Johann Friedrich Andreas Bollmann, genannt Fritze Bollmann (* 5. Januar 1852 in Salbke, damals Landkreis Wanzleben, Provinz Sachsen; † 7. Mai 1901 in Brandenburg an der Havel) war ein Barbier in Brandenburg, der unfreiwillig von seiner Umgebung zum Original gemacht wurde.

Schmuckbrunnen mit dem Brandenburger Original in der Stadt Brandenburg an der Havel, Aufnahme von 2013

Leben

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Johann Bollmann war der Sohn des aus Salbke bei Magdeburg stammenden Leinewebers Johann Friedrich David Bollmann und dessen Groß-Otterslebener Frau Marie Sophie, geborene Mesenberg. Er erlernte den Beruf eines Barbiers. Zwischen 1875 und 1879 arbeitete er in Berlin, Ziesar und Fehrbellin. Nachdem Fritz Bollmann bereits 1875 als Gehilfe in einem Barbiergeschäft in Brandenburg an der Havel tätig gewesen war, kehrte er 1879 in die Stadt zurück. Von 1882 bis 1896 führte er in der Brandenburger Altstadt ein eigenes Barbiergeschäft, bediente aber auch Kunden in deren Wohnung.

Um 1882 heiratete er, seine Frau brachte ein uneheliches Kind in die Ehe, weitere zehn Kinder wurden geboren, drei von ihnen erreichten das Erwachsenenalter. Bollmann geriet trotz flinker und fleißiger Arbeit in eine wirtschaftliche Notlage, die ihn zum Alkoholiker werden ließ. Der häufig betrunkene Bollmann wurde von Kindern verspottet und geärgert („Fritze“). Bollmann verstand den Kinderspaß nicht, er verfolgte die Kinder und bespritzte sie mit Rasierschaum. Da ihn niemand ernst nahm, wurde er zur Spottfigur von Brandenburg. Mehrere Wohnungswechsel ließen den Spott nicht verstummen. Bollmann starb verarmt im Städtischen Krankenhaus im Sekretariats- und Syndikatshaus am Altstädtischen Markt an Zungenkrebs. Sein Grab befindet sich auf dem Altstädter Friedhof in Brandenburg an der Havel.

Das Lied von „Fritze Bollmann“

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Beim Angeln im Domstreng, einem Nebenarm der Brandenburger Niederhavel an der Dominsel Brandenburg, stürzte Bollmann aus dem Kahn, was er seinen Kunden erzählte. Daraufhin dichteten die Kinder, die ihn ohnehin ärgerten, ein Spottlied auf ihn. Im Jahr 1885 erschien auf einer Postkarte eine erste Fassung des von ursprünglich zwei auf vier Strophen angewachsenen Liedes. Obwohl er ein Verbot des Vertriebs der Postkarte erwirkte, wurde das Spottlied nach der Melodie Bei Sedan auf der Höhe…[1] weiterhin gesungen. Weitere Strophen wurden danach von Erwachsenen hinzugefügt.

Und in Brandenburg uff’n Beetzsee,
Ja da steht een Fischerkahn,
und darin sitzt Fritze Bollmann
mit dem janzen Angelkram.
Und darin sitzt Fritze Bollmann
mit dem janzen Angelkram.

Fritze Bollmann wollte angeln,
da fiel die Angel rin,
Fritze Bollmann wollt' se langen,
und da lag er selber drin.
Fritze Bollmann wollt' se langen,
und da lag er selber drin.

Fritze Bollmann schrie um Hilfe,
liebe Leute rettet mir,
denn ick bin ja Fritze Bollmann,
aus der Altstadt der Barbier.
Denn ick bin ja Fritze Bollmann,
aus der Altstadt der Barbier.

Nur die Angel ward jerettet,
Fritze Bollmann, der versuff,
und seitdem jeht Fritze Bollmann
uff’n Beetzsee nich mehr ruff.
Und seitdem jeht Fritze Bollmann
uff’n Beetzsee nich mehr ruff.

Fritze Bollmann kam in’n Himmel:
„Lieber Petrus laß mir durch,
denn ick bin ja Fritze Bollmann,
der Barbier aus Brandenburg.“
Denn ick bin ja Fritze Bollmann,
der Barbier aus Brandenburg.“

Und der Petrus ließ sich rühren
Fritze Bollmann, komm man rin!
Du kannst mir mal jleich balbieren,
„Komm man her, und seef mir in.“
Du kannst mir mal jleich balbieren,
„Komm man her, und seef mir in.“

Fritze Bollmann, der balbierte,
Petrus schrie: „Oh’ Schreck und Jraus,
du willst mir wohl massakrieren,
Det hält ja keen Deibel aus.“
Du willst mir wohl massakrieren,
Det hält ja keen Deibel aus.“

„Uff’ de jroße Himmelsleiter
kannste wieder runterjehn,
und balbier man unten weiter,
Ick laß mir’n Vollbart stehn.“
Und balbier man unten weiter,
Ick laß mir’n Vollbart stehn.“

(aktuelle Variante)

Interpretiert wurde dieses Lied unter anderen von Claire Waldoff, Harald Juhnke und Frank Zander.

Nach 1905/1906 erschienen Texterweiterungen und Varianten, die durch Wassersportler, Handwerksburschen, Soldaten und später durch Liederbücher und Musiker weiter verbreitet wurden. Noch immer wird es zu vielen Anlässen gesungen und es entstehen weiter neue Varianten. Es machte Bollmann zum bekannten Original, der als populäre Volksfigur auf Volksfesten nach wie vor auftritt.

Ehrungen und Namensverwertungen

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Fritze-Bollmann-Brunnen,
Aufnahme von 1924

Literatur und Film

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Der Schriftsteller Hermann Fiddickow nahm die Figur von Fritze Bollmann als Vorlage für die Novelle „Fritze Bollmann. Die Tragikomödie vom Brandenburger Barbier“, bei der er sich die dichterische Freiheit nahm, aus dem in Wirklichkeit geplagten Familienvater einen Junggesellen von 40 Jahren zu machen.

Auf der Grundlage dieser Novelle wurde 1942/1943 der Film „Fritze Bollmann wollte angeln“ (Regie: Volker von Collande, Drehbuch: Ernst Keienburg und Rolf Meyer[3]) von der Tobis mit Will Dohm in der Hauptrolle verfilmt.

Als Gegenteil dazu entstand in Brandenburg im Jahre 1990 (noch in der DDR) die siebenteilige Fernsehserie "Fritze Bollmann will nicht angeln" von Christa Mühl, in der es um Bollmanns Urenkel Friedrich Bollmann geht, der ebenfalls leidenschaftlicher Friseur ist, aber hingegen Angeln hasst, stattdessen lieber singt. 1994 wurde sie im ORB erstmals ausgestrahlt. Dieter Wien übernahm die Hauptrolle.

Sonstiges

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Ein Sohn Fritze Bollmanns, Ernst Bollmann, geb. am 23. Januar 1893 in Brandenburg an der Havel, bewarb sich als Rats-Mitglied des Kölner Stadtrates am 20. Februar 1932 auf den Posten des Brandenburger Oberbürgermeisters. Die Bewerbung wurde nicht berücksichtigt.[4]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Melodie & Text
  2. Mit Bahn, Tram und Schiff auf Fritze Bollmanns Spuren. In: punkt 3, 15/2003, S. 5, online (Memento vom 27. Juli 2018 im Internet Archive).
  3. Busch-Lichtspiele (Zeitungsanzeige). In: Neues Wiener Tagblatt, 19. Jänner 1945, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  4. Brandenburger Landeshauptarchiv, Akte I Kom 3313
Personendaten
NAME Bollmann, Fritze
ALTERNATIVNAMEN Bollmann, Johann Friedrich Andreas (wirklicher Name)
KURZBESCHREIBUNG Frisör in Brandenburg, unfreiwilliges Original
GEBURTSDATUM 5. Januar 1852
GEBURTSORT Salbke, Landkreis Wanzleben, Provinz Sachsen
STERBEDATUM 7. Mai 1901
STERBEORT Brandenburg an der Havel