Der Feldscher (Mehrzahl: Feldschere) war ein Heilkundiger, der Verwundungen von Soldaten chirurgisch versorgte. Erst ab dem 18. Jahrhundert durchlief er teilweise eine akademische Ausbildung. Die Bezeichnung entstand im 14. Jahrhundert in der Schweiz, ursprünglich in der Form Feldscherer,[1] zu mittelhochdeutsch schërn („abschneiden, schneiden, scheren“) und abgeleitet von „Scherer“ (Bezeichnung für den handwerklich tätigen zünftigen Chirurgen[2]), und bezeichnete bei H. Sachs 1555 den Heereswundarzt.[3]

Historisches

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Ein Feldscherer (lateinisch Tonsor imperatorius)[4] beim Haareschneiden. Holzschnitt von Jost Amman im Ständebuch von Hartmann Schopper (1568).

Der Feldscher, Feldchirurg[5] oder Wundarzt[6] ist vom akademisch gebildeten Medicus, der sein Wissen an Universitäten erwarb, zu unterscheiden. Der Feldscher erlangte seine Kenntnisse in der Heilkunde sowie Zahnpflege über die Ausbildung bei halbprofessionellen Laien: dem (Bart-)Scherer, Barbier, Bader, dem Hufschmied und, selten, dem sozial geächteten Scharfrichter (der seine anatomischen Kenntnisse an der Folterbank erlangte). Ihr Wissen erlangten sie als Lehrlinge und gaben es wiederum an solche weiter.

Erstmals in eine Militärorganisation fest eingebunden waren Feldschere bei den Landsknechten. Hier versorgte je einer pro Kompanie mit seinen Gehilfen Kranke und Verwundete. Die wesentlichen medizinischen Aufgaben waren Aderlass und Schröpfen, das Ausbrennen von Wunden mit einem Glüheisen, das Herausziehen von Kugeln, das Einrenken von Gliedmaßen und das Amputieren. Der Feldscher erhielt doppelten Sold, dazu von Erkrankten ein Extrageld, wenn die Verletzung bzw. Erkrankung „außerhalb des Dienstes“ erworben war.

Deutscher Feldscher während des Deutsch-Französischen Krieges (1870)

Mittelalterliche und frühneuzeitliche Fachbücher für Feldschere und Wundärzte, welche die Behandlung von Verletzungen durch verschiedene Waffengattungen behandeln, erhielten (z. B. von Hans von Gersdorff) die Bezeichnung Feldbuch.[7]

Noch in einem 1774 erschienenen Lehrbuch für Wundärzte heißt es: „Unsere Wundärzte werden leider größtenteils beim Barbierbecken gebildet. Drei Jahre stehen sie bei den Barbieren und Badern in der Lehre. Nach Verlauf dieser Zeit werden sie Gesellen und haben weiter nichts gelernt, als den Bart putzen, Pflaster streichen und Aderlassen […] Viele können nicht einmal lesen.“

Seit dem frühen 18. Jahrhundert wurden Regimentsfeldschere zuvor an chirurgischen Lehranstalten akademisch ausgebildet. Damit verbesserte sich ihr Ansehen erheblich. In den meisten Armeen erhielten sie seit Mitte des 18. Jahrhunderts Offiziersrang, die Begriffe Regimentschirurgus und Regimentsmedicus wurden inzwischen häufig fälschlich synonym verwendet. Ihnen weiterhin untergeben waren die nicht-akademisch gebildeten Kompaniefeldschere (nun etwa Sergeanten oder Feldwebeln gleichrangig) und deren Gehilfen.

Mit der Vereinheitlichung der medizinischen Ausbildung Mitte des 19. Jahrhunderts endete deren bisherige Zweiteilung. Der moderne, umfassend gebildete Militärarzt löste den althergebrachten Medicus und Feldscher bzw. Feldarzt[8] und Feldchirurgen ab.

20. Jahrhundert

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Russland

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In den russischen Streitkräften gibt es den Feldscher (Фельдшер) als unterste Stufe des Militärarztes noch heute. In der Sowjetunion und im heutigen Russland war und ist der Feldscher auch im zivilen Bereich als medizinische Hilfskraft tätig, welche selbstständig Sprechstunden abhält – vorzugsweise in ländlichen Gebieten.

Die Feldschere wurden und werden in Russland in Fachschulen ausgebildet. Ein Haupteinsatzgebiet ist die medizinische Prophylaxe (Hygiene) und die medizinische Grundversorgung. Schwerere Fälle überweisen sie an die nächsthöhere Stufe der medizinischen Versorgung.

Bulgarien

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Ganz ähnlich wie in Russland leitet ein Feldscher in Bulgarien eigenständig kleine Landambulatorien in Orten unter 4.000 Einwohner. Dem Feldscher unterstehen dabei die Krankenschwestern. Die Ausbildungszeit, Ansehen und Bezahlung liegen in etwa zwischen Krankenschwester und Arzt.

DDR

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In der DDR wurden noch bis 1989 Arzthelfer für befreundete Entwicklungsländer ausgebildet (afrikanische Staaten, Afghanistan). Da in den Entwicklungsländern ein extremer und akuter Mangel an Ärzten herrscht, konnte so die Deckung einer gewissen medizinischen Grundversorgung sichergestellt werden. Die Ausbildung dieser Halbärzte war wesentlich billiger als die von Ärzten.

In der Nationalen Volksarmee der DDR zählten Feldschere (sic!) zum Personal des Medizinischen Dienstes. Dort rangierten sie zwischen den Militärärzten und Krankenschwestern bzw. Sanitätsunteroffizieren.[9] Sie wurden bis 1967 an den Offiziersschulen für Rückwärtige Dienste in Erfurt, ab 1963 in Zittau, drei Jahre ausgebildet (Medizinische Fachschulausbildung). Teile der Ausbildung (Sektion) fanden an der Medizinischen Akademie Erfurt statt. In jedem Bataillon der NVA gab es bis 1990 einen Sanitätszug dessen Leiter ein Feldscher mit der Planstelle Hauptmann war. Sein medizinisches Fachwissen umfasste die EVH (Erste Vorärztliche Hilfe), die Behandlung des traumatischen Schocks; weiterhin die Ausbildung des unteren Sanitätspersonals und die Erste-Hilfe-Ausbildung der Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten. Er organisierte in den unteren Ebenen der Armee (Zug, Kompanie, Bataillon) den Abtransport der Verwundeten vom Gefechtsfeld.

Nach entsprechenden Lehrgängen für Impfärzte erhielt der Feldscher die Impfberechtigung für Pocken, Typhus, Influenza, Tetanus. Einen Monat im Kalenderjahr arbeitete der Feldscher im Krankenhaus oder im Lazarett zur persönlichen Weiterbildung. Dort wurde er auch als Assistent bei chirurgischen Eingriffen eingesetzt. Es gab Feldschere, die selbstständig eine Hautstation leiteten. Ab 1967 wurden die Feldschere nach sowjetischem Muster ausgebildet. Ihre Ausbildungszeit betrug jetzt nur ein Jahr, sie wurden danach zum Fähnrich ernannt. Die Dienstgradgruppe der Fähnriche war denen der Unteroffiziere und Offiziere zwischengeschaltet (Mannschaften, Unteroffiziere, Fähnriche, Offiziere).

Anerkennung

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Da der Beruf in Westeuropa heute unbekannt ist, gibt es bei Übersiedlung aus Osteuropa keine der Ausbildung entsprechende Berufsklasse. Eine zukünftige Berufsausbildung fällt dann in eine niedrigere Klasse.

„Die Inhaber eines bulgarischen Befähigungsnachweises für den Beruf des ‚фелдшер‘ (buchstäblich aus dem Deutschen: ‚Feldscher‘) haben keinen Anspruch darauf, dass ihr beruflicher Befähigungsnachweis in anderen Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Richtlinie als der eines Arztes oder einer Krankenschwester bzw. eines Krankenpflegers für allgemeine Pflege anerkannt wird. ‚фелдшер‘ (‚Feldscher‘) sind daher nicht berechtigt, einen Antrag auf Zulassung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege (als „Diplomierte/r Gesundheits- und Krankenschwester/-pfleger“) zu stellen; sie können jedoch einen Antrag auf Zulassung zur Berufsausübung in der Pflegehilfe einbringen.“

Österreichische Regelung[10]

Literatur

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Quellen zur Geschichte der Feldschere

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Wiktionary: Feldscher – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Feldscherer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Feldscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Duden online: Feldscher
  2. Vgl. Gustav Steiner: Aerzte und Wundaerzte, Chirurgenzunft und medizinische Fakultät in Basel. In: Basler Jahrbuch. 1954, S. 179–209, hier: S. 179 und 185.
  3. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage, hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin/ New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 191.
  4. Lateinische Beschreibung des Berufs im Ständebuch von Hartmann Schopper
  5. Vgl. auch Alfred Götze: Frühneuhochdeutsches Glossar. 2. Auflage. Bonn 1920 (= Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen. Band 101); Neudrucke (deklariert als „6. Auflage“, „7. Auflage“ usw.) Berlin 1960, 1967 und öfter, S. 74: „(Kriegs)-Chirurg“.
  6. Vgl. auch Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage, hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin/ New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 191: „Heereswundarzt“.
  7. Gundolf Keil: ‚Prager Wundarznei‘. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1181.
  8. Hilde-Marie Groß, Gundolf Keil (Hrsg.): ‚Wiltu die wunde wol bewarn‘. Ein Leitfaden feldärztlicher Notversorgung aus dem spätmittelalterlichen Schlesien. In: Fachprosaforschung - Grenzüberschreitungen 2/3, 2006/07, S. 113–134.
  9. Rüdiger Wenzke: Ulbrichts Soldaten. Die Nationale Volksarmee 1956 bis 1971. Hrsg.: Militärgeschichtliches Forschungsamt (= Militärgeschichte der DDR. Band 22). Ch. Links, Berlin 2013, ISBN 978-3-86153-696-3, S. 197.
  10. Information betreffend Zulassung zur Berufsausübung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege aus dem Herkunftsstaat Republik Bulgarien (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive)