Pater Ambrosius Kienle im Juli 1884 in Eichstätt

Ambrosius Kienle OSB (* 8. Mai 1852 in Laiz bei Sigmaringen als Christian Kienle; † 18. Juni 1905 in Beuron) war ein deutscher Choralforscher, Hymnologe und Reformer der Kirchenmusik.

Leben

Kienle entstammte als Sohn von Guntram Kienle (1826–1886) und dessen Ehefrau Gertrud (1827–1876, geborenen Pfaff) einer Kaufmannsfamilie.[1] Seine schulische Laufbahn absolvierte er bis zum Jahr 1872 an dem von Jesuiten geführten Gymnasium in Hedingen. Kurz darauf, unmittelbar nach Beginn eines Studiums der katholischen Theologie in Mainz lernte er Benediktiner der Erzabtei Beuron kennen und trat daraufhin am 14. Januar 1873 in diese Abtei ein, wo er am 15. August die Profess ablegte.

1880 wurde ihm im Prager Kloster Emaus, wohin die Beuroner Mönche während des preußischen Kulturkampfes hatten emigrieren müssen, das Amt des Kantors übertragen. Ab 1890, wieder nach Beuron zurückgekehrt, versah er auch hier dieses Amt und außerdem das des Bibliothekars und des Novizenmeisters. Seine intensive Hinwendung zum Gregorianischen Choral begann schon früh in der Studienzeit; ein längerer Aufenthalt in dem für die Restauration des Chorals so bedeutsamen französischen Kloster Solesmes, dem der damalige Beuroner Abt Maurus Wolter wie auch der zu dieser Zeit noch amtierende Kantor Benedikt Sauter, der sein Noviziat in Solesmes verbracht hatte, freundschaftlich verbunden waren, prägte ihn und seine Auffassung des Chorals tief.

Er schloss sich in der Folgezeit der durch den in Solesmes forschenden Dom Joseph Pothier repräsentierten Richtung dieses Klosters an, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Choral nach den ältesten Handschriften wiederherzustellen. Die Ergründung und Neubelebung des Chorals in Theorie und Praxis wurde auch Kienles eigentliche Lebensaufgabe. Trotz seiner großen Begeisterung für die wissenschaftliche Methode Pothiers bei der Wiederherstellung der alten Lesarten und seiner Achtung vor dessen überragendem Intellekt und tiefen Kenntnis der Materie übte Kienle jedoch Kritik an einzelnen Aspekten der praktischen Ausführung des Chorals durch die in Solesmes geschulten Mönche.

Eine tiefe Freundschaft verband ihn mit dem Eichstätter Choralforscher und Universalgelehrten Raymund Schlecht und dem in Trier wirkenden Choralforscher Michael Hermesdorff. Dieser gründete im Jahr 1872 einen Verein zur Erforschung des Gregorianischen Chorals, dem die Erzabtei Beuron als Institution in Gänze beitrat. Auf Bitten Schlechts hin vermittelten Kienle, Sauter und Wolters den Kontakt zu Pothier, der daraufhin ebenfalls dem Hermesdorffschen Choralverein beitrat und fortan eng mit den deutschen Forschern zusammenarbeitete.

Kienle trat fortan gleichfalls für die Wiederherstellung des Chorals nach den historischen Quellen ein. Zahlreiche Choralkurse in Beuron und eine Reihe eigenständiger, manchmal eigenwilliger und zum Teil heftig umstrittener Publikationen dienten diesem Ziel. Seine »Choralschule« (1884, 1893; französisch: Tournai 1895) und vor allem die Publikation »Maß und Milde in kirchenmusikalischen Dingen« (1901) machten seinen Namen weit bekannt. Außerdem übersetzte er das epochale Werk Pothiers, »Les Mélodies grégoriennes« (1880, dt. Übersetzung 1881), in welchem dieser seine Erkenntnisse zur Erforschung der mittelalterlichen Handschriften und seine darauf fußende Ästhetik zur Aufführung des Chorals darlegte.

Nach dem Tod Hermesdorffs trat Kienle neben Pothier, Schlecht und Peter Bohn vehement für die Erhaltung des urtümlichen, auch von Hermesdorff restituierten gregorianischen Chorals und gegen die verstümmelte Choralausgabe der von Franz Xaver Haberl im Regensburger Verlagshaus Friedrich Pustet KG herausgegebene Medicaea ein.

Nicht zuletzt durch das Wirken Kienles erlangte die Beuroner Choralschule für Deutschland eine ähnliche Bedeutung wie die von Solesmes für Frankreich.

Werke

Literatur

Nachrufe

Wissenschaftliche Literatur

Einzelnachweise

  1. Christian Kienle - Deutschland, Baden, Erzbistum Freiburg, katholische Kirchenbücher, 1678-1930, FamilySearch, abgerufen am 23. Oktober 2020
  2. Der Chorallöwe von Beuron. (Memento des Originals vom 13. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.klosterkunst.de Beuroner Kunstverlag, abgerufen am 13. Oktober 2017.