Die Bieberstein (auch Biberstein, tschechisch Biberštejn, polnisch Bibersztajn) waren ein von Burg Bieberstein in der Markgrafschaft Meißen kommendes, in Böhmen mit Friedland seit 1278, und in Schlesien und den Lausitzen reich begütertes Adelsgeschlecht.
Der erste Vertreter des Biebersteiner Geschlechts ist der 1218 und 1228 auf dem Sächsischen Landding als Urkundenzeuge belegte Günther von Bieberstein.[1] Er saß – obwohl direkte Belege dafür fehlen – auf Burg Bieberstein nördlich von Freiberg[2] und gehörte offenbar dem reichsnahen pleißenländischen Adel an. Beredtes Zeugnis dafür ist seine Teilnahme (oder die seines gleichnamigen Sohnes) am Reichstag in Wien 1237.[3] Später ist allerdings auch der Besitz wettinischer Lehen im Burgward Mochau belegt.[4] Beziehungen der Biebersteiner zum Adel des Altreichs lassen sich nicht herstellen,[5] so dass ihre soziale Herkunft aus edelfreiem oder ministerialem Stand unentschieden bleiben muss.[6] Zu diesen wenigen biographischen Details seines Lebens kommt noch die mutmaßliche Teilnahme Günthers am Dritten Kreuzzug.[7]
Günther (I.) hatte drei Söhne, Günther (II.), Rudolf und Ulrich, die 1245 erstmals zusammen erwähnt werden.[8] Ulrich (gest. 13. August 1248/50) – wohl als Ältester – erbte das väterliche Gut Bieberstein. Er ist nur ein einziges Mal als Urkundenzeuge in Schlesien genannt; anders als seine Brüder betraute er nicht das Kloster Kamenz, sondern Altzelle mit seiner Memoria.[9] Seine Güter werden nach seinem Tod von seinen Brüdern offenbar relativ schnell veräußert. Das betrifft die Orte Cupnitz und Theeschütz und die Stammburg ebenso wie Zinse im Burgward Mochau; 1290 wird mit dem Patronatsrecht über die Kirche in Mochau der letzte Rest biebersteinschen Besitzes in Sachsen veräußert.[10] Günther und Rudolf hingegen suchten wie viele sächsische Adlige nach Aufstiegsmöglichkeiten an den Höfen der schlesischen Herzöge[11] und waren dabei überaus erfolgreich. Bereits 1241 sind sie u. a. mit Heinrich von Liebental Zeugen der Oberlausitzer Grenzurkunde,[12] ein Engagement, dass sich wohl durch die Grenzlage ihrer Güter erklärt. Im Folgenden ist vor allem Günther häufig in Urkunden der Herzöge Boleslaw II. von Schlesien-Liegnitz und Heinrich III. von Schlesien-Breslau genannt. Im Dienste des ersteren ist er vielleicht schon 1243 Kastellan von Glogau, 1247 Kämmerer in Liegnitz, seit 1250 wird ihm gelegentlich der Titel eines „Grafen“ beigelegt.[13] Bei Frankenstein besitzen die Biebersteiner spätestens 1266 das Dorf Stolz und geraten darüber in Streit um Pfarreirechte mit dem Pfarrer in Zadel.[14] Stolz wird im Folgenden zum Stammsitz einer Linie der Biebersteiner, die sich durch ihre Memorialstiftung im Kloster Kamenz über drei Generationen verfolgen lässt. Ihr gehören die Söhne Günthers (II.) und Juttas, Otto mit seiner Frau Elisabeth und Rudolf (Kanoniker in Breslau) an, sowie der gleichnamige Sohn Ottos.[15]
Neben den unbekannten Dörfern Oleswitz (1253)[16] und Cadce (1273)[17] werden nun auch weitere Besitzungen erkennbar:
1278 erwirbt Rulco von Bieberstein für 800 Mark die Herrschaft Friedland von König Ottokar II. Přemysl und verpflichtet sich zur Heerfolge in dem im selben Jahr beginnenden Krieg gegen König Rudolf von Habsburg.[21] Damit kämpfen in diesem Jahr offenbar Biebersteiner auf beiden Seiten dieses Konfliktes, denn 1277 hatte bereits Otto von Bieberstein durch Vermittlung Rudolfs die Belehnung durch König Ladislaus von Ungarn mit Gütern erwirkt, die er inzwischen im Norden Ungarns erworben hatte.[22]
Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts bekleideten verschiedene Biebersteins bedeutende Ämter am Hof in Prag und in verschiedenen Ländern der Krone Böhmens, zuerst 1385/1400 Johann von Bieberstein als Rat König Wenzels.[23] Dann sank der Stern des Friedländer Hauses. Ihren letzten Zweig besaßen die Herrschaften in Forst und Pförten in der Niederlausitz. Seit 1667 sind sie im Mannesstamm erloschen. Die zu Stolz bei Frankenstein in Schlesien gesessene Linie scheint sich weiter nach Oberschlesien und in den Krakauer Bereich verbreitet zu haben.
Mit dem seit 1196 urkundlich belegten Geschlecht der Marschälle von Bieberstein, das seit 1399 auf Burg Bieberstein saß und sich entsprechend benannte, besteht ebenso wenig eine verwandtschaftliche Beziehung wie zu den Rogalla von Bieberstein.
Siehe auch: Sächsische Münzgeschichte#Dynastenbrakteaten
1547 wird Johann von Biberstein (1518–1550) auf Kost vom Herrenstand in den böhmischen Freiherrnstand erhoben.[27]
Das Stammwappen zeigt in Gold ein stehendes, rotes, fünfendiges Hirschhorn. Auf dem Helm mit rot-goldenen Decken das Schildbild. Im ältesten Siegel des Geschlechts, dem des comes Guntherus de Byberstein an einer zu Naumburg (Quais) am 20. Februar 1259 in Schlesien ausgestellten Urkunde, ist das Hirschhorn noch stark gekrümmt.[28] In der Farbe hiervon abweichend, zeigt das Bieberstein-Wappen im Wappensaal der Burg Lauf an der Pegnitz, erbaut um 1355 für Kaiser Karl IV., ein weißes, fünfendiges Hirschhorn in Rot. Die Zahl der Enden des Hirschhorns weicht nur in der Sekundärliteratur ab, erstmals mit vier Enden 1555 bei Virgil Solis.[29] 1678 bringt Gabriel Bucelinus eine ausführliche Genealogie mit vierendigem Hirschhorn in Rot im Wappen.[30]
Neben dem Stammwappen führte das Geschlecht ein großes vierfeldriges Wappen. Heraldisch betrachtet: Oben: links das rote Hirschhorn der von Biberstein in Gold, rechts der rote Hirsch für Sorau (von Pack), unten: rechts die drei Sensenklingen derer von Strele in Gold, links der weiße Bock derer von Koziel in Rot.[31]
Die Biebersteiner und ihr Hirschhornwappen erlangten im 14. Jahrhundert einen so hohen Bekanntheitsgrad in Böhmen, Schlesien, Preußen, Klein- und Großpolen, dass in der polnischen Heraldik das Wappen mit dem fünfendigen Hirschhorn noch heute „Bibersztein“ genannt wird. Heynen, genannt Gelre, führt die Here v. Beversteyn in seinem um 1380 entstandenen Wappenbuch auf Platz 2 im Gefolge des Königs von Böhmen Wenzel IV. von Luxemburg.[32] Am 25. Januar 1432 wird in Krakau gerichtlich notiert proclamacione … Byberstin, arma cornu cerwarium (Kriegsruf: Byberstin, Wappen Hirschhorn).[33]
Jan Długosz[34] listet zwischen 1462 und 1480 die 114 mächtigen Geschlechter des Königreichs Polen mit Wappenbeschreibung, Wappenbild und Herkunft: Nr. 25, Bibersten. Cuius insignia unum cornu in Campo ceruelo sursum elevatum; quorum genus et familia ex almania dinoscitur in Poloniam aduenisse. Viri loquaces et arrogantes. (H. 59)
Verschiedene Städte führen heute das rote Hirschhorn der Biebersteiner im Wappen:
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