Hartmut Elsenhans (* 13. Oktober 1941 in Stuttgart; † 18. Januar 2024 in Leipzig[1]) war ein deutscher Politikwissenschaftler. Er war Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Leipzig. Er gilt als Begründer der Staatsklassen-Theorie und als Theoretiker des globalen Keynesianismus.

Leben und Werk

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Hartmut Elsenhans ging in Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart-Mitte zur Schule. Er studierte ab 1962 Politikwissenschaft, Geschichte, Soziologie und Romanistik in Tübingen und Berlin. 1967 erwarb er sein Diplom in Politikwissenschaft. 1967–1970 lebte er in Paris als Mitglied des Cycle Supérieur d’Etudes Politiques, wo Ralf Dahrendorf, Theodor Eschenburg, Alfred Grosser, Gerhard Lehmbruch und Gilbert Ziebura seine wichtigsten Lehrer waren. 1970–1975 war Elsenhans Zieburas Assistent.

Elsenhans wurde 1973 mit seiner Arbeit „Frankreichs Algerienkrieg 1954–1962. Entkolonialisierungsversuch einer kapitalistischen Metropole“ promoviert. 1976 habilitierte er sich an der FU Berlin mit dem Werk „Geschichte und Ökonomie der Europäischen Welteroberung. Vom Zeitalter der Entdeckungen bis zum Ersten Weltkrieg“, das er später auf insgesamt fünf Bände – und damit zu seinem zentralen Lebenswerk – erweiterte. Nach kurzem Aufenthalt an der Universität Montreal übernahm Elsenhans eine Dozentur an der Universität Frankfurt. 1976 übernahm er eine Professur für „Internationale Beziehungen“ (mit dem Schwerpunkt Analyse der Unterentwicklung und der sozialen und nationalen Emanzipationsbewegungen) an der Universität Marburg.

1980 übernahm er eine in vielerlei Hinsicht wichtige Professur in Konstanz. Mehrere längerfristige Forschungsprojekte und ein Sonderforschungsbereich führten ihn näher an Staat und Verwaltung in Entwicklungsländern und näher an internationale und Entwicklungsorganisationen. Viele seiner Arbeiten erschienen in dieser Zeit in fremdsprachigen Ausgaben. 1992 wechselte er an die Universität Leipzig und baute den Bereich „Internationale Beziehungen“ neu auf. 2007 ging Elsenhans in den Ruhestand. Die Fachschaft der Politikwissenschaft an der Universität Leipzig ernannte ihn zu ihrem Ehrenmitglied. Elsenhans forschte, lehrte und lebte bis zu seinem Tod weiterhin in Leipzig.

„Hartmut Elsenhans ist der führende Theoretiker des globalen Keynesianismus. Seine Belesenheit ist legendär. [...] Elsenhans’ vielleicht wichtigste Einsicht ist, dass der Kapitalismus nur als Fordismus funktionieren kann. Er benötigt wachsende Massenkaufkraft, um eine, seiner steigenden Produktivität entsprechende, Nachfrage zu schaffen. Dazu müssen die Löhne mit der Produktivität wachsen. Da der Kapitalismus nur überleben kann, wenn er von einer starken Arbeiterklasse zur Abgabe von Massenkaufkraft gezwungen ist, hängen sowohl seine Entstehung wie auch sein Fortbestand von den entsprechenden gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen ab. Daher gibt es auch keinen automatischen Übergang zum Kapitalismus, nur weil der Produktivitätsfortschritt (zunächst in der Landwirtschaft, später in der Industrie) ein gesellschaftliches Mehrprodukt ermöglicht. Dieses kann nämlich auch von einer Elite angeeignet werden, die es ausgibt für Luxus, einen starken Staat, der sie beschützt, und für die Patronage ihr auch deshalb treuer Klientelgruppen. Auch die Modernisierungsversuche der Staatsklassen, die in vielen Ländern der Dritten Welt nach der Unabhängigkeit an die Macht kamen, scheitern meist daran, dass der Tugendkreis von Massenkaufkraft, Profitwachstum und Aufbau eines Investitionsgütersektors nicht in Gang kommt. […] Der globalisierte Kapitalismus ist für Elsenhans durch ähnliche Mechanismen vom Niedergang bedroht. Die Kapitalisten können dank der weltweiten Lohnkonkurrenz verhindern,dass die Arbeitnehmer voll am Produktivitätsfortschritt partizipieren. Die Nachfrageausfälle führen zu Arbeitslosigkeit, die die gesellschaftliche Macht weiter zugunsten der Unternehmer verschiebt. Es droht eine Dauerkrise der Unterkonsumption und Wachstumsschwäche.“

Michael Dauderstädt[2]

Schriften (Auswahl)

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Literatur (Auswahl)

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Einzelnachweise

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  1. Würdigung von Hartmut Elsenhans (1941-2024). 24. Januar 2024, abgerufen am 25. Januar 2024.
  2. Michael Dauderstädt: Kapitalistisches Weltsystem – Analyse von Hartmut Elsenhans. In: Neue Gesellschaft – Frankfurter Hefte 5, 2012, S. 69–71.
Personendaten
NAME Elsenhans, Hartmut
KURZBESCHREIBUNG deutscher Politologe und Ökonom
GEBURTSDATUM 13. Oktober 1941
GEBURTSORT Stuttgart
STERBEDATUM 18. Januar 2024
STERBEORT Leipzig