Gernot, genannt Irrmut (* 1280 in Wertheim; † vor September 1347) war Oberhaupt einer Patrizierfamilie in Wertheim, Dertingen und Homburg am Main. Des Standes wegen waren sie mit Grafen in Rechtsstreit, sie liehen[1] dem Bischof Matthias von Mainz 1330[2] und dem Erzbischof von Mainz 1427 Geld. Schon vor 1330 saßen sie auf einer Wertheimer Burg. 1370 hatte Ruker Irremut von Wertheim ein Stadtrichteramt und war Bürger zu Külzheim. Den Zehnt verschiedener Ortschaften mehrte ihr Vermögen, 1427 gehörte ihnen z. B. 1/4 des Zehnt von Hundheim[3]. 1429 besitzen sie noch das Mannlehen Dertingen[4].

Alte Münz, ältestes Wohnhaus im Zentrum Wertheims 1260 errichtet. Wohnhaus des Stadtschultheiß
Historischer Schulzensitz, seit 1562 Altes Rathaus in Wertheim

Leben

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Ein Spitzenahn des bürgerlichen Geschlechtes ist 1304 durch Gernot, genannt Herold von Wertheim[5] belegt. Ihm folgte ein Sohn Gernot, genannt Irrmut, der als Schultheiß von Wertheim,[6] seit 1323 im Wechsel mit Gernot von Kottwitz, wirkte. Beide dienten dem Grafen von Wertheim. Ein Schulzenhaus, das schon 1260 errichtet wurde, war Wohnhaus des Schultheiß und beherbergte auch die Münze von Wertheim. Karl der IV. vergab 1363 das Münzprägerecht an die Grafenschaft. Das Geschlecht der Gernot’s wurde mit Ländereien, Weinbergen, Mühlen südlich von Wertheim und einer Burgherrenstätte auf Homburg am Main im 14. und 15. Jahrhundert belehnt. Ihre Besitzungen in Homburg, Wertheim und Kreuzwertheim gehörten zu Zeiten Karls IV. zur böhmischen Krone. Der DertingenerMiltenberger Familienzweig nannte sich weiterhin „Irrmut“ bis ins 15. Jahrhundert, danach starb der Irrmut-Zweig aus. König Gustav von Schweden nannte um 1632 noch in einer Landschenkung an Wertheim ein Irrmut-Lehen.

Rathaus Arnau, links Patrizierhaus der Gernert in Böhmen

Deutung und Namenszusammenhang Irrmut und Gerner(t)

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Der Beiname Irrmut bedeutet Widerwille. Der Irremot, irre(n)mot ist in alten Namensbüchern erklärt[7]. Der Beiname Widerwille ist wohl für einen Schultheiß, Richter und Herold namens Gernot eine persönliche Charaktereigenschaft gewesen. Der Sprachwissenschaftler Karl Gustav Albert Hoefer setzt den Beinamen Irremut mit Dummert und Dumrath einem Altvile gleich,[8] der laut Sachsenspiegel nicht lehenswürdig war. Dieser Umstand leitete wohl die Änderung des Namens ein. Ein Familienzweig nannte sich Irrmut, anderer Zweige bekamen die Ableitung des Namens Gernot als Familiennamen.[9] In einem kaiserlichen Befehl an die Schultheissen von Dertingen, aus Prag am 27. September 1600, nennt der Befehl unter Vierzehendes: Gernetten[10] dem alten Schultheissen zu Wertheim, gemeint war somit der Schultheiß Irrmut. Die Schreibweise des Familiennamens ist auch Gerner[11], der Schultheiß von Wertheim, dies ist durch häufige Abbreviaturen von Gernot entstanden, wie es zuvor auch in den Nibelungenliedtextvarianten nachweislich vorkam, d. h., Gernot wird zu Gernet, Gernet zu Gernert, durch Abfall des t entstand dann Gerner als Patronym des Gernot.

Nachkommen der Geschlechter namens Gerner

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Im südlichen Maingebiet nannten sich Nachkommen nun Gerner(t) und Gernet[12]. Gerner’s gründeten in der Grafschaft Wertheim Müllerdynastien, dienten als Ritterknechte, waren Burgsassen (-männer) und -vögte auf Burg Homburg am Main[13][14], auf Burg Sulz (Jagst), waren Schlossbesitzer in Sindolsheim und arbeiteten in den herrschaftlichen Verwaltungen der Grafen von Wertheim und anderen Adligen als Schultheiß, Rücker (Richter), Keller bzw. Schreiber. Bernhardus Gernert (1498) und sein Bruder aus Klingenberg am Main waren Studenten an der Universität Heidelberg.[15] Geldverbindlichkeiten zu den Adelsfamilien von Kottwitz (Kottbus), von Fechenbach, von Collenberg, von Baldersheim bestanden.

Migration des Geschlechts nach Osten

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Eine Binnenmigration, um das Jahr 1362 herum, von Wertheim am Main, dem Mannlehen der böhmischen Krone, zum böhmischen Stammland Karls IV. an die obere Elbe ist mit der dortigen Gründung des Dorfes Kottwitz durch die Herren von Kottwitz und Gern(ot),-(ert) aus Franken nachzuweisen. Mit der Ostexpansion des Deutschen Ordens gingen fränkische Herren von Kottwitz, in der Zeit Karls des IV. zurück in den Osten und ein Teil der Gerner zog mit ihnen. Die Setzung der Gernot-Gernet-Gernert-Gerner Kolonisten im böhmischen Arnau/Hostinne und Umgebung (auch tschechisch Kernert in Tschermna genannt) zeigt die Familie 1505 als Stadtpatrizier. Sie besaßen Häuser neben dem Rathaus, die sie 1592 an die von Waldstein / Wallenstein verkauften. Sie waren im 16. Jahrhundert deren Weinschenke in Arnau und kassierten die Torgelder der Reisenden und Händler. Sie amtierten als Stadträte, Senatoren, Bürgermeister und geprüfte Räte von Arnau. Der böhmische Exulantenführer namens George Gernert entstammt diesem Geschlecht.

Wappen oder Siegel im Schild

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Das Siegel des Schultheiß der Stadt Wertheim um 1324, der Gernot (auch Gerner), genannt Irrmut bezeugte und siegelte die Urkunden der Grafschaft und der Stadt Wertheim. Anhängende Wachssiegel mit der umlaufenden Prägung WERTHEIM + S GERNODI * SAL . DE * zeigten in einem Herzschild die Abbildung eines Mühleisens[16]. Das Siegel hängt an Urkunden der Stadt Wertheim, Dertingen, Homburg am Main u. a. Auch die schlesischen von Kottwitz führten Mühlsymbole in ihrem Wappen.

Siehe auch

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Quellen

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Reihenfolge der Urkunden- und Regestennachweise:

Alle folgenden Quellen sind, wenn nicht anders beschrieben, im Landesarchiv-bw.de

1304 Gernodus der Herold
1325 Gernod als Name des Schultheiß
1325 Gernod wird nach dem N mit Kürzungszeichen für ER, nicht für O, geschrieben. (Wie im Nibelungenlied entsteht Gern er(dt) aus Gern o dt)

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. 1347 Hans Irremut, Gernot Irremut’s Sohn einigt sich mit Graf von Wertheim G-Rep.100 1347 Sept. 21.
  2. Archiv: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe. Otto, Regesten, abgerufen am 26. Mai 2015.
  3. Staatsarchiv Wertheim: 6.Rep 100 1427 Sept. 19.
  4. Staatsarchiv Wertheim: 6.Rep.100 1429 Sep. 2.
  5. 1304 Gernodus, genannt Herold, Wertheim, R-US 1304.
  6. 1324 Gernodus gen. Irmut, gewesener Schultheiß zu Wertheim, R-US-US 1324.
  7. In Regesten König Karl.IV. 1386.März.19, Seib. Urkunden Nr. 874 u. 817 wird der irremot geschrieben.
  8. Karl Gustav Albert Hoefer: Altvile im Sachenspiegel. Ein Erklärungsversuch. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1870 (Scan in der Google-Buchsuche).
  9. Theodor Siebs, Max Hippe: Die deutschen Familiennamen nach Breslauer Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts. In: Hermann Reichert (Hrsg.): Wort und Brauch, Volkskundliche Arbeiten namens der Schlesischen Gesellschaft zur Volkskunde. Band 1. Breslau, S. 40–51, 122.
  10. Johann P. Reinhard: Wohlbegründeter Gegenbericht in Sachen Würzburg contra Wertheim. Nr. 175, 408.
  11. Siehe auch Gerner (Familienname). In: Gen Wiki vom Namenforscher Jürgen Gerner.
  12. Siehe Eintrag auf GenWiki.
  13. 1349 Gotz Irmuth, Bürger zu Homburg am Main, Bürge Verkauf Güter zu Erlenbach F-US 10 Nr. 61.
  14. Johann Gottfried Biedermann: Geschlechtsregister der Reichs Frey unmittelbaren Ritterschaft des Landes zu Franken. Johann Albrecht Spindler, Culmbach 1751, Herren von Jemmerer, 1402 Burghauskauf Irmuthen (Scan in der Google-Buchsuche).
  15. Gustav Toepke (Bearb.): Die Matrikel der Universität Heidelberg: von 1386 bis 1662. Hrsg.: Gustav Toepke. 1: Calendarium acad. von 1386 bis 1563. Selbstverlag des Hrsg., Heidelberg 1884 (Scan in der Google-Buchsuche).
  16. Joseph Aschenbach: Geschichte der Grafen von Wertheim von den ältesten Zeiten bis zu ihrem Erlöschen im Mannsstamme im Jahre 1556. In: Zweiter Teil, Wertheimisches Urkundenbuch. Andreaeischen Buchhandlung, Frankfurt am Main 1843, Tafel 17 Abb. 1.
  17. Hermann Hoffmann (Bearb.): Das älteste Lehenbuch des Hochstifts Würzburg 1303–1345 (= Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstift Würzburg. Band 25). Erster Teilband. Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 1972, ISBN 3-87717-025-0, S. 257, Urk. 2430, S. 345 Urk. 3357 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Personendaten
NAME Gernot, genannt Irrmut
KURZBESCHREIBUNG Patrizier
GEBURTSDATUM 1280
GEBURTSORT Wertheim
STERBEDATUM 1340