Hans Leip

Hans Leip (Pseudonym: Li-Shan Pe; * 22. September 1893 in Hamburg; † 6. Juni 1983 in Fruthwilen (Kanton Thurgau)) war ein deutscher Dichter und Schriftsteller.

Leben

Leip war der Sohn eines ehemaligen Seemanns und Hafenarbeiters im Hamburger Hafen und wuchs in Hamburg auf. Ab 1900 besuchte er eine Volksschule, von 1905 an eine Seminarschule und von 1909 bis 1914 eine Präparandenschule, an der er 1914 die Lehrbefugnis für die Fächer Sport und Religion erlangte. Ab Ostern 1914 war er Lehrer in Hamburg-Rothenburgsort.

1915 wurde Leip zum Militär einberufen; seine Ausbildung zum Gardefüsilier erfolgte in der Maikäferkaserne in Berlin. Es folgten Einsätze an der Ostfront und in den Karpaten. 1916 heiratete er Lina Stellmann (1895–1969), mit der er die Tochter Grita (1920–1981) hatte. Nach einer Verwundung im Jahre 1917 wurde er für dienstuntauglich erklärt.

Leip kehrte in seinen Lehrerberuf zurück, gleichzeitig begann er, in Hamburger Zeitungen Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Von Oktober 1917 bis Dezember 1919 schrieb er Kunstkritiken für die Neue Hamburger Zeitung (1922 aufgegangen im Hamburger Anzeiger) und versuchte sich als Grafiker. 1919 fand die erste Ausstellung von Leips grafischen Arbeiten statt, der zu dieser Zeit das Leben eines Bohemiens führte. 1920 erschien Leips erstes Buch, das, wie viele seiner Werke, vom Autor selbst grafisch gestaltet war. In dem Jahr trat er zudem der Hamburgischen Künstlerschaft bei.

In den 1920er Jahren unternahm Leip ausgedehnte Reisen, die ihn u. a. nach Paris, London, Algier und New York führten. 1925 heiratete er in zweiter Ehe Gretl Maria Haalck (1895–1939), mit der er zwei Töchter hatte; im selben Jahr gelang ihm der literarische Durchbruch mit dem Seeräuberroman Godekes Knecht, der mit einem von der Kölnischen Zeitung gestifteten Preis ausgezeichnet wurde. Parallel zur Arbeit an seinen literarischen Werken, die in den 1930er und 1940er Jahren hohe Auflagen erzielten, war Leip weiter als Maler, Zeichner und Bildhauer tätig. Während des Zweiten Weltkriegs lebte er anfangs in Hamburg und Norddeutschland, ab 1940 dann vorwiegend am Bodensee und in Tirol.

Für die UFA-Filme Gasparone (1937), Nordlicht (1938) und Der letzte Appell (1940) schrieb Leip an den Drehbüchern mit.[1] Er ließ sich von der NS-Propagandaführung als Biograph des zum arischen Kämpfertypus stilisierten Boxstars Max Schmeling gewinnen und nahm 1940 und 1941 an den sogenannten Weimarer Dichtertreffen teil, die von Joseph Goebbels als Schaulauf für die nationalsozialistische Literaturelite organisiert wurden.[2] In der 1939 bis 1945 von der NS-Okkupationsmacht herausgegebenen Krakauer Zeitung erschienen mehr als fünfzig Texte von Hans Leip.[3] Am 1. September 1942 wurde Leip gemeinsam mit rund fünfzig weiteren Schriftstellern und Drehbuchautoren von Adolf Hitler das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse ohne Schwerter verliehen.[4]

Bis 1943 war Leip Mitarbeiter des aufgrund des 2. Weltkriegs nach Überlingen am Bodensee in den Gallerturm ausgelagerten Archivs mit seltenen Handschriften der Klassiker des Cotta-Verlags. Die spätere Cotta-Chef-Lektorin und zuletzt stellvertretende Verlags-Geschäftsführerin Kläre Buchmann (1908–1945) hatte Leip bereits 1936 kennengelernt und als 43-jähriger Verheirateter eine nebeneheliche Beziehung mit der 28-jährigen Ledigen begonnen; ihretwegen wechselt er zum Cotta-Verlag (wo 1937 sein Roman Der Matrose und Miß Lind erscheint). Auch nach der Heirat der Schwester seiner ersten Frau Gretel traf sich Leip wiederholt heimlich mit Kläre Buchmann. Von Mai bis zum September 1943 lebten Buchmann und Leip zusammen in Überlingen, im Spätjahr 1943 setzte sich Hans Leip immer häufiger von seiner Familie und dem bombardierten Hamburg zu Kläre Buchmann an den Bodensee ab.[5] Ab Februar 1944 lebte Leip wieder dauerhaft in Süddeutschland, er zog sich mit der von ihm schwangeren Buchmann für kurze Zeit auf die Wurmegg-Alm in Tirol zurück (Galtenberghaus oberhalb von Innsbruck), wo am 6. Dezember des Jahres die gemeinsame Tochter Agathe zur Welt kommt. Ende Oktober 1945 fährt Leip zurück zu seiner Familie nach Hamburg, während Kläre Buchmann an den Bodensee zu ihrer Mutter zurückkehrt.[5]

Am 1. Dezember 1945 nimmt Kläre Buchmann sich in Überlingen das Leben - bald nach der Niederkunft hatte sie eine Psychose entwickelt. Leip adoptiert ihre kurz zuvor geborene gemeinsame Tochter, die bei der Wirtin des Galtenbergshauses Maria Neumayer als Pflegemutter in Tirol lebt, löst die 1940 geschlossene Ehe mit Ilse Haalck (1902–1993) auf, der Schwester seiner zweiten Ehefrau, und lässt sich im Schweizer Kanton Thurgau nieder.[5]

1949 heiratet Leip zum vierten Mal: Die Verlagsangestellte Käthe Bade (1914–1992);[6] nach Oswald Burger „mystifiziert er sie zu einer Art Wiedergeburt von Kläre Buchmann“ - sie war ähnlich alt wie die Buchmann und hatte auch dieselben Namens-Initialen.[5]

Ab den 1960er Jahren widmet sich Leip wieder verstärkt den bildenden Künsten, insbesondere der Malerei.

Grabstätte Leips und seiner vierten Frau Kathrin ("Käthe", geb. Bade) sowie von Lore Leip auf dem katholischen Friedhof in Horn auf der Halbinsel Höri am Untersee

1982 stirbt er mit 89 Jahren in Fruthwilen im Thurgau;[7] sein mit seiner vierten Frau Käthe gemeinsames Grab befindet sich am nordwestlichen Rand des Friedhofs der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Johann und Vitus auf der Höri in Horn am Untersee.[8]

In seinen Memoiren erinnert sich Leip an Kläre Buchmann;[9] seinen vier Kindern „war er ebenso wenig sorgender Vater wie ihren Müttern ein treuer Ehemann“.[5]

Werk

Hans Leips literarisches Werk besteht aus Romanen, Erzählungen, Gedichten, Theaterstücken, Hörspielen und Filmdrehbüchern. Vorherrschende Themen sind das Meer und die Seefahrt. Leips frühe Werke standen unter dem Einfluss des Expressionismus und schlugen häufig ekstatische Töne an. Mit fabulierfreudigen und unterhaltsamen erzählerischen Werken erzielte Leip später große Publikumserfolge.

Sein Nachruhm beruht jedoch hauptsächlich auf dem Gedicht Lili Marleen, das Leip 1915 verfasste und 1937 in den Gedichtband Die kleine Hafenorgel aufnahm; in der Vertonung von Norbert Schultze, interpretiert von der Sängerin Lale Andersen und verbreitet durch den Soldatensender Belgrad, erlangte das Lied während des Zweiten Weltkriegs eine ungemeine Popularität – nicht nur bei den Angehörigen der deutschen Wehrmacht.

Auch zahlreiche weitere Gedichte Leips wurden vertont, unter anderem von Norbert Schultze, Oss Kröher und Rudolf Zink.[10] Der Pfadfinderschaft Grauer Reiter, der er freundschaftlich verbunden war, widmete Hans Leip 1957 das Gedicht Und irgendwo die Steppe, das in der Vertonung von Erik Martin nunmehr zum Bundeslied der Pfadfinderschaft avancierte.

Mitgliedschaften

Hans-Leip-Ufer in Klein Flottbek am Europäischen Fernwanderweg E1

Hans Leip war Mitglied des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, aus dem er jedoch – aus Protest gegen die deutsche Teilung – wieder austrat. Ab 1950 gehörte er der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt und ab 1951 der Freien Akademie der Künste in Hamburg an.

Auszeichnungen und Ehrungen

1961 wurde Leip vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mit der Medaille für Kunst und Wissenschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ausgezeichnet, der ihm 1973 auch eine Ehrenprofessur sowie 1978 die Biermann-Ratjen-Medaille verlieh.

Die Hans-Leip-Straßen in Cuxhaven-Döse und Quickborn sowie das Hans-Leip-Ufer in Hamburg-Altona wurden nach ihm benannt.

Werke

Prosa, Lyrik, Drama

Postum

Hörspiele

(Weiterführende Informationen zu allen vier Hörspielen siehe Hans Leip in der ARD-Hörspieldatenbank.)

Herausgeberschaft

Literatur

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945 (= Die Zeit des Nationalsozialismus. Bd. 17153). Vollständig überarbeitete Ausgabe. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-596-17153-8, S. 326 f.
  2. Kai-Uwe Scholz: „Lili Marleen“ und kritische Lyrik. In: Die Tageszeitung: taz. 28. Dezember 2001, ISSN 0931-9085, S. 18 (taz.de [abgerufen am 14. Januar 2024]).
  3. Rüdiger Schütt: Dichter gibt es nur im Himmel, 2001, S. 212 (Snippet-Ansicht bei Google Books).
  4. Bogusław Drewniak: Der Deutsche Film 1938-1945: ein Gesamtüberblick. Droste, Düsseldorf 1987, ISBN 3-7700-0731-X, S. 176 (990 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b c d e Oswald Burger, in: Badische Zeitung: Eine tragische Romanze am Bodensee. 5. Januar 2024, abgerufen am 5. Januar 2024.
  6. SUB Hamburg - HANS. Abgerufen am 21. Juni 2022.
  7. Hans Leip, Author and Artist; Wrote Lyrics of 'Lili Marlene'. The New York Times, 8. Juni 1983, abgerufen am 18. Mai 2017 (englisch).
  8. Grab Hans Leip in Horn, Ortsteil von Gaienhofen auf www.gaienhofen.de (Memento des Originals vom 21. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gaienhofen.de
  9. Auch in: Hans Leip: Das Tanzrad, S. 166
  10. Rainer Kurtz: Hans Leip. Maulbronn 2007.
  11. Digitalisat im Internet Archive
  12. Lektorin im Cotta Verlag, siehe Buchmann, Kläre in: Deutsche Biographie.
  13. Digitalisat im Internet Archive
  14. Mit aus der Originalausgabe von 1943 übernommenen Druckfehlern (z. B. „Besiegeluug“, S. 34).
  15. Lt. Kürschner 1974, S. 563; dort als Komödie bezeichnet.
  16. Aus: Patriotische Gesellschaft von 1765 (Hrsg.): Beatles, Hagenbeck & Schopenhauer. Menschen und Ereignisse in Hamburg. L & H Verlag, Hamburg 2001.