Carola Sachse (* 7. März 1951 in Kassel[1]) ist Professorin (i. R.) für Zeitgeschichte an der Universität Wien.[2] Zu ihren Schwerpunkten gehören die Wissenschaftsgeschichte und die Geschlechtergeschichte im Nationalsozialismus und im Kalten Krieg.
Sachse studierte von 1969 bis 1974 Geschichte, Romanistik, Politikwissenschaften, Pädagogik und Philosophie an den Universitäten Fribourg (Schweiz), Frankfurt am Main und an der Freien Universität Berlin.[3] 1975 absolvierte sie das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in Geschichte, Sozialkunde, Erziehungswissenschaften und Philosophie. 1987 wurde sie an der Technischen Universität Berlin mit der Arbeit Betriebliche Sozialpolitik als Familienpolitik in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Mit einer Fallstudie über die Firma Siemens, Berlin promoviert.[4] 2001 habilitierte sie sich dort mit der Arbeit Der Hausarbeitstag. Gerechtigkeit und Gleichberechtigung in Ost und West 1939–1994.[5]
Sachse war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin (1977–1982), am Hamburger Institut für Sozialforschung (1984–1986, 1988–1991), am Frankfurter Institut für Sozialforschung (1986–1988) und am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin (1995–1999) sowie Geschäftsführerin des Förderprogramms Frauenforschung des Senats von Berlin (1991–2000).[3]
Von 2000 bis 2004 leitete sie das Forschungsprogramm der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) zur Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Im Februar 2004 folgte sie dem Ruf auf die Universitätsprofessur für Zeitgeschichte im internationalen Kontext an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Seit Oktober 2016 ist sie im Ruhestand[2] und forscht als Gastwissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin zur Geschichte der MPG im Feld der internationalen Politik.[6]
Die Historikerin war und ist Mitglied im Beirat der Zeitschrift Feministische Studien sowie zahlreicher Kommissionen zur Aufarbeitung historisch problematischer Vergangenheiten von wissenschaftlichen und medizinischen Institutionen und Fachgesellschaften in Österreich, Deutschland, Frankreich und der Schweiz.[7]
Carola Sachse engagierte sich ab Mitte der 1970er Jahre in der Frauenbewegung und insbesondere der Entwicklung, Förderung und Institutionalisierung von Frauen- und Geschlechterforschung.[8] Sie forschte zum Zusammenhang von betrieblicher und sozialer Rationalisierung in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts,[9] zum Verhältnis von Hausarbeit und Erwerbsarbeit im Ost-West-Vergleich während des Kalten Krieges[5] sowie zum Verhältnis von individuellen und kollektiven Menschenrechten und ihrer Bedeutung für Frauen und andere in den je herrschenden Geschlechterverhältnissen diskriminierte Gruppen.[10]
Seit 2000 befasste sich Sachse schwerpunktmäßig mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Politik im 20. Jahrhundert. Sie publizierte zur Teilhabe naturwissenschaftlicher Eliten am NS-Herrschaftssystem[11] und zur historisch-politischen Aufarbeitung biowissenschaftlicher und medizinischer NS-Verbrechen.[12] An der Universität Wien leitete sie u. a. Forschungsprojekte zur Geschichte der Kernforschung in Österreich[13] und zur Geschichte des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages.[14] Zusammen mit Silke Fengler und Alison Kraft initiierte sie 2012 internationale Forschungen zur Geschichte der Pugwash Conferences on Science and World Affairs (PCSWA).[15][16][17] 2023 legte sie ihre Studie „Wissenschaft und Diplomatie. Die Max-Planck-Gesellschaft im Feld der internationalen Politik 1945-2000“ vor.[18]
An der Universität Wien unterrichtete sie vornehmlich in den von ihr mitentwickelten neuen Studiengängen: MATILDA: European Master in Women’s and Gender History;[19] HPS-History and Philosophy of Science (Masterstudium);[20] Doktorandenkolleg: Naturwissenschaften im historischen, philosophischen und kulturellen Kontext.[16]
Monographien
Herausgeberschaften
Aufsätze
Eine umfassende Publikationsliste von Carola Sachse findet sich auf der Homepage der Universität Wien.[21]