Arnold Kludas (* 18. Oktober 1929 in Hamburg-Rothenburgsort; † 25. Februar 2023[1]) war ein deutscher Schifffahrtshistoriker und Bibliothekar.
Kludas’ Vater war Lehrer an der Volksschule Wendenstraße in Hamburg-Hammerbrook. Die Mutter stammte aus dem mecklenburgischen Alt Jabel. Kludas Geschwister sind Hilde (* 1931) und Rainer (* 1935).
Kludas wurde 1936 in Hamburg eingeschult. Als er 1940 (ohne Aufnahmeprüfung) an die Hindenburg-Oberrealschule am Brekelbaumspark in Hamburg-Borgfelde wechselte, wurde sein Vater zur Wehrmacht einberufen. Im Zweiten Weltkrieg kam er 1941 mit der Kinderlandverschickung nach Eichgraben (Zittau). Zwei Jahre später entging seine Familie der Operation Gomorrha, weil sie bei der Großmutter in Alt-Jabel war. Alle Nachbarn in Hamburg kamen um. Dass der seit Juli 1944 vermisste Vater in der Normandie gefallen war, wurde erst 1947 zur Gewissheit. Kludas setzte seinen Schulbesuch 1943 an der in Internatsform betriebenen Mecklenburgischen Landesschule in Neukloster, Güstrow und Crivitz fort. Nach Kriegsende wurde die Schule aufgelöst. 1946 zog die Mutter mit den Kindern nach Bad Doberan, wo Kludas 1947 eine Tischlerlehre begann. Wegen Differenzen mit dem Lehrherrn brach er sie 1948 ab. Es folgten Tätigkeiten in Ziegeleien und im sächsischen Uranbergbau bei der SAG Wismut. Im Konflikt mit den politischen Verhältnissen entging er im Dezember 1951 nur mit Glück seiner Verhaftung. Der Flucht nach West-Berlin folgten Beschäftigungen in der Landwirtschaft, unter anderem als Traktoren- und Kraftfahrer im lippischen Barntrup.[2]
1955 kehrte er nach Hamburg zurück. Bei Blohm + Voss war er zunächst Kranführer, dann Büroleiter im Eisenlager und Arbeitsvorbereiter in der Schiffbaufertigung. Die Geschäftsführung wurde auf Kludas’ breites Wissen – besonders im Themenbereich Hamburg, Schifffahrt und Schiffbau – aufmerksam. Sie konsultierte ihn ab Mitte der 1960er Jahre zunehmend in schifffahrtsgeschichtlichen Fragen und betraute ihn mit Werftführungen anspruchsvollerer Gruppen und Persönlichkeiten. In seiner Haupttätigkeit wechselte Kludas in die Stellung eines Materialdisponenten und eines Sachbearbeiters in der Normung. Auf Beschluss des Vorstands wurde er 1972 zum Leiter der Fachbibliothek berufen.[2]
Ebenfalls im Auftrag des Werftvorstands war Kludas 1971 mit dem in Bremerhaven entstehenden Deutschen Schifffahrtsmuseum in Berührung gekommen. In Gesprächen mit dem Kuratorium sollte er die Förderungswürdigkeit des Instituts beurteilen; aber noch war nicht zu ahnen, dass er beruflich an die Weser wechseln würde. 1973 ging er zum Verlag Gerhard Stalling in Oldenburg (Oldenburg). Als Verlagslektor und Redakteur leitete er drei Jahre lang die Programmsparte Stalling maritim. Die Kündigung bei Blohm + Voss war ihm schwergefallen; aber nun konnte er sich hauptberuflich mit der Geschichte der Seefahrt befassen.[2]
Als das Deutsche Schifffahrtsmuseum (DSM) am 5. September 1975 von Bundespräsident Walter Scheel eröffnet wurde, waren der Lesesaal und die Magazine von Bibliothek und Archiv noch ungeordnete Zwischenlager für alles, was nicht sogleich in die Ausstellung kam. Dies zu ändern war die Aufgabe von Kludas, der am 1. April 1976 seinen Dienst als Leiter der DSM-Bibliothek antrat. Schiffsmodelle, Gemälde und Schiffsglocken wurden in die vorgesehenen Depots verbracht, Bücher und Archivalien voneinander getrennt, fachgerecht aufgestellt oder abgelegt und ein systematischer und alphabetischer Katalog entwickelt, der den raschen Zugriff auf Literatur und Quellen zu den verschiedensten Themen ermöglicht. Trotz fortdauernder Unterbesetzung gelang es mithilfe von Praktikanten und ehrenamtlichen Mitarbeitern, die Bücher und Archivalien noch in den 1970er Jahren zu inventarisieren. Nach gut 16 Jahren beim DSM trat Kludas am 31. Oktober 1992 in den Ruhestand.[2] Ab 2011 verwitwet, lebte er in Grünendeich.
Von jeher passionierter Fotograf, überließ Kludas seine nach Tausenden zählenden Schwarzweißnegative und wertvolle Teile seiner Sammlung dem Deutschen Schifffahrtsmuseum. Dazu zählen Glasplattennegative mit Aufnahmen aus dem Hamburger Hafen und dem Hafen Rotterdam, die in den 1920er und 1930er Jahren entstanden sind. Walter Lüden hatte Kludas viele Originalabzüge auf Barytpapier überlassen, die er in den 1950er und 1960er Jahren im Hafen und auf der Elbe gemacht hat.[2]
Kludas schrieb seit Anfang der 1970er Jahre mehr als 50 Bücher zu Themen der deutschen und internationalen Schifffahrtsgeschichte. Viele davon gelten als Standardwerke. Seinen Ruf als weltweit herausragender Chronist der internationalen Passagierschifffahrt begründete die auf fünf Bände angelegte Dokumentation Die großen Passagierschiffe der Welt, die zwischen 1972 und 1974 herauskam und ab 1975 unter dem Titel Great Passenger Ships of the World auch ins Englische übersetzt wurde.[2] In fünf Bänden (1986–1990) behandelte Kludas Die Geschichte der deutschen Passagierschiffahrt in der Zeit von 1850 bis 1990. Die beiden Bände Vergnügungsreisen zur See – eine Geschichte der deutschen Kreuzfahrt inspirierten die Fernsehdokumentation Luxus auf dem Meer – die Geschichte der Kreuzfahrt (2011) von Reinhard Joksch und Annette Sander, in der Arnold Kludas prominent mitwirkte. Daneben war der Schifffahrtshistoriker auch an mehreren Büchern über den Hamburger Hafen beteiligt. In diesen Zusammenhang gehört auch sein 1988 veröffentlichter Rückblick auf die Schiffe und die Firmengeschichte des dort tätigen Fährbetreibers, der 1888 gegründeten Hafen-Dampfschiffahrt-Actien-Gesellschaft (HADAG).
Zu den aufgeführten Büchern kommen noch mehr als 100 Beiträge in deutschen und fremdsprachigen Jahrbüchern, Sammelwerken, Lexika, Zeitschriften, Zeitungen, Magazinen und anderen Printmedien. Rundfunk, Fernsehen und andere Institutionen schätzen Kludas als Interviewpartner, Referenten und Gutachter. Ein Beispiel ist die mehr als 50-jährige Zusammenarbeit mit dem Hamburger Hafenkonzert, bei dem er als Schifffahrtsexperte am Kapitänstisch mitwirkte. Ein anderes ist das 1987 vom Museum der Arbeit beim Deutschen Schifffahrtsmuseum angeforderte Eilgutachten. Indem Kludas darin kurz und konkret die musealen Alleinstellungsmerkmale der Cap San Diego nach Hamburg übermittelte, stellte er in buchstäblich letzter Stunde den Ankauf des Schiffes sicher.