung, dass aussergewöhnliche Naturphänomene und Ereignisse Auskunft über das Verhältnis zwischen Mensch und Gott gaben. Missgeburten unter Menschen und Tieren, bestimmte Himmelskonstellationen und Teufelserscheinungen waren diesbezüglich gleichrangig. Aufgrund seiner medizinischen und astrologischen Kenntnisse und seiner Praxiserfahrung war Ruf prädestiniert, solche Erscheinungen zu interpretieren und der Bevölkerung entsprechende Handlungsanweisungen zu geben. Er war ein vergleichsweise nüchterner Zeichendeuter. Eine von Rufs wichtigsten Botschaften ist die Mahnung zur Vorsicht gegenüber aller Zeichendeutung (in seinem letzten Text überhaupt).

Zur Schreibung des Namens

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Jakob Rufs Name wurde zu seinen Lebzeiten in Übereinstimmung mit der schweizerischen Aussprache und der damaligen eidgenössischen Kanzleisprache gewöhnlich «Ruoff» geschrieben. In der Forschung haben sich seither mehrere Schreibvarianten wie «Jacob Rueff», «Jacob Ruof» etc. eingebürgert. Dies erschwerte die Identifikation erheblich und verursachte beispielsweise die Verwechslung mit dem Strassburger Walther Hermann Ryff. Deshalb führte die Zürcher Forschergruppe, die unter der Leitung von Hildegard Elisabeth Keller das Gesamtwerk zum ersten Mal ediert hat, die modernisierte Schreibung «Jakob Ruf» ein.[6] Für diese Vereinheitlichung hatte bereits Brian Murdoch plädiert.

Museum

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Literatur

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Commons: Jakob Ruf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Jacob Rueff: Ein schoen lustig Trostbuechle von den empfengknussen und geburten der menschen […]. Zürich (Christoph Froschauer) 1554; Neudruck, mit einer Einführung von Huldrych M. Koelbing, Zürich 1981.
  2. Barbara I. Tshisuaka: Rueff (Ruoff, Ruff, Ryff), Jakob. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1274.
  3. Jacob Ruëff: Practica in arte ophthalmica copiosa. Zürich, um 1550 (beigebunden an: Caspar Stromayr: Practica copiosa von dem rechten Grundt deß Bruch Schnidts. Lindau 1559–1567) Hrsg. von Werner Friedrich Kümmel, Gundolf Keil und Peter Proff. München 1978 und Darmstadt 1994.
  4. Iacobus Rueffus: De conceptu et generatione hominis. De matrice et eius partibus […]. Frankfurt am Main 1587; Neudruck Stuttgart o. J.
  5. Gesamtausgabe
  6. www.hildegardkeller.ch: Jakob Ruf – wer er war und wer nicht. Abschnitt «Jacob Rüf, Ruëff, Rüeff, Ryef, Ruoff, Ruof?»
  7. MMBM: Jakob Ruf
  8. Jakob Ruf. Leben, Werk und Studien. Website der Herausgeberin, abgerufen am 5. März 2018.
Personendaten
NAME Ruf, Jakob
KURZBESCHREIBUNG Schweizer Chirurg und Schriftsteller
GEBURTSDATUM um 1505
GEBURTSORT Konstanz
STERBEDATUM 20. Februar 1558
STERBEORT Zürich