Dagmar Herzog (* 1961) ist eine US-amerikanische Historikerin und Professorin für Geschichte an der City University of New York und eine führende Expertin für Sexualmoral im europäischen Faschismus und für Zeitgeschichte in den USA.

Leben

Herzog absolvierte den B.A. an der Duke University mit der Beurteilung summa cum laude, zum Ph.D. wurde sie an der Brown University promoviert. Sie lehrte danach zunächst an der Michigan State University, bevor sie Mellon Fellow an der Harvard University und Mitglied des Institute for Advanced Study in Princeton wurde. Im Jahr 2005 ging sie an das Graduate Center der City University in New York.

Herzog ist die Tochter Frederick Herzogs, eines deutschstämmigen Professors für Protestantische Theologie an der Duke University.

Werk

Herzogs Arbeitsschwerpunkte sind die Geschichte von Sexualität und Gender sowie von Theologie und Religion in der Moderne und damit verbunden die Geschichte des Holocausts und der Beziehungen zwischen Juden und Christen.

Eines ihrer interessanten Forschungsergebnisse besteht in der Erkenntnis, dass der Diskurs über Sexualität eine erhebliche Rolle in der deutschen Vergangenheitsbewältigung spielt. Danach ist der Konservatismus der 1950er Jahre in der Sexualmoral als säubernde Reaktion auf eine insbesondere von den großen christlichen Kirchen als libertär dargestellte Sexualität des Nationalsozialismus zu verstehen. Diese Restauration habe dabei jedoch verkannt, dass Deutschland in Sachen Sexualität bereits vor und unabhängig von der nationalsozialistischen Ideologie in den 1920er Jahren eines der freizügigsten Länder war. Andererseits stehe auch die Rückführung des Holocausts auf das vorgeblich sexuell verklemmte Spießertum des Nationalsozialismus durch die 68er-Bewegung im Widerspruch zu den historischen Fakten zur Sexualität im Dritten Reich, habe aber die Funktion gehabt, die Front der konservativen Sexualmoral der 1950er Jahre aufzubrechen.[1]

Was den inneramerikanischen Diskurs angeht, haben Herzog zufolge die amerikanische Religiöse Rechte und die Evangelikalen, entgegen dem Klischee von den prüden Konservativen, viel aus der Sexuellen Revolution gelernt. Eine daraus resultierende neue Sexualisierung, die insbesondere auf die Paarbeziehung abziele, erfasse ebenso die Linke bzw. die liberale Szene. Die Sehnsucht nach perfektem Sex wie der Anspruch darauf seien allgegenwärtig, obwohl sie einem realistischen Umgang mit eigenen Unzulänglichkeiten entgegenstünden.[2]

Trump habe 2016 die US-amerikanischen Wahlen gewonnen, weil er das männliche Rollenbild zwar primitiv, aber doch konventionell verkörpert habe; zudem sei er bereit geworden sich dafür einzusetzen, Abtreibung wieder zu bestrafen.[3]

Veröffentlichungen

Bücher

Herausgeberschaften

Aufsätze und Rezensionen

Einzelnachweise

  1. Gunter Schmidt: „Die Quellen waren mit Sexualität gesättigt“; Gespräch mit Herzog über Sexualität im Nationalsozialismus. In: taz vom 20. Januar 2007.
  2. Jan Feddersen: US-Sexualhistorikerin über Gegenaufklärung: „Niemand sagt: Sex ist okay“. In: taz vom 21. September 2008.
  3. Daniel Binswanger: Mit Sexualität lässt sich immer und überall Politik machen. Die amerikanische Historikerin Dagmar Herzog erklärt, warum die Haltung zur Abtreibung für Trumps Wahl ausschlaggebend war. In: Das Magazin, Tamedia, Zürich 18. März 2017, S. 18–26.