Am 22. September 1854 in Alsfeld geboren, zog Henny Koch 1881 mit ihrer verwitweten Tante Sophie Ernst nach Jugenheim an der Bergstraße, lebte zunächst in dem damals als „Villa Ernst“ bezeichneten Haus in der Zwingenberger Str. 4, seit 1898 dann aber mit ihrer Mutter Amalie, geb. Hartmann, in der Zwingenberger Str. 20, genannt „Die Klause“.
In Jugenheim lebten zu Beginn des ersten Jahrzehnts im 20. Jahrhundert mehrere Schriftsteller. Henny Koch als Mädchenbuchautorin gehörte dazu, mit der noch heute bekannten Helene Christaller und auch mit Reinhard Roehle als Autor von Abenteuerbüchern, die beide Henny Koch gut kannten und Nachrufe zu ihrem Tode am 13. Juni 1925 verfassten. Henny Koch wurde 70 Jahre alt.
Heute fast in Vergessenheit geraten, war sie zu ihrer Zeit eine sehr bekannte, viel gelesene Jugendschriftstellerin, die 29 Jugendbücher, vor allem Bücher für junge Mädchen, veröffentlicht hat. Ihre Erzählungen erschienen meist als Fortsetzungsgeschichten in der illustrierten Mädchenzeitung „Das Kränzchen“, wurden erst später in Buchform (teilweise in der damals sehr beliebten Reihe der Kränzchen-Bibliothek) herausgebracht. Zum Teil wurden sie sogar in fünf Sprachen übersetzt. Ihre schriftstellerische Karriere begann Henny Koch ab 1890 mit Übersetzungen amerikanischer Werke (zum Beispiel 1890 die erste deutsche Übersetzung von Huckleberry Finn) und mit der freien Bearbeitung eines Buches von Laura E. Richards, bis sie 1901 ihr erstes eigenes Werk herausbrachte.
Alle Bücher und Kurzgeschichten hat sie in Jugenheim verfasst. Wenn der Ort selbst auch nie erwähnt wird, so ist doch in einigen Erzählungen zu erkennen, dass die Umgebung und die Bewohner der Hessischen Bergstraße sie inspiriert haben.
Ihre Bücher sind zur Backfischliteratur zu zählen, wobei es sich aber nicht nur um typische Backfischromane handelt, sondern auch andere, untypische Themen in die Geschichte der Entwicklung eines jungen Mädchens miteingesponnen werden. Die Literaturwissenschaft spricht von sich in der Kaiserzeit neu herausbildenden Gattungen, dem Mädchenkriegsroman, Mädchenkolonialroman, Mädchenreiseroman und dem historischen Mädchenroman. In Henny Kochs Werk finden sich Exemplare zu jeder dieser Gattungen, aber natürlich auch mehrere typische Backfischromane.
Emily Huntington Miller: Was Buwi alles anstellte. Übersetzung: Henny Koch. Frankfurt am Main 1890.
Amélie Rives Troubetzkoy: Der Lebende oder der Tote?. Übersetzung: Henny Koch. Frankfurt am Main 1890.
Mark Twain: Humoresken. Übersetzung: Margarete Jacobi, Henny Koch und L. Ottmann. Leipzig 1900. online
Mark Twain: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten. Übersetzung: Henny Koch. Stuttgart 1890 (Sternbanner-Serie. Amerikanische Humoristen und Novellisten, Bd. VIII).
Mary Eleanor Wilkins Freeman: Ein bescheidener Roman und andere Erzählungen. Übersetzung: Henny Koch. Stuttgart 1893.
In Die Vollrads in Südwest, das zunächst 1913/14 als Fortsetzungsgeschichte im "Kränzchen" erschienen ist, begleiten wir Familie Vollrad bei ihrem Neuanfang in der damaligen deutschen Kolonie in Südwestafrika, wo sie in die Kriegswirren geraten. Es finden sich Rechtfertigungen der deutschen Kolonisierung Afrikas und des Kriegs gegen die Herero. Das Ziel bestehe darin, die schwarze Bevölkerung in den Gebieten, die sie – anders als das Deutsche Reich – angeblich „nicht brauchen“, „wirklich zu Menschen zu machen“ und ihnen „als Gewinn [zu] bringen, was wir Kultur nennen“.
Ulrich Cartarius, Dana Rothstein: Die Klause in Jugenheim an der Bergstraße – Dichterheim – Sprachschule – Kulturelles Denkmal. In: Georg G. Iggers, Dieter Schott, Hanns H. Seidler, Michael Toyka-Seid (Hrsg.): Hochschule – Geschichte – Stadt. Festschrift für Helmut Böhme. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-18616-8.
Dana Rothstein: Henny Koch. In: Kurt Franz, Günter Lange, Franz-Josef Payrhuber (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Autoren, Illustratoren, Verlage, Begriffe. Corian Verlag, Meitingen 2005, ISBN 3-89048-150-7.
Elisabeth Friedrichs: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. Metzler, Stuttgart 1981, S. 163.