Emmanuel Miller, vollständig Bénigne Emmanuel Clément (* 19. April 1812 in Paris; † 9. Januar 1886 in Nizza[1]) war ein französischer Gräzist, Byzantinist und Paläograph.

Miller war ein Schüler von Karl Benedikt Hase an der École des langues orientales, vor allem in der Paläographie. Von 1833 an war er im Cabinet des manuscrits der Bibliothèque Royale in der Abteilung für griechische Handschriften angestellt, von 1850 an war er Bibliothekar der Chambre des Députés. Von 1876 bis 1886 hatte er den Lehrstuhl von Hase für Neugriechisch an der École des langues orientales inne. Ihm selbst folgten Émile Legrand und dann Ioannis Psycharis nach. Am 29. Mai 1860 wurde er in die Académie des Inscriptions et Belles-Lettres aufgenommen. 1885 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg gewählt.[2] Ab 1866/67 war er Ehrenmitglied der Griechischen philologischen Gesellschaft in Konstantinopel und 1882 wurde er als assoziiertes Mitglied in die Königliche Akademie von Belgien aufgenommen.[3]

Miller arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Kodikologie und der Paläographie. Zu diesem Zweck unternahm er vielfältige Reisen nach Griechenland, zum Berg Athos und seinem Kloster Vatopedi, zum Escorial nach Spanien und nach Russland. Im Juni 1864 macht Miller auf der Insel Thasos im Bereich der antiken Stadt bei Ausgrabungen bedeutende Funde an Denkmälern und Inschriften, die in den Louvre gebracht wurden. Er profitierte auch von den Funden, die Minoides Mynas auf seinen Reisen machte.[4] Dazu gehörte eine Handschrift, die erst Miller als das erste der drei noch fehlenden Bücher der frühchristlichen Schrift Philosophumena erkannte, welche er dem Origenes zuwies, wenn auch zu Unrecht, wie sich später herausstellte. Weitere Texteditionen widmete er den byzantinischen Dichtern Manuel Philes, Theodoros Prodromos und Leontios Machairas (die letzte in Zusammenarbeit mit dem griechischen Gelehrten Konstantin Sathas, die vorletzte zusammen mit Émile Legrand) und er war zusammen mit seinem Lehrer Hase an der Edition des Recueil des historiens des croisades beteiligt. Darüber hinaus beschäftigte er sich ausführlich mit der Datierung von Handschriften des Neuen Testaments. Unveröffentlicht blieb ein Supplement zum Thesaurus Graecae Linguae, das er aus der Lektüre griechischer Texte erstellt hatte. Mit Joseph Adolphe Aubenas begründete er 1840 die Revue de bibliographie analytique, eine Rezensionszeitschrift. Dem Nationalismus seiner Zeit entsprechend warf er dem Verlagshaus Firmin-Didot eine antifranzösische Haltung vor, als der deutsche Altphilologe Karl Müller nach dem Tod von Johann Friedrich Dübner dessen Aufgaben im Verlag wahrnahm.

Schriften (Auswahl)

Texteditionen

Monographien

Bibliographisches Periodikum

Literatur

Einzelnachweise

  1. Als Geburtsjahr gibt SUDOC 1810 an, dagegen 1812 Gaston Paris: Éloge funèbre de M. Emmanuel Miller, membre de l’Académie, in: Comptes-rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1886, S. 11; dort auch S. 9 Cannes als Todesort.
  2. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Miller, Bénigne Emmanuel Clément. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 26. Januar 2021 (russisch).
  3. Académicien décédé: Bénigne Emmanuel Clément Miller. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 24. Oktober 2023 (französisch).
  4. Vgl. Henri Omont: Minoide Mynas et ses missions en Orient (1840–1855), in: Mémoires de l’Acadèmie des Inscriptions et Belles-Lettres 40, 1916, S. 337–419.