Inga Clendinnen, geborene Jewell (* 17. August 1934 in Geelong; † 8. September 2016 in Melbourne), war eine australische Historikerin, Anthropologin, Intellektuelle und Autorin.

Clendinnen war die Tochter eines Möbeltischlers, der später im Stadtrat ihres Heimatorts war. Prägend für ihre Kindheit waren die Jahre der Depression und die Erlebnisse des Zweiten Weltkriegs. Sie studierte an der University of Melbourne mit dem Bachelor-Abschluss 1955 und war danach Senior Tutor an der Universität Melbourne (1956 bis 1965 und nochmals 1968). 1969 wurde sie Senior Lecturer an der zwei Jahre zuvor gegründeten La Trobe University, was sie bis 1989 blieb. 1975 erwarb sie noch einen Master-Abschluss.

Sie befasste sich mit Sozialgeschichte und insbesondere dem Aufeinandertreffen fremder Kulturen, zum Beispiel der Begegnung weißer Einwanderer in Australien und den Ureinwohnern (mit einer umstrittenen Neuinterpretation, zuerst vorgestellt in den Boyer Lectures 1999) und der Begegnung von Maya und anderen Ureinwohnern mit den spanischen Eroberern in Mittelamerika. Sie galt als Expertin für die Kultur der Azteken, die insbesondere die zentrale Rolle der Menschenopfer in der aztekischen Kultur herausstellte. Eines ihrer Interessen war Gewalt in Gesellschaften. Sie veröffentlichte auch über den Holocaust und ihr Buch Reading the Holocaust wurde vielfach ausgezeichnet. Es betrachtete die Vernichtungslager aus einer neuen anthropologischen Perspektive unter Einbeziehung der erzwungenen Beteiligung der Häftlinge selbst an der Organisation der Lager (Sonderkommandos) und den hierarchischen Beziehungen der Häftlinge und Bewacher.

Sie war seit 1955 mit dem australischen Wissenschaftsphilosophen F. John Clendinnen (1924–2013) verheiratet, mit dem sie zwei Kinder bekam. 2000 veröffentlichte sie autobiographische Essays um Krankheit und Tod (Tiger's Eye). Sie schrieb auch Rezensionen und Essays zum Beispiel für Quarterly Essay, wobei ein Essay über Geschichtsschreibung besonders bekannt wurde (Who owns the past ?).

2016 erhielt sie einen Dan-David-Preis im Bereich Vergangenheit – Gesellschaftsgeschichte. 2006 wurde sie Offizier des Order of Australia und 1992 Fellow der Australian Academy of the Humanities. 1987 war sie Fellow des Institute for Advanced Study. 2005 erhielt sie die Biennial Medal der Australian Society of Authors.

Schriften