In der Mathematik ist ein euklidischer Ring ein Ring, in dem eine verallgemeinerte Division mit Rest vorhanden ist, wie man sie von den ganzen Zahlen kennt. Dabei wird „Rest“ durch eine geeignete Bewertungsfunktion definiert.

Definitionen

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Es gibt in der Literatur und in der akademischen und wissenschaftlichen Praxis eine ganze Reihe verschiedener, aber ähnlicher Definitionen eines euklidischen Ringes. Oft sind darin bereits speziellere Eigenschaften enthalten, was z. B. Erleichterungen in der Formulierung der im Weiteren aufgespannten Theorie bringen kann. All diesen Definitionsvarianten ist jedoch gemeinsam, dass in einem euklidischen Ring eine Division mit Rest und damit ein euklidischer Algorithmus zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers (ggT) zweier Ringelemente möglich ist. Von dieser Eigenschaft ist der Name abgeleitet.

Variante 1

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Ein Integritätsring (auch als Integritätsbereich bezeichnet, also ein kommutativer, nullteilerfreier Ring mit 1) heißt euklidischer Ring, falls eine Bewertungsfunktion mit folgenden Eigenschaften existiert:

Die Bewertungsfunktion heißt dann auch euklidische Normfunktion (euklidischer Betrag) des Ringes.

Variante 2

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Die obenstehende Definition ist fast äquivalent zu der folgenden, ebenfalls häufig verwendeten, in der jedoch zusätzlich eine Bewertung für die Null vorgegeben wird.

Definition:
Ein Integritätsring heißt euklidischer Ring, falls eine Bewertungsfunktion existiert mit folgenden Eigenschaften:

Variante 3

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Eine andere Variante liefert die folgende

Definition:[1]
Ein Integritätsring (hier nur: ein kommutativer, nullteilerfreier Ring mit wenigstens einem von Null verschiedenen Element) heißt euklidischer Ring, falls eine Gradfunktion existiert mit folgenden Eigenschaften:

Variante 3 wirkt nur vermeintlich schwächer. Tatsächlich gilt: Existiert auf einem Integritätsring (mit 1) eine der drei oben genannten Bewertungsfunktionen, so gibt es auch Bewertungsfunktionen, die den anderen beiden Definitionen entsprechen.[2] Daraus folgt, dass die drei Definitionen von euklidischer Ring äquivalent sind, obwohl die Definition von Bewertungsfunktion abweichen.

Eine weitere äquivalente, aber seltener verwendete Variante, in der die Bewertungsfunktion reellwertig ist:

Variante 4

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Definition:[3]
Ein Integritätsring heißt euklidischer Ring, falls eine Wertefunktion (bzw. Bewertungsfunktion) existiert mit folgenden Eigenschaften:

Eigenschaften

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Beispiele für euklidische und nichteuklidische Ringe

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Verallgemeinerung auf Ringe mit Nullteilern

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Die Definitionen lassen sich auf Ringe übertragen, die nicht nullteilerfrei sind.[2] Die obigen Aussagen über die verschiedenen Varianten von Definitionen bleiben bestehen, wobei ggf. die Ungleichung für zu fordern ist. Solche Ringe haben wie im nullteilerfreien Fall die Eigenschaft, dass jedes Ideal ein Hauptideal ist. Sie sind also ein Hauptidealring im erweiterten Sinne („principal ideal ring“ oder PIR), aber eben kein Hauptidealbereich („principal ideal domain“ oder PID).

Verallgemeinerung auf nicht-kommutative Ringe

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Die Definitionen lassen sich sogar auf nicht-kommutative Ringe verallgemeinern, man spricht dann von links- bzw. rechtseuklidisch. Die Hurwitzquaternionen sind ein Beispiel für einen nicht-kommutativen Ring, der mit seiner Norm als euklidischer Norm sowohl links- als auch rechtseuklidisch ist.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Kurt Meyberg: Algebra – Teil 1, Carl Hanser Verlag München, Wien.
  2. a b Pierre Samuel: About Euclidean rings. In: Journal of Algebra. Band 19, Nr. 2, Oktober 1971, ISSN 0021-8693, S. 282–301, doi:10.1016/0021-8693(71)90110-4.
  3. Bernhard Hornfeck: Algebra. 3. Auflage, De Gruyter 1976. ISBN 3-11-006784-6, S. 142
  4. László Rédei: Zur Frage des Euklidischen Algorithmus in quadratischen Zahlkörpern. In: Mathematische Annalen. 118. Jahrgang, 1942, S. 588–608 (uni-goettingen.de).
  5. Eric W. Weisstein: Quadratic Field. In: MathWorld (englisch).
  6. Folge A048981 in OEIS
  7. David A. Clark: A quadratic field which is euclidean but not norm-euclidean. In: Manuscripta Math. 83. Jahrgang, 1994, S. 327–330 (englisch, math.clemson.edu (Memento des Originals vom 29. Januar 2015 im Internet Archive) [abgerufen am 8. Januar 2013]).