Consecutio temporum (auch „Zeitenfolge“ oder „Abfolge der Zeiten“, „Zeitverhältnis“) ist ein Begriff aus der Grammatik der lateinischen Sprache, der gelegentlich auch in der deutschen Grammatik verwendet wird. Es findet auch in Grammatiken anderer Sprachen bzw. -familien in ähnlicher Weise seine Anwendung, wo eine geregelte Abfolge der Tempora in komplexen Sätzen gegeben ist. Er bezeichnet das System, das den Gebrauch der Zeiten in zusammengesetzten Sätzen regelt.

Zwischen Hauptsatz und Nebensatz gibt es drei mögliche Zeitverhältnisse:

Werden zwei nicht unabhängige Sätze bzw. Teilsätze als ein Nebensatz (Protasis, subordinierte Sätze) und Hauptsatz (Apodosis) miteinander verbunden, so entsteht ein subordinierender Satz; hierbei ist der subordinierte („untergeordnete“) Satz (Protasis) vom subordinierenden („übergeordneten“) Satz, (Apodosis) abhängig.[1]

Die consecutio temporum im Lateinischen

Dieser Tempusgebrauch ist im Lateinischen streng geregelt. Er verlangt im abhängigen, subordinierten Satz, dem Nebensatz folgendes: Wenn etwa das absolut gebrauchte Verb im Hauptsatz im Präsens steht, wird bei Gleichzeitigkeit und bei Nachzeitigkeit der Handlung, des Geschehens der Konjunktiv Präsens, coniunctivus praesens eingesetzt, bei Vorzeitigkeit der Konjunktiv Perfekt coniunctivus perfectum. Wenn dagegen das absolut gebrauchte Verb im Hauptsatz in einem Vergangenheitstempus steht, wird entsprechend der Konjunktiv Imperfekt bzw. Plusquamperfekt im Nebensatz verwendet.[2]

Gliedsätze im Indikativ

In indikativischen Gliedsätzen steht zur Bezeichnung der Gleichzeitigkeit dasselbe Tempus wie im Hauptsatz; also auch, anders als im Deutschen, beispielsweise das Futur bezogen auf ein Futur.

Zur Bezeichnung der Vorzeitigkeit steht bei Präsens im Hauptsatz das Perfekt, bei Futur das Futur II, bei einem Vergangenheitstempus das Plusquamperfekt.

Zur Bezeichnung der Nachzeitigkeit gelten andere Regeln, die nicht der consecutio temporum entsprechen. So steht z. B. bei antequam/priusquam (‚bevor‘, ‚ehe‘):

Auch bei Gleichzeitigkeit und Vorzeitigkeit gibt es bei bestimmten Konjunktionen Ausnahmen von der Zeitenfolge: So steht postquam (nachdem) oder ubi (sobald) immer mit dem Perfekt, dum (während) immer mit dem Präsens (absolutes Tempus).

Gliedsätze im Konjunktiv

Zur Beschreibung der consecutio temporum in konjunktivischen Gliedsätzen unterteilt man die übergeordneten Aussagen in Haupttempora (Präsens und Futur) und Nebentempora (alle Vergangenheitszeiten). Es gilt:

Auch in konjunktivischen Gliedsätzen gibt es Ausnahmen von der consecutio temporum; besonders in Konsekutivsätzen steht in der Regel absolutes Tempus.

Gliedsätze im Konjunktiv
Gleichzeitigkeit Vorzeitigkeit Nachzeitigkeit
Haupttempus Konjunktiv Präsens Konjunktiv Perfekt Partizip Futur + Konjunktiv Präsens von esse
Nebentempus Konjunktiv Imperfekt Konjunktiv Plusquamperfekt Partizip Futur + Konjunktiv Imperfekt von esse

Die consecutio temporum im Deutschen

Allgemeines

Auch im Deutschen gibt es eine geregelte Zeitenfolge, und zwar in Temporalsätzen. Dabei können nur bestimmte Tempora miteinander kombiniert werden. Bezieht sich die Beschreibung im Hauptsatz auf die Vergangenheit, so dürfen dann nur Präteritum, Plusquamperfekt, Perfekt und Futur II verwendet werden, z. B.:

Dagegen ist folgende Kombination nicht möglich:

Auch bei Schilderungen, die sich auf Gegenwärtiges beziehen, sind nur bestimmte Kombinationen von Zeitformen möglich, nämlich mit Präsens, Futur I, Perfekt und Futur II:

Dagegen ist folgende Kombination nicht möglich:

Dass die beiden letztgenannten Tempora auch in dieser Gruppe zu finden sind, erklärt sich durch ihre vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten, denn sie können sowohl Vergangenes als auch Gegenwärtiges bzw. Zukünftiges darstellen. Allerdings muss dabei auf den Zeitbezug geachtet werden:

Dagegen ist diese Kombination nicht möglich:

Vorzeitigkeit, Gleichzeitigkeit, Nachzeitigkeit

Die Kombinationen der Tempora ist auch von dem Zeitverhältnis, das zwischen Haupt- und Nebensatz ausgedrückt wird, abhängig. Wenn die Geschehnisse gleichzeitig stattfinden (Gleichzeitigkeit), so weisen beide Gliedsätze dasselbe Tempus auf, wobei häufig während als Konjunktion auftritt:

Setzt das Geschehen im Nebensatz nach dem des Hauptsatzes ein (Nachzeitigkeit), so stehen auch hier häufig dieselben Tempora in den Teilsätzen. Daneben können auch Präsens bzw. Präteritum im Nebensatz verwendet werden, wenn im Hauptsatz Perfekt bzw. Plusquamperfekt gebraucht werden. Damit sind also folgende Kombinationen möglich:

Besonders im Falle der Vorzeitigkeit, d. h. wenn das Geschehen im Nebensatz vor dem des Hauptsatzes einsetzt, ist die Zeitenfolge strikter, besonders beim Gebrauch von nachdem. Wenn im Hauptsatz Präsens oder Futur I als absolute Tempora (also mit Gegenwarts- bzw. Zukunftsbezug) stehen, so steht im Nebensatz Perfekt als relatives Tempus:

Daneben kann statt Perfekt auch das Futur II verwendet werden, wenn im Hauptsatz Futur I steht:

Steht im Hauptsatz Präteritum bzw. Perfekt oder Plusquamperfekt, steht im Nebensatz das Plusquamperfekt. Im Gegensatz zur Nachzeitigkeit kann dieses Zeitverhältnis auch im Relativsatz ausgedrückt werden:

Die Konjunktionen wenn und als

Im Gegensatz zu anderen Konjunktionen, die entweder Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit beschreiben, kann wenn sowohl ein einmaliges als auch ein sich wiederholendes Geschehen beschreiben, wodurch die Zeitenfolge beeinflusst wird. Im letztgenannten Falle kann der wenn-Satz mit unterschiedlichen Tempora kombiniert werden, z. B.:

Ist jedoch nur ein einmaliges Ereignis gemeint, so dürfen keine Tempora verwendet werden, die sich auf Vergangenes beziehen:

Diese Zusammenhänge werden mit als ausgedrückt:

Einzelnachweise

  1. Syntax. Universität Frankfurt am Main, S. 3 (Memento des Originals vom 1. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/armazi.fkidg1.uni-frankfurt.de
  2. Hadumod Bußmann (Hrsg.): Lexikon der Sprachwissenschaft. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2002, ISBN 3-520-45203-0, S. 142.