Strukturformel
Strukturformel von Efavirenz
Allgemeines
Freiname Efavirenz
Andere Namen

(4S)-6-Chlor-4-(2-cyclopropylethinyl)-4-(trifluormethyl)-2H-3,1-benzoxazin-2-on

Summenformel C14H9ClF3NO2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 154598-52-4
EG-Nummer (Listennummer) 620-492-6
ECHA-InfoCard 100.149.346
PubChem 64139
DrugBank DB00625
Wikidata Q422645
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Virustatikum, nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren

Wirkmechanismus

nicht-kompetitive Hemmung der reversen Transkriptase

Eigenschaften
Molare Masse 315,67 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

139–141 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​319​‐​360​‐​372​‐​410
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Efavirenz (EFV, Handelsnamen Sustiva, Stocrin; Hersteller: Bristol-Myers Squibb) ist ein Arzneistoff zur Behandlung von HIV-1-infizierten Patienten im Rahmen einer antiretroviralen Kombinationstherapie.

Efavirenz gehört zur Gruppe der nichtnukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI).

Entwicklung und Vermarktung

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Efavirenz wurde für die USA von der amerikanischen Food and Drug Administration im September 1998 als Sustiva, in der EU im Mai 1999 (Sustiva, Stocrin) zugelassen. In Deutschland wird das Präparat von Bristol-Myers Squibb seit 1999 vermarktet. Efavirenz ist der zweite Vertreter aus der Gruppe NNRTI und muss nur einmal täglich eingenommen werden. Verfügbar ist es als Filmtablette oder Kapsel,[3] die Lösung zum Einnehmen wurde Ende Oktober 2015 eingestellt.[4]

Im Jahr 2007 wurde in der EU die fixe Kombination mit Emtricitabin und Tenofovir (Atripla, gemeinsame Entwicklung von Bristol-Myers Squibb und Gilead Sciences) zugelassen für die antiretrovirale Kombinationstherapie (cART) mit einer einzigen Tablette pro Tag.[5]

Chemie

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Efavirenz ist chiral, das Enantiomer (4R)-6-Chlor-4-cyclopropylethinyl-4-trifluormethyl-1,4-dihydro-2H-3,1-benzoxazin-2-on[6] wird pharmazeutisch nicht verwendet.

Die vielstufige Synthese von Efavirenz, inklusive der Racematspaltung einer Zwischenstufe, ist in der Literatur beschrieben.[7] Die enantioselektive Synthese ermöglicht ein von Jiang et al. beschriebenes Verfahren.[8]

Wirkungsweise

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Efavirenz gehört zur Substanzklasse der nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren. Der Wirkstoff bindet nicht-kompetitiv an die Reverse Transkriptase von HIV-I, nahe der Substratbindungsstelle für Nukleoside. Dadurch wird die katalytisch aktive Bindungsstelle blockiert. Es können nur wenige Nukleoside binden und die Polymerisation wird deutlich verlangsamt.

Klinische Angaben

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Pharmakokinetik

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Die maximale Plasmakonzentration ist nach etwa 5 Stunden erreicht. Die Nahrungsaufnahme hat in der Regel keine Auswirkung auf die Resorption. Die Ausnahme sind sehr fettreiche Mahlzeiten, die die Resorption um durchschnittlich 50 % erhöhen. Die Bindung an Plasmaeiweiß beträgt > 99 %. Die Liquor-Konzentration ist etwa dreimal so hoch wie die freie Efavirenz-Konzentration im Plasma. Die Halbwertzeit liegt zwischen 40 und 55 Stunden. Die Ausscheidung erfolgt zu 14–34 % im Urin in Form von Metaboliten und zu 16–61 % im Stuhl als unveränderte Substanz.

Gegenanzeigen

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In der Schwangerschaft oder bei Kinderwunsch der Patientinnen darf Efavirenz nicht zur Therapie eingesetzt werden, da es fruchtschädigend ist.

Patienten mit schwerer Leberschädigung (Child-Pugh-Score „C“) dürfen ebenfalls nicht mit Efavirenz behandelt werden. Auch die gleichzeitige Anwendung mit einer Reihe von Arzneistoffen, die durch Konkurrenz bei der Verstoffwechselung durch CYP3A4 schwerwiegende bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen zur Folge haben kann, ist kontraindiziert.

Nebenwirkungen

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Efavirenz kann vor allem in den ersten Behandlungstagen ZNS-Symptome wie Benommenheit, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen oder ungewöhnliche Träume verursachen. In den meisten Fällen sind die ZNS-Symptome nur leicht oder mittelschwer und gehen ohne Therapieunterbrechung oder Dosisreduktion nach zwei bis vier Wochen zurück.[3] Eine Therapie mit Efavirenz kann das Risiko für einen Suizid des Patienten erhöhen.[9]

Efavirenz kann bei immunochemischen[10] Urintests zum Screening auf Cannabinoide zu falsch-positiven Testergebnissen führen.

Handelsnamen

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Monopräparate

Stocrin (A, CH), Sustiva (D,[11] A), diverse Generika

Kombinationspräparate
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Einzelnachweise

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  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 698, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von 153789 im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 16. Januar 2020.
  3. a b Efavirenz: HIV-Patienten profitieren von einmal täglicher Einnahme. 22. November 1998, abgerufen am 8. August 2020.
  4. Ankündigung der Einstellung des Vertriebs von SUSTIVA 30 mg/ml Lösung zum Einnehmen Ende Oktober 2015, Herstellermitteilung vom 30. April 2015 (PDF).
  5. B. Sauer: Einfachere HIV-Therapie. In: Pharmazeutische Zeitung. Band 12, 2008 (pharmazeutische-zeitung.de).
  6. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu (4R)-6-Chlor-4-cyclopropylethinyl-4-trifluormethyl-1,4-dihydro-2H-3,1-benzoxazin-2-on: CAS-Nummer: 154801-74-8, PubChem: 477099, ChemSpider: 418787, Wikidata: Q27275423.
  7. Lilian A. Radesca, Young S. Lo, James R. Moore und Michael E. Pierce: Synthesis of HIV-1 Reverse Transcriptase Inhibitor DMP 266, Synthetic Communications 27 (1997) 4373–4384. doi:10.1080/00397919708005064
  8. B. Jiang, Y.G. Si: Highly Enantioselective Construction of a Chiral Tertiary Carbon Center by Alkynylation of a Cyclic N‐Acyl Ketimine: An Efficient Preparation of HIV Therapeutics, Angewandte Chemie 43, 2003, 216–218. doi:10.1002/anie.200352301
  9. Katie R. Mollan et al.: Association Between Efavirenz as Initial Therapy for HIV-1 Infection and Increased Risk for Suicidal Ideation or Attempted or Completed Suicide. In: Annals of Internal Medicine. Band 161, 2. Januar 2014, doi:10.7326/M14-0293 (englisch).
  10. Steven Rossi et al.: Characterization of Interference with 6 Commercial Delta9-Tetrahydrocannabinol Immunoassays by Efavirenz (Glucuronide) in Urine. In: Clinical Chemistry. Band 52, Nr. 5, 1. Mai 2006, S. 896–897, doi:10.1373/clinchem.2006.067058.
  11. Rote Liste Service GmbH (Hrsg.): Rote Liste 2017 – Arzneimittelverzeichnis für Deutschland (einschließlich EU-Zulassungen und bestimmter Medizinprodukte), Rote Liste Service GmbH, Frankfurt/Main, 2017, Aufl. 57, ISBN 978-3-946057-10-9, S. 179.

Literatur

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